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Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi

Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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dass die Kaisers ihn ausbremsen wollten. Er ist wegen der alten Fehde als Mitstreiter geeignet, aber ich glaube nicht, dass sie ihm tatsächlich als stille Teilhaber helfen wollten, an dein Weingut heranzukommen. Vielleicht war das als Frankenfelds Prämie gedacht, dafür, dass er mitspielt: Er schaltet euch als Konkurrenten aus, rettet so das Weingut Kaiser, bekommt dafür das kleinere Weingut Berthold. Aichinger wird über die Bank ausgetrickst, er selbst kann nämlich die Kreditraten sicher nicht übernehmen. Und wenn er nicht willig ist, kann man ihm drohen, zum Beispiel damit, dass man über die Aktion im Barriquekeller reden würde.“
    Frankenfeld benimmt sich, als wollte er tatsächlich das Beste für das Weingut Berthold, wäre ja auch kein Wunder, falls die Theorie mit der Prämie stimmen sollte. Die Lese der Frühsorten beginnt. Müller Thurgau, Frühroter Veltliner. Vesna hat ihre Ankündigung wahr gemacht und bei Kaiser als Erntehelferin angeheuert. In diesem Fall ist ein bosnischer Pass unverdächtiger als ein österreichischer. Sie erzählt Schauergeschichten über die Arbeitsbedingungen: Die Lesetrupps von weiter her haben zwei Möglichkeiten: Entweder übernachten sie in ihrem Auto, oder sie mieten sich auf eigene Kosten in einer Fremdenpension ein. Davon gibt es in der Umgebung allerdings wenige und nicht alle nehmen Lesehelfer aus dem Ausland auf. Auf dem Gelände des Weinguts gibt es zwar Duschen für die Arbeiter, aber die werden von den ständigen Mitarbeitern „verwaltet“: Wer duschen will, zahlt. Vesna hat es zum Glück besser. Sie verlässt an den meisten Abenden das Gelände, macht sich mit dem Auto, das sie sich bei einem weitläufigen bosnischenVerwandten – eine bosnische Nummerntafel macht sich in dem Fall gut – für ein paar Tage ausgeliehen hat, auf zu den Bertholds oder nach Wien. Wer muss wissen, dass sie nicht direkt aus Bosnien gekommen ist? Von Chips und falsch deklariertem Wein bekommt sie in der ersten Woche nichts mit, aber momentan ist wohl der gesamte Betrieb auf die Lese konzentriert.
    Eva teilt die inzwischen rund zwanzig Lesehelferinnen und Lesehelfer ein, schickt sie gemeinsam mit jemandem von der Familie los. Die meisten der Helfer kommen aus der näheren Umgebung, aber auch einige Polen und Slowaken, unter ihnen die, die Franjo aufgetrieben hat, sind angereist. Viele kennt Eva schon aus den vergangenen Jahren, man rückt im Arbeiterquartier zusammen, in einem Wirtschaftsraum werden vier zusätzliche Betten aufgestellt.
    Frankenfeld konzentriert sich auf die Arbeit im Keller. Zu organisieren hat er zweifellos gelernt. Die riesige pneumatische Weinpresse muss gewaschen sein, die Tanks vorbereitet. Es muss alles reibungslos und ohne Verzögerungen laufen, die weißen Trauben sollen so rasch wie möglich nach der Lese gepresst werden und in die Tanks kommen. Überall herrscht lebhafte Betriebsamkeit, aber mir kommt vor, weniger Hektik als in den letzten Monaten. Liegt es an der Freude, dass nun der Lohn für die Arbeit vieler Monate eingefahren wird? An der klaren, sonnigen Herbstluft? Oder daran, dass Frankenfeld das, was er tut, wirklich gut kann?
    Müller-Thurgau ist eine Sorte, die die Bertholds nur als Cuvéepartner für andere Weißweine verwenden, sortenrein gefüllt wird er schon lange nicht mehr. Er neigt zu einem eher wuchtigen, vordergründigen Bouquet, lässt sich momentan nicht gut und schon gar nicht zu einem gehobenen Preis verkaufen. Anders ist es beim Frühroten Veltliner: Er ist inzwischen selten im Weinviertel, und seit der Veltliner-Renaissance werden auch alle verwandten Sorten wieder interessant. Eva versucht, beim Lesen, so oft es geht, selbst mit dabei zu sein. Es macht ihr Freude. Der Großvater ist meist mit dem Lieferwagen unterwegs, wir haben ihn zum Verpflegungsmeister ernannt, aber natürlich kann er es auch nicht lassen, selbst Trauben zu schneiden. Martina und Simon sind jeden Tag in den Weingärten, meist begleitet von Reblaus. Inzwischen hat es sich eingebürgert, dass Simon in Martinas Zimmer übernachtet. Er entpuppt sich als verlässlich und ist zudem immer gut gelaunt. Es ist rührend, den beiden zuzusehen, sie sind sichtbar ineinander verliebt.
    Solange das Wetter schön ist, finde auch ich Weinlesen eine wunderbare Sache – zumindest einige Stunden lang. Danach tun mir Arme und Schultern weh, zweimal habe ich mich mit der tückischen Rebschere schon in den Finger gezwickt. Außerdem klebt man von oben bis unten vom Zucker der

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