Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi
Exklusivinterview. ‚Aber ab jetzt arbeiten wir mit dem Weinhaus Gerold, dem Marktführer in Deutschland, zusammen. Seine Experten haben sich für unsere Spitzenweine entschieden, sie werden in Hinkunft auf den Weinkarten des besten deutschen Restaurants, in so gut wie allen Weinhandlungen und natürlich auch in gut sortierten Supermärkten zu kaufen sein. Was mich besonders stolz macht: Durch unsere Werbekampagne wird auch die gesamte Region und der hervorragende Weinviertler Wein an Bekanntheit gewinnen.‘ Diese Kampagne, so konnte der ‚Weinviertler Bote‘ erfahren, wird ‚Vor den Toren Wiens‘ heißen, eines der Plakate soll einen der schönsten Weinberge des Weingutes Kaiser mit Blick auf Wien zeigen. Wie Christoph Kaiser verrät, stehe man bereits vor dem Abschluss eines weiteren großen Vertrages, aber ‚über ungelegte Eier‘ rede er nicht.
Großvater Josef Kaiser wäre wohl stolz auf seinen erfolgreichen Enkelsohn. Er hat ja in der Zwischenkriegszeit zu den wenigen gehört, die bereits mit der Hochkultur der Rebstöcke experimentiert haben – heute ist das eine Selbstverständlichkeit. Und er war es auch, der eine neue Rebsorte geschaffen hat: die Kaiserperle, eine in vergangenen Jahren sehr geschätzte Traube, die heute leider etwas in Vergessenheit geraten ist.“
Besonders wütend macht mich, dass Gerold unsere Kampagnenidee gestohlen hat. „Vor den Toren Wiens“, das Plakat war meine Idee. Aber mit dem Ried Hüttn der Bertholds. Wo hat Kaiser überhaupt Weingärten mit Blick auf Wien? Ich muss Eva fragen. Wir hätten Gerold einfach erzählen sollen, was wir über das ach so erfolgreiche Weingut Kaiser wissen. So wie die unsere Marketingideen klauen … Vielleicht wären Gerold die Enthüllungen aber auch egal gewesen – solange sie nicht öffentlich werden. Gerold wird sich noch wundern, das schwöre ich.
Eva schläft entweder schon, oder sie hat sich ins Büro zurückgezogen. Was macht es für einen Sinn, sie noch heute mit dieser Zeitungsgeschichte zu quälen? Ich stelle den Wecker meines Mobiltelefons auf sechs Uhr, ich werde nicht darum herumkommen, ihr den Morgen zu vermiesen.
In meinem Zimmer lese ich den Artikel noch ein zweites und drittes Mal. Er wird nicht besser.
Ich höre einen Traktor im Hof und erwache. Es ist nach acht. Verdammt, aus irgendeinem Grund hat mich das Mobiltelefon nicht geweckt. Die Lokalzeitung liegt neben mir, noch wird Eva von der Sache nichts wissen. Kann es vielleicht sein, dass da ein Lokalreporter überreagiert hat? Dass das alles noch gar nicht fix ist? Fotos, auf denen Gerold und Christoph Kaiser einander die Hand schütteln, kann es auch schon von einem früheren Treffen geben.
Ich suche nach dem Namen des Journalisten, der den Artikel verfasst hat, finde ihn gleich unter dem Vorspann und wähle. Beim Gratisblatt läuft noch ein Tonband. Dann dusche ich eben zuerst. Besser, ich gehe der Geschichte nach, bevor Eva davon erfährt, vielleicht ist alles halb so wild. Eine knappe Stunde später habe ich endlich jemand am Telefon, der mir die Mobilnummer des Reporters sagen kann. Ich erreiche ihn, frage, ob der Vertrag tatsächlich unterschrieben oder erst in Vorbereitung sei.
„Mit wem spreche ich?“, ist die misstrauische Antwort.
„Mira Valensky, Chefreporterin vom ‚Magazin‘, ich möchte die Story bringen, natürlich mit Angabe der Quelle, aber ich muss eben sicher sein, dass alles stimmt.“ Wenn das keinen Eindruck macht auf so einen lokalen Schreiberling.
„Vielleicht ist es besser, Sie reden mit Herrn Kaiser persönlich.“
„Was jetzt? Ist Ihre Geschichte wasserdicht oder ist sie es nicht?“
„Selbstverständlich, wo denken Sie hin?“
„Okay, nur das wollte ich wissen.“ Irgendwie scheint der Typ nicht ganz sicher zu sein, zumindest glaube ich das herausgehört zu haben. Ich krame im Büro nach der Nummer von Gerold, finde sie im Briefkopf eines Schreibens, kann es natürlich nicht lassen, zu lesen, was da steht: Gerold hat sich doch tatsächlich damals die Reinigung seiner Hose zahlen lassen. Seine Sekretärin teilt in dem Brief mit, wohin Eva den entsprechenden Betrag überweisen soll. Als ob ihr Schaden nicht groß genug gewesen wäre. Einen Teil hat zwar die Versicherung übernommen, aber allein wie lange es gedauert hat, den Barriquekeller wieder in den alten repräsentativen Zustand zu bringen … Ganz abgesehen davon, dass nicht auszuschließen ist, dass die heftige Erschütterung dem Wein geschadet hat.
Ich rufe beim
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