Weinzirl 02 - Funkensonntag
Wortlaut.« Er wandte sich wieder an
Haggenmüller. »Also, wie wären Sie vorgegangen?«
»Gott, mein Anwalt und ich hätten die Rechtmäßigkeit dieses
Vorverkaufsrechts erst mal geprüft, wir hätten Adi Feneberg eine fürstliche
Abfindung bezahlt, was auch immer. So weit waren wir noch nicht, denn ich hatte
es gar nicht eilig zu verkaufen. Ich wollte allemal zuerst die Canna-Bier-Linie
etablieren.«
Gerhard hatte ihn genau beobachtet. Seine Wangen waren hektisch rot,
er hatte ein paarmal an seinem Siegelring gedreht, aber sonst sehr souverän
gewirkt. War er ein so guter Schauspieler? Gerhard zog seinen Trumpf aus dem
Ärmel.
»Aber Sie waren Sonntag früh in Eckarts!«
Haggenmüller riss die Augen auf, er schien wirklich überrascht zu
sein und machte einen brachialen Fehler.
»Woher wissen Sie das?«
Aha, so cool war der Haggenmüller also doch nicht!
»Sie wurden gesehen.«
Haggenmüller hatte sich wieder unter Kontrolle. »Wann und wo, bitteschön?«
»Um fünf Uhr fünfzehn etwa, als Sie mit Ihrem schwarzen Audi TT neben Adi Feneberg an der Abzweigung
nach Adelharz gehalten haben.« Gerhards Stimme war eisig.
Haggenmüller sah irritiert zu seinem Anwalt hinüber, dann zu
Gerhard. Seine roten Backen hatten inzwischen etwas von einem wohlgerundeten,
glänzenden Red-Delicious-Apfel.
»Ich glaube, da liegt jetzt ein Missverständnis vor. Ich war in
Eckarts, das stimmt. Aber ich war dort mit einem weißen Mitsubishi Pajero,
meinem zweiten Wagen. Und ich habe natürlich nicht um kurz nach fünf neben
diesem Feneberg gehalten.«
Gerhard war im Raum umhergetigert und stützte sich jetzt direkt vor
Haggenmüller auf die Tischplatte. Er brachte seine Nase dicht vor die
Haggenmüllers.
»Was soll denn diese Märchenstunde? Wollen Sie mich für völlig blöd
verkaufen? Sie waren also in Eckarts, aber nicht mit diesem Wagen, und Adi
Feneberg haben Sie natürlich nicht gesehen? Ja, mein lieber Herr Haggenmüller,
wo waren Sie denn dann? Sie und Ihr blütenweißer Pajero, der so weiß ist wie
Ihre Weste!«, brüllte er.
Robert, der Wachhund, räusperte sich. »Gerhard, ich muss doch sehr
bitten, meinen Mandanten nicht so anzugehen. Das ist Einschüchterung!«
Gerhard nahm sich vor, Robert beim nächsten Eishockey-Match einen
Schlagschuss mittig vor den Bauch zu knallen, atmete tief durch und fragte im
Normalton: »Wo waren Sie, Herr Ludwig Haggenmüller?«
Es blieb eine Weile still, dann sagte Haggenmüller weniger arrogant
als resigniert:
»Das möchte ich nicht sagen!«
»Ich verstehe Sie also richtig: Sie geben zu, in Eckarts gewesen zu
sein, verweigern aber die Aussage darüber, wo Sie waren?«
Haggenmüller nickte. Robert war aufgesprungen. »Kann ich meinen
Mandanten kurz unter vier Augen sprechen?«
Die Schreibkraft und Gerhard verließen den Raum für fünf Minuten.
Als sie wieder eintraten, sah Robert aus, als würde er sich gerade extrem für
seine Berufswahl verfluchen.
»Mein Mandant bleibt bei seiner Aussage.«
»Nun, mir liegt hier ein Haftbefehl der Staatsanwaltschaft vor. In
U-Haft wird Herr Haggenmüller nun leider seine komfortable Villa gegen ein
Feldbett eintauschen. Und dort darüber nachdenken können, wo er denn nun in
Eckarts gewesen ist.« Und weil er einfach stinksauer war, schickte Gerhard ein
fernsehkommissarhaftes »Abführen« hinterher.
Robert tuschelte noch mit seinem Mandanten, und als der abgeführt
wurde, wandte er sich an Gerhard.
»Hat’s das jetzt gebraucht?«
»Also, mal off the records: Weißt du, wo er war? Denn das könnte ihn
ja entlasten, sofern er einen Zeugen beibringen kann.«
Robert sog geräuschvoll Luft ein. »Nein, er meint, er könne das
nicht sagen. Ich könnte ihn erwürgen.«
»Du solltest ihn lieber nicht erwürgen, sondern tunlichst überzeugen
auszusagen. So schützenswert kann doch nicht mal die tollste Frau sein.«
Gerhard schmunzelte.
»Glaubst du, es ist so was?«, fragte Robert. »Schützenswerte
Präsidentengattinnen oder andere fatale publikumswirksame Affären wohnen doch
nicht in Eckarts!«
»Wenn es nicht so was ist, dann lügt er generell. Und dann hat er
Adi eben doch ermordet. Bring den Mann zum Reden! Ach ja, hüte dich bei unserem
nächsten Match. Sonntag, oder?«
Robert lachte. »Du willst mir drohen, der du den Schläger wie einen
Regenschirm und den Puck wie einen Tennisball behandelst?«
Als Robert weg war, las Gerhard das Protokoll noch mal durch.
Scheiße! Irgendwas in ihm war bereit, Haggenmüllers Aussage zu
Weitere Kostenlose Bücher