Weinzirl 02 - Funkensonntag
Problem Ihrer Leute! Ja, sagen Sie mal, leben wir denn hier in einem
Überwachungsstaat? Ich werde Sie anzeigen!«, schrie er.
»Versuchen Sie es!«, brüllte Gerhard zurück, »vorher aber
beschuldige ich Sie des Mordes an Adi Feneberg.«
Es war kurz still.
»Sie laden mich nicht als Zeugen, sondern als Beschuldigten?«,
fragte Haggenmüller nun wieder sehr beherrscht.
Obacht, dachte Gerhard. Der kennt sich aus in der Terminologie. »Ja, B-E-S-C-H-U-L-D-I-G-T-E-R «,
buchstabierte Gerhard.
Auf der anderen Seite war ein trockenes Lachen zu hören.
»Dann werde ich wohl meinen Anwalt kontaktieren. Und zu Ihrer
Information: Ich habe neben BWL auch einige Semester Jura studiert.«
Es klickte. Haggenmüller hatte aufgelegt.
Wütend stieß sich Gerhard vom Schreibtisch ab und donnerte mit
seinem Holzdrehstuhl gegen den Spind. Als er hochsah, stand Evi in der Tür und
schaute ihn fragend an. Gerhard gab ihr mit bebenden Nüstern einen Bericht ab
und folgte dann ihrer Empfehlung, sich »etwas einzukriegen« bis zur Vernehmung.
Eine Stunde später trudelte Haggenmüller ein, gefolgt von Robert
Bruckner, dem Anwalt. Gerhard nickte Robert zu. Sie spielten ab und zu in einer
Hobbymannschaft zusammen Eishockey. Sie würden zwar keine Wayne Gretzkys mehr
werden, aber die Eishackler-Runde hatten sie vor Jahren eingeführt, als einige
noch studiert hatten. Sie waren schon damals bei der anschließenden
Weißbier-Session besser gewesen. Gerhard war einerseits froh, Robert als den
Haggenmüllerschen Anwalt zu sehen, andererseits war er in einer Stimmung, bei
der ihm ein » AA « –
Arschloch-Anwalt in Gerhards Terminologie – fast lieber gewesen wäre. So einer
war Robert nicht.
»Herr Haggenmüller, Robert, bitte nehmen Sie Platz!«
Gerhard hatte in seinem Büro zwei Stühle hingestellt. Eine
Schreibkraft hatte am Computer Platz genommen. Haggenmüller war anscheinend
darüber informiert, dass Gerhard und Robert sich kannten.
»Herr Haggenmüller, Sie sind dringend verdächtig, Adi Feneberg ermordet
zu haben. Und ich sage Ihnen auch gleich warum: Sie wollten Ihre Brauerei
verkaufen, Adi Feneberg aber hatte ein Vorkaufsrecht zu einem historischen
Dumpingpreis. Das hätte Sie Millionen gekostet, also haben Sie den Mann
ermordet.«
Haggenmüller schnaubte kurz. »So, da hat der Herr Kommissar ja hart
gearbeitet.«
»Business as usual«, sagte Gerhard, ohne sich provozieren zu lassen.
»Ich möchte von Ihnen dazu eine Stellungnahme hören.«
»Nun, die ist leicht gegeben. Sie haben in allen Punkten Recht, bis
auf die hirnrissige Annahme, ich hätte diesen Feneberg ermordet. Ich wollte
verkaufen, ich habe erste Gespräche geführt ungeachtet dieser
Vorverkaufs-Einräumung. Adi Feneberg hätte auch diese – wie haben Sie das
genannt? – historische Dumpingpreis-Summe nie zahlen können.«
»Er hätte einen oder mehrere Finanziers finden können«, widersprach
Gerhard.
»Nonsens! Denken Sie doch mal realistisch. Kein Kaufinteressent
hätte sich Adi Feneberg ans Bein gebunden. Wer Hündle samt unseren Innovationen
hätte kaufen wollen, hätte immer freie Hand haben wollen. Sie kaufen in einer
Phase derartiger wirtschaftlicher Talfahrt nicht so einfach eine kleine
Brauerei. Und schon gar nicht, wenn Sie einen alten Reaktionär dazu kaufen
müssten.« Haggenmüller klang arrogant und sehr selbstsicher.
»Nehmen wir an, Sie haben Recht. Nichtsdestoweniger hätte Adi
Feneberg Ihnen viel Ärger machen können, das Ganze endlos hinauszögern, oder?
Ihnen eilte es doch mit dem Verkauf?«, fragte Gerhard.
Die ganze Zeit hatte Robert Bruckner der Schreibkraft über die
Schulter gesehen. Jetzt schaltete er sich ein.
»So geht das aber nicht. Das Protokoll ist eindeutig tendenziös.
Hier steht, dass mein Mandant schnell verkaufen wollte. Das ist eine Annahme
und nicht bewiesen. Herr Weinzirl hat das als Frage formuliert.«
Die Schreibkraft meckerte: »Dann schreiben Sie es doch selber!«
»Gern«, lächelte Robert Bruckner.
Die Schreibkraft war etwas konsterniert. »Ja, aber dann ist Ihre
Tendenz drin.«
»Eben!« Robert Bruckner lächelte noch immer.
Auch Gerhard musste innerlich grinsen. Die alte Diskussion –
Protokolle stellten Weichen für die Verfahren, und die Anwälte passten auf wie
die Haftelmacher. Robert, der Fuchs, war ein besonders guter Wachhund für seine
Mandanten. Gerhard nickte der Schreibkraft zu.
»Wir wollen Robert, Herrn Bruckner, diese Arbeit ersparen, also
bitte beachten wir den ganz genauen
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