Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi
Unterlagen gehen? Was brauche ich alles dafür?“
Stille in der Leitung, dann, geflüstert: „Nur so ein informeller Tipp: Warum beschäftigen Sie die Frau nicht schwarz? Ist doch viel einfacher für alle!“
Fast hätte ich einen Schrei losgelassen.
Jetzt tragen die Reben schon die ersten Blätter, alles wird grün, das Wetter ist zwar wechselhaft, aber man kann den Frühling riechen.
Wir stehen auf dem Hügel, von dem aus man die Silhouette Wiens erkennt. Auch Oskar ist hingerissen. Eva, die uns den Weg gezeigt hat, lässt ihren Blick über die Rebzeilen schweifen. „Das mit der Schwefelspritzung gegen die Kräuselmilbe haben wir gerade noch rechtzeitig geschafft“, sagt sie, „nächste Woche müssen wir scheren, mähen und mulchen. Das Gras wächst schnell bei all dem Regen. Aber bis Anfang Mai müssen wir die Begrünung stehen lassen, wir sind im KIP-Programm.“
„Was ist das?“
„Kontrollierter integrierter Pflanzenschutz“, erklärt sie, „ein Programm für mehr Naturnähe, dafür gibt es von der EU ein wenig Geld, aber zuvor ist jede Menge Bürokratie zu erledigen. Ich werde noch ein, zwei Arbeiter einstellen müssen. Es geht sich sonst nicht aus.“
Wir kommen zum Hof zurück und sehen Ana auf der Bank in der Sonne sitzen.
„Sie kann nicht gehen“, sagt Vaclav, „ist gestolpert und hat Fuß kaputt.“
Ana deutet auf ihren linken Knöchel, ihr Gesicht ist schmerzverzerrt. Eva beugt sich über ihr Bein, aber ich sehe es auch so: Dick angeschwollen.
„Sie muss geröntgt werden“, bin ich mir sicher.
„Vaclav kann nicht weg“, erwidert Eva, „wir müssen den Cabernet umziehen, ich brauche ihn.“
Ich seufze. „Ich kann sie fahren.“
„Nach Bratislava?“
„Warum?“
„Sie hat keine Krankenversicherung hier.“
Ich begreife. Ana ist nicht angemeldet, führt quasi nur inoffiziell den Haushalt. Wer wäre ich, um mich darüber aufzuregen?
„Die beiden Männer arbeiten legal bei uns“, sagt Eva rasch. „Sie kann zu unserem Gemeindearzt, der ist in Ordnung, kein Problem.“
Sie selbst fährt Ana, ich sehe mich in der Küche um. Irgendjemand sollte kochen. Wenn wir Wein verkosten wollen, ist es besser, vorher etwas zu essen. Der Großvater ist mit den Altjägern unterwegs, Martina wird erst in zwei, drei Stunden aus dem Internat kommen. Ich durchforste den Kühlschrank und die Speisekammer, entdecke Unmengen an frischem Spinat, klare Hühnersuppe und sonst nicht viel. Rollgerste, schon lange nicht mehr gesehen, ein beinahe in Vergessenheit geratenes Getreide. Im Tiefkühler Kaninchenteile.
„Ich weiß nicht, ob du hier so einfach …“, versucht Oskar mich zu bremsen. „Ich lade alle zum Dorfwirt ein oder wir fahren zum Manninger in den Apfelbaum, da wolltest du ja sowieso hin.“ Ich erreiche Eva am Mobiltelefon. „Was dagegen, wenn ich koche?“
Eva will nicht, dass ich mir Arbeit mache, aber ansonsten scheint sie sich zu freuen. Also los. Spinatsuppe, danach eine Art Risotto von der Rollgerste mit Kaninchen. Salbei wäre fein. Eva hat hinter dem Hof einen Gemüsegarten. Von da kommt wohl auch der viele Spinat.
Ob Oskar nachsehen und Salbei holen kann? Er brummt etwas und geht. Unter den Gewürzen entdecke ich Neugewürz und Chili, das wird der Spinatsuppe einen feurigen Touch geben.
Viel Zwiebel in grobe Stücke schneiden, danach in Butter hell anrösten. Zwei Knoblauchzehen zerkleinern, kurz mitrösten. Den gewaschenen Spinat dazu, durchrühren. Ich brauche die Hühnersuppe auch für die Rollgerste, also gieße ich mit einer Mischung aus Suppe und warmem Wasser auf und nehme etwas von der vegetarischen Gemüsewürze. Und, nicht vergessen, eine Prise Natron, das erhält die grüne Farbe.
Oskar kommt zurück. „Salbei gibt es keinen, aber Thymian.“ Er hält mir einen Strauß Zweige entgegen. Mindestens ebenso gut.
Ich gebe Neugewürz, Salz und Chili in die Spinatsuppe und erinnere mich an die karibische Calaloo-Soup: Sie wird aus spinatartigen Blättern zubereitet, und den besonderen Kick verleiht ihr am Ende ein guter Schuss Kokosrum. Schade, dass keiner da ist. Wie es wohl Bata und Michel und ihrem Golden Sand geht?
„Du scheinst hier beinahe zu Hause zu sein, Stadtbewohnerin“, spöttelt Oskar.
„Hat wohl mit dem Wein zu tun, Frankfurter“, erwidere ich. „Hat die Polizei eigentlich etwas Neues herausgefunden?“
„Eva sagt nein. Selbst die Nachbarn geben jetzt Ruhe. Eine Art von Waffenstillstand. Ich bin mir gar nicht so sicher, ob Eva noch sehr an
Weitere Kostenlose Bücher