Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi
nur ein Lesewagen, außerdem: Ich wohne bei den Bertholds, warum sollte ich nicht in den Schaukeller? Ich sperre auf, hinter mir wieder zu, drehe das Licht an, fürchte dann, man könnte es von draußen sehen, suche im Halbdunkel nach einer Kerze, finde stattdessen hinter der Schank etwas viel Besseres, eine Taschenlampe. Hinunter die steilen Stiegen, durch den Fasskeller, den Verkostungskeller, durch die Türe in den Barriquekeller. Ich habe ein leistungsstarkes Aufnahmegerät eingepackt, aber keine Ahnung wie die Akustik ist, wenn die beiden hinter den Barriquefässern reden. Ich kann nur hoffen und hinter der angelehnten Tür mitlauschen. Kühl ist es hier unten, ich habe vergessen, mir eine Jacke mitzunehmen. Draußen hat es noch immer über zwanzig Grad. Ich sehe auf die Uhr, eine Viertelstunde vergeht, eine halbe Stunde. Hat es sich Aichinger anders überlegt? Er schien ziemlich erpicht darauf, das zu sehen, was Vesna angeblich entdeckt hat. Hat doch er mit den rollenden Fässern zu tun? Oder hofft er einfach auf eine weitere Möglichkeit, den Bertholds eins auszuwischen?
Ich lausche angestrengter, sie kommen, zumindest kommt irgendjemand. Ich verstecke mich hinter der angelehnten Tür, schalte das Aufnahmegerät ein.
Die Akustik ist zum Glück hervorragend.
„Ist das, was ich habe gefunden“, sagt Vesna.
„Was? Eine Latte?“
„Sie erinnern an Latte?“
„So ein Unsinn, was soll das?“, kommt es misstrauisch zurück.
„Okay“, sagt Vesna mit ihrer üblichen Stimme, alles Süßliche und auch der übertriebene Akzent sind verschwunden, „habe ich gleich gedacht, dass der Täter zum Tatort zurückgeht, hat er etwas vergessen: diese Latte nämlich.“
„Das ist doch Unsinn! Lassen Sie mich vorbei! Wer sind Sie?“
Ich höre Gerangel, weiß nicht, ob ich Vesna zur Hilfe kommen soll, aber wenn ich mich an den Barriquefässern vorbeiquetsche, kommen sie vielleicht noch einmal ins Rollen.
„Draußen steht Polizei, täte ich nicht tun“, sagt Vesna scharf.
„Man kann mir nichts beweisen!“
„Gibt es Fingerabdrücke auf der Latte!“
„Unsinn. Wer sind Sie?“
„Bin ich Putzfrau, nicht mehr.“
„Was wird da eigentlich gespielt?“
„Hat es sich ausgespielt. Besser, Sie erzählen, weil sonst: Polizei. Und nicht vergessen: Gibt es schon zwei Tote.“
„Der Arbeiter …“
„Traktorunfall geht schnell, wenn man nachhilft.“
„Ich hab damit nichts zu tun!“, schreit Aichinger.
„Sage ich nicht. Aber mit sonst einer Menge, mit Fässer, Beweis habe ich in Hand!“
In Wahrheit haben wir die Latte zu den Barriquefässern gelegt, mit so einer oder einer ähnlichen müssen die Fässer ausgehebelt worden sein, das steht fest.
„Ich habe die Latte weg …“
„Ist zurückgekommen. Wir kommen Sache schon näher, wir haben gesucht, gefunden, untersucht. Also. Oder soll ich Polizei schreien?“
„Das war ja nur … ein Streich“, murmelt Aichinger. „Kann ich wissen, dass sich dabei wer verletzt?“
„Wie Sie sind auf die Idee gekommen?“
„Das war nicht ich, das war das Weingut Kaiser, man hat gemeint, wir müssen zusammenarbeiten, und Eva, die will sich einen Großauftrag erschleichen mit ihren üblichen Methoden.“
„Was ist ‚übliche Methoden‘?“
„Na, wie die Bertholds eben sind, mit Tricks und allem. Wie, glauben Sie, wären die denn sonst so groß geworden?“
„Was ist ‚zusammenarbeiten‘? Strategische Partner samt bösen Aktionen, was?“
„Das Weingut Kaiser will mir helfen, dass ich den Betrieb übernehmen kann, und das ist nur in Ordnung so. Wer hat mir den besten Weingarten abgejagt? Und eines ist auch klar, das Ried Hüttn, das hat meinem Großvater gehört, sie haben es uns gestohlen, so waren sie immer schon. Was will die Eva auch mit dem Betrieb? Eine Frau allein?“
„Kaiser hat gesagt, wann du Barriquefässer sollst rollen lassen?“
„Ja. Wenn der Großhändler im Keller ist. Aber das ist harmlos gegen das, was uns die Bertholds schon alles angetan haben!“
„Das mit Computerkabel war auch Idee von Kaiser?“
„Unsinn, ich wollte sehen, ob er auch ohne Computer Wein machen kann.“
„Das ist aufgeflogen, hat sich herumgesprochen, danach Kaiser hat gewusst, Sie sind sein Mann, und mit Ihnen geredet. So war es?“
„Quatsch. Man ist gekommen und hat mir Zusammenarbeit angeboten, eine strategische Partnerschaft eben.“
„Mit Dreckarbeit für Sie. Man sollte Polizei …“
Wieder ein kurzes Gerangel, ein, zwei dumpfe Schläge.
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