Weinzirl 02 - Funkensonntag
Hemd und einer Jeans gepasst hätte als zu
einem Anzug.
»So wie immer. Vom Pool im Untergeschoss gibt es einen Gang, der
direkt in das Badehäuschen beim Außenpool führt. Und der grenzt an die
Parallelstraße. Da steht auch immer mein Auto. Das ist nie jemandem
aufgefallen.«
Gerhard schüttelte den Kopf, na das hatte wahrscheinlich Markus
wieder verbockt. Aber das war jetzt auch schon egal.
»Clever, zugegeben. Sie waren aber sonst die gesamte Zeit im Haus?«
»Ja. Wir haben Berge zu essen und zu trinken eingekauft. Wir waren
im Pool, in der Sauna und, na ja. Einfach nichts tun, einfach Zeit haben.
Bücher lesen, schlafen. Wissen Sie, ich reise so viel, Reisen ist für mich kein
erstrebenswerter Zustand mehr. Drei solcher Tage sind für mich ein
unschätzbares Geschenk. Wir versuchen zweimal im Jahr ein paar Tage
abzuknapsen. Wirklich, ich habe sie meinem Alltag abgerungen. Wir sind
homosexuell, nicht gesellschaftskonform, aber Ludwig ist kein Mörder!« Lorenz
Lenz hatte Überzeugungskraft.
»Hatten Sie denn Kenntnis von Herrn Haggenmüllers Verkaufsplänen und
vom Vorverkaufsrecht von Adi Feneberg?«, fragte Gerhard.
Jetzt lachte Lorenz Lenz fast. »Ja, ein brillanter Schachzug von
Ludwigs Vater. Die beiden waren, sind sich sehr ähnlich. Keiner von beiden
wollte das wahrhaben. Ich glaube, der Alte hat ihm dieses Vermächtnis mit einem
Augenzwinkern hinterlassen, Ludwig hingegen war außerstande, die komische Seite
zu sehen. Ich hatte ihn in den letzten Tagen fast von der Komik überzeugt. Er
hatte vor, mit Adi Feneberg endlich mal vernünftig zu reden. Ich habe ihm immer
gesagt, er müsse Adi Feneberg anders anfassen. Ihm den Bauch pinseln, ihn
loben.« Er lachte erneut. »Sie sehen: Da kommt bei mir ganz der Politiker
durch. Und nun?«
»Ich muss den Staatsanwalt informieren. Wenn er zustimmt, dann
lassen wir Herrn Haggenmüller gehen. Ohne Gründe zu nennen. Wenn der
Staatsanwalt …« Gerhard ließ den Satz im Raum verhallen.
Lenz stand auf und drückte Gerhards Hand. »Danke.«
Mehr sagte er nicht. Gerhard schaute ihm nach. Wenn er jetzt gesagt
hätte: »Wenn ich mal was für sie tun kann …«, irgend so etwas in der Art, dann
hätte er bei Gerhard verloren gehabt. Aber das hatte er nicht getan, und
deshalb würde Gerhard Worte finden, den Staatsanwalt zu überzeugen.
Haggenmüller war raus, ohne Begründung. Sein erster Verdächtiger war raus.
Blieb Kürten. Sollte Jo mit ihrer Lawinentheorie Recht behalten? Gerhard
verschränkte die Arme im Nacken. Es war also wirklich so, dass Kürten in dem TT neben Adi Feneberg gehalten hatte. Er
hatte behauptet, das sei um Viertel vor sechs gewesen. Hatte sich der
grenzdebile Kiechle in der Zeit geirrt? Und was änderte das?
Gerhard war aufgefallen, dass Evi mehrere Male an seinem Büro
vorbeigelaufen war. Sie schien mit den Hufen zu scharren. Er nahm an, dass die
Neugier sie umgetrieben hatte. Aber als sie endlich eintreten konnte, war ihr
Haggenmüller völlig egal.
»Gerhard, ich bin heute früh auf was gestoßen. Scheiße, ich hätte
viel früher drauf kommen müssen! Scheiße, ich war wie vernagelt.«
»So verstehe ich kein Wort, also setz dich hin und dann bitte
langsam und im Klartext«, sagte Gerhard.
»Ich habe alle Fälle überprüft, in denen es um Okkultismus ging. Die
meisten wurden nie aufgeklärt. Aber vor einem halben Jahr wurden fünf junge
Mädchen in Stein auf dem Friedhof aufgegriffen, die eine Séance abgehalten
hatten. Sie wollten aber nur mit der Oma eines der Mädchen Kontakt aufnehmen.
Das war wohl wirklich alles harmlos und hatte mit Katzenkadavern nichts zu tun.
Ich habe aber vorsichtshalber die Namen gecheckt und eine hieß Irene
Seegmüller. Na ja, Irene Seegmüller wie Quirin Seegmüller. Sie ist die
Schwester von dem Burschen von der Funkenwache. Und – frag mich jetzt bitte
nicht, woher ich das weiß, das ist ein bisschen illegal – von einem
Internetzugang im Hause der Seegmüllers wurden Pages und Chatrooms aufgerufen,
wo es um Suizid, Mord und Gifte geht.«
Gerhard starrte Evi an.
»Das ist allerdings ein starkes Stück. Wir müssen uns Quirin sofort
vornehmen und diese Irene auch. Ich frag jetzt auch nicht nach deinen Quellen.
Gut gemacht.«
»Nein, eben nicht! Da ist nämlich noch was. Deine Busenfreundin Jo
hat gestern angerufen. Ich habe gesagt, du dürftest nicht gestört werden. Sie
wollte, dass du unbedingt zurückrufst. Sie hat gesagt, Steffen Schaller habe
eine Freundin, die Irene heiße und die sei die
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