Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi
gewesen. Sie wäre ihm auf Dauer zu … zickig gewesen, da bin ich mir sicher. Helga ist erst dreißig, sie ist die zweite Frau des Bürgermeisters, die erste ist ihm mit einem Lastwagenfahrer davongelaufen.“
„Vielleicht wollte er das nicht noch einmal erleben.“
„Er ist ziemlich stolz auf seine junge Frau, und weil du von Geltungstrieb geredet hast: Der ist beim Bürgermeister viel ausgeprägter, als er es bei Hans war.“
„Hat er vom Verhältnis seiner Frau gewusst?“
„Keine Ahnung.“
„Und wie hast du es mitbekommen?“
„In dem Fall keine wohlmeinenden Mitmenschen. Ich hab sie gesehen, zufällig, sie haben sich draußen beim Wald getroffen.“
„Und es hat dir nichts ausgemacht?“
Sie sieht mich erstaunt an. „Natürlich, es hat mir was ausgemacht, aber … ich habe eben gewusst, dass ich sehr viel von ihm habe, das mir niemand nehmen kann. Und ändern konnte ich es nicht.“
Vesna hat von meiner verregneten Wohnung keine Ahnung. Völlig sinnlos, wenn sie zum Putzen kommt. Ich rufe sie an, sie besteht darauf, den Schaden zu begutachten. Sie hat eine gewisse Liebe zu Katastrophen. Sie schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und ruft: „Dass es so was gibt!“
Obwohl alle Fenster gekippt sind, riecht es modrig und muffig. Zum Glück ist wenigstens mein geliebter schwerer Holztisch unversehrt geblieben. Er ist mehr als hundert Jahre alt, hat wohl schon eine Menge überdauert.
Ich erzähle Vesna von den Verhältnissen des attraktiven Winzers und meine, irgendjemand müsste mit dem Bürgermeister reden. Mich kennt er seit der Sitzung leider.
„Dich kennt inzwischen jeder in Treberndorf“, stellt Vesna trocken fest. „So viele neue Leute gibt es da nicht, und dann noch bei Bertholds … Wie sieht Bürgermeister aus?“
Unauffällig, aber das ist noch keine Beschreibung. „Zirka fünfundvierzig, schlank, braune Haare, Brille mit dünnem Metallgestell, kein Krawattentyp, aber auch keiner von den Lässigen. Eher so einer, der immer Stoffhose und Hemd trägt.“
„Langweilig“, fasst Vesna zusammen. „Ich glaube nicht, dass er Hans erschießt. Es gibt jemand mit viel besseren Motiv“ – sie macht eine Kunstpause –, „Eva Berthold.“
„So ein Quatsch“, antworte ich. Aber ich muss zugeben: Sie hat tatsächlich ein starkes Motiv, egal was sie mir erzählt hat. Teilen ließ sich der Weinbaubetrieb nicht, jetzt hat sie ihn für sich allein – vorausgesetzt, sie kann ihn erhalten.
Zuckerbrot sieht das auch so. Nicht dass ich ihm von den Seitensprüngen erzählt hätte, aber seine Leute haben eben auch Nachforschungen angestellt. Und alle halten in einem Dorf nicht dicht. Josef Zauner, Nebenerwerbswinzer und guter Freund von Hans, hat uns Teile eines Rehbocks vorbeigebracht. Eva war davon deutlich weniger begeistert als ich. Man muss den Schlögel und den Rücken gleich mit Wildgewürz marinieren, also habe ich in der Moulinette Wacholderbeeren, Korianderkörner, Neugewürzkörner, schwarze und rosa Pfefferkörner, ein paar Nelken, Lorbeerblatt und etwas frischen Rosmarin gemixt und das Fleisch damit eingerieben.
Eva war hektisch damit beschäftigt, Unterlagen für den deutschen Weingroßhändler zusammenzusuchen. Er will in drei Tagen kommen und sich alles noch einmal vor Ort ansehen. Zuckerbrot hat angerufen, ich habe mit Wildgewürzhänden abgehoben. Am Telefon erkennt er meine Stimme doch noch nicht. Er würde gern mit Frau Berthold reden, hat er gemeint, aber leider sei ihnen der Wagen eingegangen, nicht weit von Treberndorf entfernt, maximal fünf Kilometer.
Ich habe die Beamten abgeholt, Hach hat sich wütend darüber beklagt, mit welch alten Autos die Polizei ausgestattet ist.
„Besser als ein Fahrrad“, habe ich gemurmelt.
Zuckerbrot war natürlich nicht besonders davon angetan, dass ich für einige Wochen bei Eva Berthold wohne, mehr noch: „Sind Sie nie auf den Gedanken gekommen, die Winzerin könnte ihren Mann …?“
„Wie kommen Sie darauf?“
Eine Stunde später weiß ich mehr. Ich sitze mit Zuckerbrot auf der Bank vor dem Keller, es ist tatsächlich schön geworden, ein Hauch von Sommer. Von der Bürgermeistersgattin hat er nicht gewusst, aber sehr wohl von der Sache mit April Wanders. Wie das?
Zuckerbrot lächelt. „Sie hat vor kurzem ein sehr aufwändiges Gesteck für sein Grab geschickt. Das ist dem Messner aufgefallen und der ist ein Cousin von Hach. Über die Gärtnerei sind wir direkt auf sie gekommen und es hat nicht lange gedauert und sie
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