Weinwissen für Angeber
gestoßen sind. Dann sollten Sie vorbereitet sein. Es gibt leider keine Namen, die mit hundertprozentiger Sicherheit zu einem Raunen der Bewunderung führen. Erfinden Sie einfach ein paar Kellereien. Sagen Sie, es handele sich dabei um kleine Betriebe, die ihre Produkte gar nicht erst den großen Kritikern schicken würden, weil sie eh viel zu wenig Wein hätten. Falls wirklich mal jemand einen dieser famosen Weine probieren will, müssen Sie wohl selbst ein Etikett basteln und es auf irgendeine Flasche australischen Wein aus dem Supermarkt pappen. Das sollte hinhauen.
... ist Österreich"
Siehe Deutschland (nicht politisch zu verstehen!)
... ist die Schweiz"
Ach, kommen Sie! Das Weingut „Gantenbein" produziert fraglos famose Rotweine und im Kanton Wallis finden sich beeindruckende edelsüße Tropfen, aber die Schweiz pauschal als liebstes Weinland? Bei all dem Chasselas / Gutedel? Neeeiiiin. Wirklich nicht. Zum Urlaub machen: hervorragend. Um ihr Geld sicher unterzubringen: klasse. Im Falle eines dritten Weltkriegs: mit etwas Glück ein sicherer Hafen. Aber Wein? Verstehen Sie mich richtig, schlecht sind die Weine nicht. Aber es geht um Ihr liebstes Weinland, das ist so etwas wie die Visitenkarte in Kennerkreisen. Seien Sie nicht leichtsinnig! Die Schweiz zeigt nur, dass Sie bereit sind, viel Geld für mittelprächtigen Wein auszugeben. Wollen Sie das wirklich? (Und darf ich jetzt je wieder in die Schweiz einreisen?)
... ist Spanien"
Sie werden in eine Schublade gesteckt, aber diese ist gut gepolstert. Sie werden von nun an als Holzfreak gelten. Zu Unrecht. Jahrzehnte, wahrscheinlich Jahrhunderte lang brachten die Spanier jegliche Frucht in ihren Weinen mit Holz zum Schweigen. Holz, das atmete und den Wein somit fein, aber eben doch, oxidieren ließ. Das machte die Weine Spaniens - lange Zeit wurde dies synonym mit Rioja verwendet - so lecker wie eine frische Spanplatte. „Vega Sicilia" (kann man eigentlich immer fallen lassen) im Anbaugebiet Ribera del Duero erzeugte dagegen schon früh famose, einzigartige Weine, die zu den besten der Welt gehören. Ansonsten gibt es kein alteingesessenes Weingut, das wirklich unumstritten ist. Mit dem „Pingus" (von einem Dänen gemacht) und dem „L'Ermita" finden sich mittlerweile zwei weitere der teuersten Weine der Welt in Spanien wieder (der „Unico" von „Vega Sicilia" sowieso). Auch ansonsten sind die Spanier, was das Geld angeht, nicht zimperlich. Preise werden ruckzuck erhöht. Da gibt es schließlich einiges nachzuholen (gegenüber Bordeaux - wem sonst?). Man will sich ja nichts nachsagen lassen.
... sind die Staaten Osteuropas"
Liegen dort Ihre Familienwurzeln? Oder wollen Sie jemanden des anderen Geschlechts beeindrucken, der von dort stammt? Selbst wenn etwas davon zutreffen sollte: Nein. Sagen Sie nichts dergleichen. Die dortigen Weine sind stetig besser geworden, manche sogar richtig klasse, aber niemand darf ernsthaft sagen, seine Lieblingsweine stammten aus der Slowakei, aus Bulgarien, Rumänien oder Ungarn. Halt! Ungarn ginge so gerade noch. Immerhin wird hier mit dem „Tokajer" einer der legendärsten, teuersten und besten edelsüßen Weine der Welt produziert. Und auch die anderen dortigen Weine sind qualitativ hervorzuheben. Ihr Vorteil, wenn Sie Ungarn nennen: Niemand kennt sich dort aus. Sie werden als Insider angesehen werden, als Hüter von Geheimwissen, als jemand, der im Besitz von heißen Tipps ist! Sie kennen die Winzer, die zu Niedrigstpreisen Spitzenweine produzieren (eine der am weitesten verbreiteten Legenden der Weinwelt). Ungarn könnte also ganz praktisch sein. Sie sind damit ein Außenseiter, aber zumindest ein geachteter.
... ist Südafrika"
Tja, das darf man schon sagen. Allerdings sind Sie dann ein Sternengucker, ein Hellseher. Südafrika ist auf einem guten, einem sehr guten Weg. Dabei ist das Weinland zweigespalten. Die einen (die große Mehrheit) schielt nach Australien. Die anderen (die Spannenderen) schauen nach Frankreich. Schon jetzt kommen einige grandiose Weine vom Land am Kap und es werden jedes Jahr mehr. Die Winzer lernen ihr Terroir kennen, reißen miese Rebsorten raus und pflanzen hochwertige. Die Zukunft des Landes liegt in der Shiraz-Traube, die hier, neben Bordeaux-Blends (kürzen Sie dieses Anbaugebiet immer mit „Bdx” ab!), die besten Ergebnisse bringt „Stellenzicht", „Slaley's" oder „Fairview" beweisen dies bereits. Falls Südafrika nicht Ihr bevorzugtes
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