Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi
sich schon bei der Gräfin Andau treffen, dass du dich endlich wieder an uns erinnerst“, sagt er lachend zur Begrüßung.
„Viel Zeit habe ich nicht, zum Abendessen kann ich nicht bleiben, aber …“
Manninger setzt sich zu uns. „Aber?“
„Ein paar Fragen hätte ich. Über Kaiser. Und über Frankenfeld.“
„Sieh an, Mira ist wieder auf Recherche. Kaiser. Das ist schnell erzählt, aber pass auf, das ist bloß meine subjektive Meinung: Ganz guter Sekt, ab und zu erstaunlich gute Weine, er ist in den letzten Jahren eher billiger als teurer geworden. Sein Problem: Der Betrieb ist zu groß und zu klein zugleich. Der Sekt ist nicht mehr das Geschäft, das er einmal war. Mit der Massenproduktion klappt es auch nicht mehr richtig, da gibt es inzwischen andere, Größere. Wenn ich an den Reichert denke, den kennt kein Mensch und er ist trotzdem der größte Weinproduzent Niederösterreichs. Er verschneidet Billigwein aus ganz Europa und liefert ihn dann mit irgendwelchen bestellten Phantasieetiketten, immer öfter auch im Tetrapack, an die Supermärkte. Ich kenne einen seiner Kellermeister ganz gut, zwei Millionen Liter haben sie erst vor kurzem aus Spanien bestellt. Der Wein kommt in unterirdische Zisternen. Damit kann Kaiser nicht mithalten. Bei ihm kann es nur über die Qualitätsschiene gehen. Christoph Kaiser bemüht sich sehr, den Betrieb zu erhalten, seine beiden jüngeren Geschwister bemühen sich eher, das Geld auszugeben. Christoph hat von heute auf morgen den Betrieb übernehmen müssen, nachdem der Weinskandal aufgeflogen war. Den Vater hat man … aus dem Verkehr gezogen. Ich weiß nicht, es heißt, dass er sogar im Gefängnis gesessen ist, aber das muss nicht stimmen. Christoph war eigentlich auf dem Weg zu einer wissenschaftlichen Karriere. Er hat Technische Chemie studiert.“
„Und wer hätte den Betrieb ursprünglich weiterführen sollen?“
„Sein Vater war noch nicht alt, freiwillig wäre er noch lange nicht gegangen. Es ist das Problem, das es immer wieder in Unternehmen gibt: Man macht sich viel zu wenig Gedanken darüber, wer nachfolgen könnte.“
„Und Frankenfeld?“
„Der ist an sich bloß ein Angestellter. Kellermeister. Sicher sehr wichtig für den Betrieb, er hat in den letzten Jahren versucht, verstärkt auf Qualitätswein zu setzen. Ich kenne ihn besser, er kommt mit seiner Freundin häufig zu uns essen und versucht natürlich bei dieser Gelegenheit, seine Weine zu verkaufen. Aber das ist in Ordnung. Verarmter Adel, alles, was seine Mutter noch für ihn tun konnte, war, ihm eine gute Ausbildung zu verschaffen, das meiste davon gratis, bei irgendwelchen reich gebliebenen Verwandten. Er war in einem Nobelinternat in Deutschland, das auf Gutsverwaltung, Marketing und Weinbau spezialisiert ist. Praktika in Frankreich, Italien, den USA. Aber keinen Groschen Geld, um einen eigenen Betrieb aufzubauen. Also hat er vor einigen Jahren bei Kaiser angeheuert. Wenn du mich fragst, ein Riesenglück für Christoph Kaiser. Er ist sehr bemüht, aber … nicht gerade ein Macher.“
„Die Kaisers versuchen Eva Berthold bei der Bank schlecht zu machen. Sie tun offenbar alles, damit sie aufgeben muss.“
Manninger runzelt die Stirn. „Und das stimmt?“
„Ich habe es von einem der Direktoren. Es geht um zwei Großaufträge – bei beiden ist Kaiser Bertholds Konkurrent.“
„Eva hat mehr drauf als Christoph Kaiser. Aber … hast du mich nicht gefragt, woher ich das Gerücht habe, Eva möchte verkaufen? Jetzt fällt es mir wieder ein: Es war Frankenfeld, der es erzählt hat.“ Eine Woche später blühen endlich die Weinstöcke. Eva lädt uns ein, Hans und sie hätten das immer mit der Familie und den Arbeitern gefeiert. Es ist wärmer geworden, aber noch nicht warm. Wir sitzen auf karierten Wolldecken auf dem Hügel vom Ried Hüttn, vor uns die verwaschene Silhouette von Wien. Die Hochhäuser, die Türme wirken filigran, aber man kann die Stadt atmen spüren. Ob es viele Weinbaugebiete gibt, die so nah an einer Großstadt liegen?
„Es wird noch schöner, wenn die Sonne untergeht“, meint Eva.
Wir essen luftgeräucherten Schinken, vom Großvater selbst geselchten Speck, nur das Brot kommt nicht mehr vom hiesigen Bäcker, der hat vor ein paar Jahren zugesperrt, sondern aus dem Supermarkt, und trinken Veltliner. Eva hat uns die winzigen Blütensternchen der Trauben gezeigt.
Oskar kann die Selchkünste des Großvaters gar nicht genug loben. Dieser nimmt die Ovationen mit Genugtuung
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