Weinzirl 02 - Funkensonntag
überprüfen. Er
rief Markus zu sich rein und bat ihn, Anwohner nach dem Mitsubishi zu fragen.
»Wieso jetzt ein Mitsu-Mitsu-Dingsda?«, wollte Markus wissen.
Gerhard zuckte die Schultern. »Mach einfach.«
Und weil Gerhard nun den Blick intensiv und schweigend auf sein
Bergposter an der Wand gerichtet hatte, ging Markus schließlich. Als er draußen
war, lief Gerhard hin und her. Lebte eine prominente Frau in Eckarts? Hätte die
ausgerechnet mit dem untersetzten Haggenmüller ein Verhältnis? Aber die Wege
der Leidenschaft waren unergründlich. Aber so sehr er auch nachdachte, er
kannte keine solche Lady in Eckarts. Schmarrn, rief er sich zur Räson. Der will
uns verarschen, der hat Adi Feneberg auf dem Gewissen. Und er begann zu
überprüfen, welchen Zugang Haggenmüller eventuell zu Rohypnol haben könnte.
Doch ohne Erfolg.
15.
Der Donnerstagvormittag verstrich mit weiteren Befragungen von
Ludwig Haggenmüller, der stur bei seiner Behauptung blieb. Gerhard ließ ihn
zurück in die Haft schaffen. Es war wohl mehr eine Frage der Zeit, bis er
gestand. Nur das Wie war noch zu klären. Wie war er an das Rohypnol gekommen,
wie hatte er es Feneberg eingegeben?
Bevor er auch nur ansatzweise darüber nachdenken konnte, kam ein
Anruf aus Ulm. Frau Kürten hatte natürlich die Aussage ihres Mannes bestätigt.
Da aber die Sozialkontrolle im Ländle bestens zu funktionieren schien – kein
Wunder in einem Landstrich, wo es noch die Kehrwoche gibt, dachte Gerhard –,
hatte eine Nachbarin Herrn Kürten Samstagabend wegfahren und am Sonntag gegen
zehn Uhr wiederkommen sehen. Und nun kamen drei Dinge, die Gerhard dazu
veranlassten, ein herzhaftes »Auweh« auszustoßen: Die Kürtens hatten eine
Ferienwohnung in Martinszell. Kürten fuhr einen Audi TT , und der Bruder von Frau Kürten war Psychiater und
Neurologe. Die Kollegen in Ulm hatten die Kürtens um zwölf Uhr dreißig zu einer
Vernehmung vorgeladen.
»I darf annähme, sie kommet au, Herr Weinzirl?«, fragte der Ulmer
Kommissar freundlich.
»Ich bin quasi schon unterwegs«, rief Gerhard, »und wenn es recht
ist, bring ich meine Kollegin mit.«
»Ja, freile«, sagte der Kollege und schickte ein »Adele« hinterher.
Gerhard rief nach Evi.
»Attenzione! Bella, rapido und presto ins Auto. Wir müssen sempre
diritto nach Ulm. Der Kürten war wahrscheinlich in der Mordnacht im Allgäu. Er
hat ‘nen TT und Zugang zu
Rohypnol. Schwing die Keulen! Deine Ossobucci, oder was Keulen sonst noch auf
Italienisch heißen könnte.«
»Bloß gut, dass die meisten Italiener Deutsch können. Sonst würde
ich mir echt um deine Ernährung Sorgen machen. Als Kalbshaxe bin ich noch nie
bezeichnet worden.«
»Komm, unsere Schumpa haben immer sehr wohlgeformte, schlanke
Haxen«, meinte Gerhard lachend.
Unter Geplänkel hatten sie das Gebäude verlassen und waren durch den
Schneeregen, der nun eingesetzt hatte, zum Auto gerannt. Evi fuhr einen
Polizeiwagen, nicht den Klapperbus.
Nach fünfzig Minuten wurden sie von einem kleinen Mann mit rötlichen
Haaren in Empfang genommen.
»Jürgen Schimpfle, aber it, weil i so viel schimpf«, stellte er sich
vor. Er schickte ein »Grüß Gottle« hinterher.
Oh nein!, dachte Gerhard. Er sagte wirklich »Gottle«. Abgesehen
davon war der Kollege aber ein reizender Mann: umgänglich, hilfsbereit, witzig,
und er hatte sich dankenswerterweise intensiv in die Sache eingearbeitet.
»Des isch ja a Gschichtle«, meinte er und dann erstattete er kurz
Bericht über das bisher Erreichte. Gerhard hörte ihm aufmerksam zu, nach
einiger Zeit fielen die vielen »les« gar nicht mehr so ins Gewicht. Und im
Gegensatz zu seinem Markus, war dieser Jürgen professionell und prägnant in
seinen Ausführungen.
Schimpfle hatte die beiden Kürtens inzwischen in die Mangel
genommen, und Frau Kürten hatte zugegeben, ihrem Mann ein falsches Alibi
geliefert zu haben. Er war tatsächlich mit seinem schwarzen Audi TT ins Allgäu gefahren. Schimpfle
forderte Gerhard und Evi auf, das Verhör fortzusetzen.
Frau Elisabeth Kürten war sicher erst Mitte vierzig, aber gekleidet
wie ihre eigene Großmutter. Zum Tweedkostüm in Kackbraun trug sie eine
französische Baskenmütze. Tja, die Realität toppt jedes
Französisch-Lehrerinnen-Klischee, dachte Gerhard. Ein graumelierter Zopf hing
über ihre Schulter. Eigentlich wäre sie durchaus attraktiv, wenn sie mal was
gegen das Altbackene tun würde. Mon Dieu, dachte Gerhard und musste in sich
hineingrinsen. Was ihm vom
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