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Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi

Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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kommt aus seinem Quartier, er zündet sich eine Zigarette an. Vaclav will nicht, dass drinnen geraucht wird, es hat deswegen schon öfter Auseinandersetzungen gegeben. Aber offenbar hat er sich durchgesetzt. Er wird immer mehr zum Boss, seit die neuen Arbeiter angekommen sind. Wie viel weiß ich von den Arbeitern? Wie viel weiß Eva? Ich gehe zu Tomek hinüber. „Wo ist Frau Berthold?“, frage ich.
    „Spritzen. Kein Wind. Vaclav sagt: Nein.“
    „Vaclav wollte nicht fahren in der Nacht?“
    „Hat Pause, sagt.“
    Sein Deutsch ist elendiglich schlecht. Aber mein Slowakisch ist noch viel schlechter, also worüber dürfte ich mich aufregen?
    „Wo spritzt Frau Berthold?“
    „Chefin dort“, er deutet nach Norden.
    „Ried Hüttn?“
    „Nein, ist bei Wald.“
    Ich sehe die Scheinwerfer des Traktors schon von weitem, nur die Feldwege zu den Rebzeilen zu finden, in denen sie spritzt, ist nicht so einfach. Beim dritten Anlauf schaffe ich es, stelle mein Auto ab, blende ein paarmal auf, damit sie sieht, da ist jemand, der sie sucht. Eva macht die Rebzeile fertig, fährt danach den Hügel herauf zu mir.
    „Ich hab mich schon gefragt, wer da unterwegs ist“, sagt sie.
    „Jetzt arbeitest du schon in der Nacht.“
    „Gut, um die Wut loszuwerden.“ Sie atmet durch. „Es geht mir auch schon viel besser. Solche Idioten. Außerdem haben wir das früher häufig gemacht. Als Hans noch als Mechaniker gearbeitet hat und die Kinder klein waren, sind wir in der Nacht hinaus und haben gespritzt und gefräst. Wer weiß, wie lange es noch so trocken ist, und außerdem: Es ist windstill. Optimal zum Spritzen.“
    Ein Geruch nach so etwas wie Zitrus und Lack hängt in der Luft. Unter uns die wenigen Lichter von Treberndorf, in der Nacht scheint der Ort zusammenzukriechen. Die Rebzeilen zeichnen dunkle Muster in den Himmel. Der Wald wirkt wie ein schwarzer See. Ein Käuzchen schreit.
    „Aichinger hat gesagt, ich soll die Frau des Bürgermeisters nach den Seitensprüngen von Hans fragen.“
    Eva seufzt und klettert vom Traktor.
    „Ist was dran, an diesen Gerüchten?“
    „Ja.“ Sie kratzt mit ihrem Schuh Erde aus dem großen Traktorreifen.
    „So sind sie auf die dumme Idee gekommen, wir wären lesbisch. Weil er dich immer wieder betrogen hat.“
    „Immer wieder … das würde ich nicht sagen. Aber es hat schon andere Frauen gegeben.“
    „Und du hast das toleriert?“
    Sie zuckt mit den Schultern. „Ich hab viel geweint, als ich jung war. Zwei kleine Kinder, den Beruf aufgegeben, die viele Arbeit im Weinbau und dann noch Hans, der einfach immer wieder verschwunden ist – bis mir dann nette Menschen erzählt haben, er habe ein Verhältnis mit einer, die aus der Stadt zugezogen ist. Aber: Er konnte auch sehr lieb sein.“
    „Du hast ihn zur Rede gestellt?“
    „Zwei-, dreimal, aber viel später. Er hat mir geschworen, dass er mich liebt und mich nie verlassen würde. Und da war ja auch der Betrieb, es ist aufwärts gegangen, es war unsere gemeinsame Sache, da kann man nicht so einfach auseinander gehen – wie hätte man ihn teilen können? Und: Ich hab ihm bis zum Schluss geglaubt. Er hat mich wirklich geliebt. Auf seine Weise.“
    Ich schaue wohl etwas ungläubig drein, sie fährt beinahe heftig fort: „Er ist … er war einfach begabt für die Liebe, wenn du verstehst, was ich meine. Er konnte nicht wegschauen, wenn ihn eine angesehen hat. Und das haben viele. Er war neugierig, ich glaube, er wollte auch niemandem wehtun, wollte einfach … lieben.“
    Sex schiene mir das passendere Wort.
    „Glaub nicht, dass es nur um Sex gegangen ist. Es ging schon auch um den Kick, aber es ging ums Gefühl insgesamt. Ich glaube, er hat immer nach etwas gesucht. Ich weiß nicht, was es war, er hat es wohl auch nicht gewusst.“
    Sie ist mir etwas zu verzeihend. „Selbstbestätigung, würde ich einmal annehmen“, sage ich.
    „Sicher auch. Ab einem gewissen Zeitpunkt hab ich mich einfach damit abgefunden, dass ich ihn nie ganz für mich allein haben werde. Wer darf einen anderen Menschen schon besitzen? Wir hatten eine gemeinsame Basis, die er mit den anderen Frauen nie gehabt hat. Wir haben miteinander gelebt, miteinander gearbeitet, Kinder großgezogen, wir haben einander verstanden – zumindest meistens.“
    Hans mit den blauen Augen. Ich räuspere mich. „Also hätte der Bürgermeister ein Motiv.“
    „Eifersucht? Ich weiß nicht. Er wollte sie ihm nicht wegnehmen. Außerdem ist es, glaube ich, ohnehin schon wieder vorbei

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