Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi
ist die Antwort.
Ich habe hinten am Ladeplatz drei große Tankzüge stehen sehen, spanische Kennzeichen.
Der Wein werde gemischt, analysiert, verkostet, aufbereitet, komme dann in die vollautomatische Anlage, werde mit Kohlensäure versetzt, unter Druck verkorkt. Ich höre interessiert zu, frage mich vor allem, was unter „aufbereitet“ zu verstehen ist, schaue mich um. Niemand zu sehen in der großen Halle, auch die Füllanlage steht still. Viel Betrieb ist hier nicht.
„Unsere Arbeiter sind in den Weingärten unterwegs“, klärt uns Frankenfeld auf.
„Hoffentlich“, fügt Stefan Kaiser hinzu.
Man führt uns weiter, freundlich, verbindlich, der Weinkeller, besser gesagt, die Halle zur Weinproduktion, um ein Vielfaches größer als bei den Bertholds, aber lange nicht so modern, das erkenne sogar ich: Keine zwei Ebenen, die ermöglichen, dass der Most nach dem Pressen nur durch die Schwerkraft in die Tanks geleitet wird. Alles wirkt … eher fabriksmäßig. Und etwas heruntergekommen.
Vor dem Barriquekeller verabschiedet sich Stefan Kaiser, offenbar hat er genug von der Führung. Mir ist da etwas eingefallen, das erklären könnte, warum viele Statistiken auf den Tafeln im Weinmuseum vor zwanzig Jahren enden. Das muss nicht nur mit dem musealen Anspruch zu tun haben:
„Ihr Betrieb war in den Weinskandal verwickelt, nicht wahr?“
Wieder das spöttische Grinsen. „Mein Vater wollte noch etwas besser sein als sein Vater, vermute ich. So etwas ist gefährlich, wie sich herausgestellt hat. Aber viel haben sie bei uns nicht finden können, damals wollten eben alle das süße Zeug, also hat man es gemacht. Heute ist das zum Glück anders. Und der Rest auch. Christoph hat danach den Betrieb übernommen, unser Vater hat sich zurückgezogen, vor ein paar Jahren ist er gestorben, Gott hab ihn selig.“
Frankenfeld hat meine Frage weniger witzig gefunden. „Ich hoffe, Sie wollen Ihre Freundin nicht dazu bringen, darüber zu schreiben? Der Weinskandal hat uns allen genützt, jetzt haben wir eines der strengsten Weingesetze der Welt, und sehen Sie sich unsere Weine an: Jedes Jahr mehr Anerkennung, auch weltweit. Wir sollten in die Zukunft blicken.“
Ich weiß nicht genau, redet er von seinen oder ganz allgemein von den österreichischen Weinen. Ich bin keine Expertin, aber mir wäre nicht aufgefallen, dass Weine von Kaiser bei irgendwelchen der vielen Verkostungen, Auszeichnungen und Medaillenvergaben gewonnen hätten. Sie gelten immer noch eher als Massenprodukte.
Vesna meint: „In Slowenien bei Weinkost habe ich Kaiser nicht gesehen. Aber anderen vom Weinviertel. Wie heißt gleich?“
Stefan Kaiser überlegt. „Kann wohl nur der Berthold gewesen sein. Jetzt muss ich aber wirklich … Ich habe ein wichtiges Date in Wien, geschäftlich, versteht sich.“
„Ja, Berthold“, bestätigt Vesna.
Frankenfeld öffnet nachdenklich die Tür zum Barriquekeller. „Das kann schon sein. Er hat gute Weine. Hatte. Ich weiß nicht, ob sie davon gehört haben, er ist ums Leben gekommen.“
„Seine Frau will den Betrieb weiterführen.“ Das ist mir so herausgerutscht.
Frankenfeld sieht mich an: „Das kann sie nicht schaffen, leider. Außerdem: Auch wir haben natürlich prämierte Weine. Einer davon ist unser roter Cuvée Kaiser Josef. Zweigelt, Blauburgunder und Cabernet. In Barrique ausgebaut. Wird inzwischen bis nach Übersee verkauft.“
„Sie und Berthold … sind Konkurrenten?“, frage ich.
Frankenfelds Gesicht verschließt sich. „Er spielt in einer anderen Liga. Außerdem: Ich bin bloß der Kellermeister.“
Ich überrede Vesna, mit mir noch auf einen Sprung zum Manninger in den Apfelbaum zu fahren. Ich habe Oskar versprochen, am Abend bei ihm zu sein, aber … ich will einfach mehr wissen über Frankenfeld und die Kaisers.
Üppige Blumenpracht am Wegrand: Rot und weiß und blau leuchtet es, der viele Regen hat auch sein Gutes, so saftig grün und bunt sind mir Wiesen und Felder noch nie vorgekommen. Vielleicht aber nehme ich sie jetzt auch bloß bewusster wahr. Den Hügel hinunter, der Apfelbaum liegt da, wie ich ihn in Erinnerung habe: Ein altes, sorgfältig renoviertes Gebäude, zwei große Kastanienbäume davor. Leider ist es viel zu kühl, um draußen zu sitzen.
Ein Ober, den ich nicht kenne, kommt an unseren Tisch. Als ich hier mitgearbeitet habe, war Billy Winter die Chefin und Manninger in New York. Manninger kommt aus der Küche, traditionelle weiße Kochbluse, dazu aber Jeans. „Da muss man
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