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Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi

Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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Delirium.“
    Eva zischt ihm etwas zu. „Nimm ihn nicht ernst“, lächelt sie der Chefin des Vereins der Kinder der Natur zu. „Also, und danach seid ihr auch bereit, Blätter abzuzupfen, Geiztriebe zu entfernen, Unkraut auszureißen?“
    Geradezu feierlich sagt Clarissa Goldmann: „Das sind wir. Wenn es dem Gedeihen dient. Die Natur ist auch grausam.“
    Mir steigt ein kalter Schauer auf.
    „Nur eines noch“, fährt sie schnell fort, „du darfst die Weingärten natürlich nicht mehr spritzen. Das macht ihre Aura kaputt. Man kann es fühlen, man kann es riechen.“
    Überraschenderweise stimmt Eva zu.
    Clarissa Goldmann schwebt zufrieden ab.
    „Wir hören jetzt ohnehin mit dem Spritzen auf“, erklärt Eva, „sechs Wochen vor der Lese ist damit Schluss. Wir haben viel zu wenig Leute für die Arbeit. Ihre Naturfreaks machen sie umsonst. Und wenn sie auch nicht so gut sind, die Arbeit ist zu schaffen, wir werden eben auf sie aufpassen. Wenn sie in der Früh Rebstöcke streicheln wollen, sollen sie das tun. Den Rebstöcken macht es nichts. Und mir auch nicht.“
    „Aber die Leute“, erinnert der Großvater, „sie reden schon genug über uns.“
    „Die, die reden, werden immer über uns reden. Weil wir besser sind“, ist Evas selbstbewusste Antwort, „und die anderen kapieren, dass man kostenlose Hände nicht einfach ausschlagen kann.“
    „Hoffentlich“, erwidert der Großvater.
    Christian ruft an und teilt seiner Mutter mit, dass er die Stelle in Harvard bekommen hat. Wir feiern es mit einer Flasche Cuvée Lissen.
    „Jetzt fällt auch er bei der Lese aus“, sagt Eva irgendwann. Aber ich merke, sie ist sehr stolz auf ihren Sohn. Martina sehen wir nur tagsüber, nach wie vor ist sie nicht sehr gesprächig. Wenn wenigstens Oskar da wäre, dann könnte er mit seinem Kollegen reden. Ob es etwas nützen würde? Simon tut offenbar, was er will, und Martina auch. Nur dass sie momentan nicht das gleiche will wie ihre Mutter. Ab wann kann man Kindern nichts mehr befehlen, sondern nur noch darauf vertrauen, dass man sie aufs Leben gut vorbereitet hat? Vielleicht war Martina die letzten Jahre über einfach zu brav, zu sehr die ideale Tochter von erfolgreichen Weinbauern?
    Ich gehe nach draußen, um nach Gismo zu fahnden, und sehe, dass Vesna mit den Arbeitern am Tisch bei der Scheune sitzt. Sie und Franjo reden aufeinander ein, sie haben die Köpfe zusammengesteckt. Slowakisch und Serbokroatisch sind nahe verwandte Sprachen. Ich fühle mich ausgeschlossen, gehe aus dem Hof, hinauf zur Kellergasse. Vor einem der Keller sitzen Menschen, lachen, trinken. Vielleicht treffe ich Dr. Moser. Jetzt im August ist er auch unter der Woche immer wieder da. Simon hat sich durchgesetzt, in das ehemalige Presshaus wurde ein kleines, einfaches Badezimmer eingebaut, zwei Sofas lassen sich in Betten verwandeln. Aber im Keller von Dr. Moser brennt kein Licht. Ich gehe zurück, immer noch lauer Wind, ich hoffe, der Sommer hält lange an. Der Rest wird sich finden. Wäre es gar so schlimm, Eva würde den wunderschönen Hof und dazu vielleicht noch zwei, drei gute Weingärten behalten und den Rest abgeben? Sie müsste nicht unbedingt wieder als Lehrerin arbeiten, sie könnte neu anfangen. Ohne Schulden. Aber woher hat der Nachbar das Geld für so ein Angebot?
    Ich könnte in den Weinladen gehen und mich umhören. Nur: Wenn ich frage, dann schüre ich das Gerücht, dass Eva aufgeben muss, noch. Ich nehme den längeren Weg durch die Kellergasse, dann gehe ich zwei Straßen bergab zum vorderen Eingang der Bertholds. In der Tür steckt die Gratiszeitung der Region, der „Weinviertler Bote“.
    Ich setze mich an den Familientisch vorne im Hof, blättere die Zeitung durch. Sieh an. Ein großer Bericht über das Weingut Kaiser.
    „Kaiser im Weinviertel“ lautet die Überschrift. Die Unterzeile: „Das traditionsreiche Weingut Kaiser expandiert weiter. In Zusammenarbeit mit dem größten Weinhändler will man in Zukunft Deutschland und den Rest der Welt erobern.“
    Auf einem Foto sieht man Christoph Kaiser, wie er Gerold die Hand schüttelt. Dahinter die imposante Fassade des Weinguts.
    „Das macht dem Weingut Kaiser so schnell keiner nach: Christoph Kaiser wird in Hinkunft die Spitzenweine des Weingutes im großen Stil nach Deutschland und von dort aus in über fünfzig weitere Länder exportieren. ‚Wir exportieren jetzt bereits in viele Länder, darunter natürlich auch Deutschland‘, berichtete uns der Chef des Hauses in einem

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