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Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi

Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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Sie schüttelt den Kopf, alles in Ordnung, da gebe es nichts.
    „Ich hab doch gesehen, wie sie uns angestarrt haben“, hakt Eva nach, „und auch hier an der Schank …“
    „Dumme Gerüchte“, murmelt Milli, „da darf man nichts drauf geben. Die Männer sind die Waschweiber. Von uns sagen sie, dass wir gerne tratschen, dabei sind sie es.“
    „Worüber wird denn getratscht?“, frage ich.
    „Es ist wirklich dumm, vergesst es. Kein normaler Mensch würde …“ Sie wird tatsächlich rot.
    „Sag schon“, bittet Eva.
    Milli räuspert sich, nimmt einen Schluck Mineralwasser. „Sie sagen … ihr seid lesbisch.“
    Fast hätte ich laut herausgelacht, aber irgendwie ist mir das Lachen doch im Hals stecken geblieben.
    „Was?“, sagt Eva.
    „Na weil ihr zusammen wohnt. Und weil du den Weinbau machen willst wie ein Mann. Und … Es ist einfach dummes Gerede.“
    Eva ist wütend: „Wer hat das aufgebracht?“
    Milli schüttelt den Kopf, der schwere Busen wackelt mit. „Du weißt ja, wie das ist bei Gerüchten.“
    Wir merken, dass einige Weinbauernkollegen und sonstige Dorffestgestalter neugierig herüberspähen und versuchen unser Gespräch mitzubekommen.
    Eva springt auf: „Wer hat das idiotische Gerücht aufgebracht?“, schreit sie in den Raum.
    „Reg dich nicht auf“, versucht der Wirt sie zu beruhigen, „den Unsinn glaubt ja sowieso keiner.“
    „Der Aichinger hat euch halt gesehen. Er als Nachbar bekommt eben was mit“, lallt Viktor von hinten.
    Ich halte Lesbischsein ja nicht für eine Schande, aber theoretische Diskussionen über gesellschaftspolitische Offenheit und Diskriminierung sind jetzt nicht angebracht. Den Aichinger schnappe ich mir. Seit einigen Tagen hat er ausgesteckt, seine Buschenschank ist geöffnet. Ich springe auch auf, Milli schaut uns verdutzt an, ich nehme Eva am Arm, ziehe sie mit nach draußen, lasse ihren Arm wieder fallen, als hätte ich mich verbrannt – vielleicht ist so eine Berührung für diese Idioten ja auch schon ein Zeichen für lesbische Neigungen. „Der Aichinger kommt dran!“, rufe ich.
    „Bleib da!“, ruft sie. „Das ist zu peinlich!“

Ist mir gar nicht peinlich, ihm soll es peinlich werden, das schwöre ich. Wir steigen ins Auto, und die paar hundert Meter Fahrt bekniet mich Eva weiter, nichts zu unternehmen. Ich steige aus und zische ins offene Tor der Aichingers. Das Wetter ist noch immer nicht sommerlich, zwar stehen im betonierten Hof einige Heurigengarnituren, aber sie sind unbenutzt. Die drei wundervollen Engelstrompetenbäume fallen mir auf, jede trägt sicher über fünfzig Blüten. Über den Hof, dort hinein, von wo Lärm kommt. Nur nicht warten, bis der Zorn verraucht ist. Was will man Eva noch alles anhängen?
    Ich sehe Aichinger senior, fange ihn mir, halte ihn am Ärmel seiner karierten Joppe fest.
    „Was haben Sie für ein idiotisches Gerücht aufgebracht? Eva sei lesbisch?“
    Er sieht mich spöttisch an. „Ah, ihr Mann und Rächer.“
    Ich gebe ihm einen Stoß, er fällt fast ins Heurigenbüffet.
    „He“, sagt er aggressiv, „mich greift keiner an!“
    „Ich werde Sie noch ganz anders angreifen, haben Sie schon einmal etwas von Verleumdung gehört? Das ist strafbar!“
    „Verleumdung ist das? Kein Wunder, dass der Hans immer fremdgegangen ist, wenn seine Frau eine Lesbische ist.“
    Um uns hat sich ein Kreis höchst interessierter Zuhörer gebildet, aber niemand greift ein. Ich schreie die Gaffer wutentbrannt an: „Und Sie hören sich so etwas einfach an? Keiner verteidigt Eva Berthold? Was für eine feige Bande!“
    Aichinger lehnt sich an die Schank und sagt spöttisch: „Fragen Sie doch die Frau vom Bürgermeister, wie das mit den Seitensprüngen ist. Und jetzt raus, das ist mein Haus.“
    Irgendjemand will mich beruhigen, legt mir den Arm auf die Schulter. „Regen Sie sich nicht auf, so ist er nun einmal“, höre ich.
    „Ach was“, fauche ich und gehe.
    Ich sehe Eva nicht im Haus, die Arbeiter sind schon in ihre Wohnräume im ehemaligen Schuppen gegangen, der Großvater ist bei irgendeinem Treffen mit alten Freunden, da kommt er spät heim. Erstaunlich, was er in seinem Alter noch aushält. Nur Reblaus ist da, umkreist mich fröhlich, hofft auf einen nächtlichen Spaziergang. „Such’s Frauerl“, sage ich, aber er wedelt nur weiter mit dem Schwanz. Ob er sich noch hin und wieder an Hans erinnert? Können sich Hunde erinnern?
    Es ist nach zehn am Abend, sie wird doch nicht noch in den Keller gegangen sein …
    Tomek

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