Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi
hat mir die Geschichte erzählt.“
„Sie sind deswegen nach New York?“
„Schon einmal etwas von E-Mail gehört? Man müsste herausfinden, mit wem Hans Berthold noch unterwegs war. Eva Berthold sagt, sie wisse es nicht so genau, habe sich dafür so wenig wie möglich interessiert.“
Ich nicke. „Das hat sie mir auch gesagt. Sie war es nicht.“
„Da kann sich etwas aufgestaut haben. Jetzt gehört das Weingut ihr.“
„Sie hätte es nicht aufs Spiel gesetzt. Sie hat genau gewusst, wie schwierig es wäre, es allein zu erhalten – bei all den Schulden. Sie hätte gewartet, bis das Ärgste vorbei gewesen wäre. Auf ein paar Jahre auf oder ab wäre es ihr sicher nicht mehr angekommen. Dann wäre auch Martina mit der Schule fertig gewesen und Christian … womöglich Professor in Harvard. Hans hat sie seit fast zwanzig Jahren betrogen.“
Zuckerbrot zupft einen Grashalm aus und lässt ihn im Wind fliegen. „Aber er ist jetzt erschossen worden.“
Im Dorf wird nicht nur über den Besuch gemunkelt, den Zuckerbrot Eva abgestattet hat, sondern auch darüber, dass er beim Bürgermeister war. Der Großvater hat im Wirtshaus gehört, der Bürgermeister habe ein nicht besonders gutes Alibi: Seine Frau behauptet, sie hätten zur Tatzeit gut und fest geschlafen. Warum er unter Verdacht geraten sein könnte, wird nicht ausgesprochen, zumindest nicht offen, sondern nur hinter vorgehaltener Hand.
„Mir geht das ganze Getuschel derartig auf die Nerven!“, fährt Eva hoch, als sie davon hört. „Irgendwann stelle ich mich auf den Dorfplatz und sage: Okay, er hat mich betrogen, ich bin lesbisch und habe ihn erschossen, sonst noch was?“
Ich weiß nicht, ob ich grinsen darf.
Auf dem Dorffest benimmt sich Eva dennoch ganz angepasst. Zeitig in der Früh schon wird die Straße gesperrt, Heurigengarnituren werden entlang der Kellergasse aufgestellt. Die meisten Winzer laden in ihren Keller ein, daneben gibt es Gemeinschaftsstände mit Weinproben der Winzer des Weinbauvereins und des Weinladens, zwei Theken mit süßen Bäckereien und eine Grillstation. Rechtzeitig zu Mittag verziehen sich die Wolken. Am Ende der Kellergasse, nicht weit vom Berthold-Keller, spielen Kirtagsmusiker alles vom volkstümlichen Schlager über Polka bis hin zu den deutschen Hits der Fünfzigerjahre, so eine Mischung aus „Marina, Marina, Marina“ und „Hoch auf dem gelben Wagen“. Wenn man nicht zu nah dran ist, hört es sich gut an, eine Spur schräg, fast wie aus einem Fellini-Film. Die Kinder springen in der unvermeidlichen Hupfburg herum und bringen sie beinahe zum Kippen, das ganze Dorf und viele Besucher von außerhalb sind auf den Beinen. Festtagsstimmung.
Martina soll die Gäste durch den Keller führen und dort ausschenken, ich werde ihr helfen. Eva ist hinter dem Stand mit den Weinproben Nummer fünfundvierzig bis siebzig – erstaunlich, wie viele Weinbaubetriebe es noch im Ort gibt. Der Großvater hilft traditionellerweise beim Würstelgrillen. Oskar will am späteren Nachmittag nachkommen, wenn er zu früh zu trinken beginne, sei er zu früh hinüber, hat er gemeint. Da ist schon etwas dran. Wenn er genug hat, neigt er dazu, friedlich zu entschlafen, egal wo er gerade ist. Das ist mühsam, weil er dann kaum mehr aufzuwecken ist, und außerdem: Ich möchte den Abend mit ihm verbringen – munter.
Vor den Weinständen hat sich eine dichte Menschentraube gebildet, es dauert, bis ich bei dem, hinter dem Eva Dienst tut, an die Reihe komme. „Einen besonders guten DAC bitte“, sage ich. „Wie läuft’s?“
„Schafft es Martina?“, fragt Eva zurück. Sie trägt ein beiges an Tracht erinnerndes Leinenkleid mit Spitzenborten.
„Ich gehe gleich wieder zurück zu ihr.“
„So war das nicht gemeint.“
„Mir war nicht klar, dass es so viele Weinbaubetriebe gibt.“
„Ein paar Ar bewirtschaften die meisten noch, nebenher. Aber viele wollen aufhören. Wir könnten noch viel mehr pachten, wenn wir wollten.“
„He, Großwinzerin, nicht tratschen“, lacht Josef Zauner hinter ihr, „hast du noch was von eurem Riesling? Die drei Flaschen sind schon weg.“
Eva runzelt die Stirn. „Alle bringen nur drei Flaschen mit. Er ist eigentlich schon aus.“
„Soll ich welchen holen?“, mache ich mich erbötig.
„Nein“, sagt Eva schärfer als angebracht, dann versucht sie, wieder zu lächeln: „Drei Flaschen gibt es, so war es ausgemacht. Wenn du willst, kannst du drei Flaschen vom Weißburgunder holen.“
Das Gesicht des
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