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Weinzirl 02 - Funkensonntag

Weinzirl 02 - Funkensonntag

Titel: Weinzirl 02 - Funkensonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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und
dem WWF geheult hatten, hatten sie
angemessen reagiert. Einsteinchen war aufs Katzenklo gegangen – ein Tier mit
der dankenswerten Eigenschaft, das Beste aus jeder Situation zu machen. Moebius
hatte eine Yuccapalme als Klo-Ersatz umgegraben, und Mümmel, nun, Mümmelchen hatte
sich eine etwas perfidere Variante ausgesucht: Sie hatte auf Jos Kameratasche
gepisst und gekotzt, und Jo war sich sicher, dass sie sich die Pfote in den
Hals gesteckt hatte. Das war purer Protest.
    Jo entriegelte die Klappe und riss zusätzlich die Eingangstür auf.
    »Bitte, dann geht doch raus!«
    Die drei schauten Jo mitleidig an. Dann sprang Mümmel vom Tisch,
ging quälend langsam in Jos Schlafzimmer und ringelte sich auf der Bettdecke.
Moebius folgte in diesem provozierenden Django-Gang, den nur die tapferen
Recken unter den Katern haben. Und Einstein? Nun, die, noch nicht lange genug
im Haushalt und noch ein wenig dankbar für das Dach über dem Kopf, machte
»Brr«, sprang vom Tisch, gab Jo Köpfchen, was bei ihr immer eher wie ein
Bocksprung mit Kopfzucken aussah, und schaute zum Schlafzimmer. Die anderen
beiden hatten den Verrat nicht bemerkt. Einstein trollte sich auf eine
Fleece-Jacke, die Jo eigentlich vor Wochen hatte wegräumen wollen. Aber das war
jetzt Einsteins Fleece.
    Die Schwarzweißen ruhten bereits im Bett, nicht ohne vorher noch
schwarze Haare auf einer weißen Bluse abgeworfen zu haben und weiße auf einem
schwarzen Kaschmirpulli. Schwarzweiße Katzen werfen Haare sehr selektiv ab. Als
Jo später unter die Decke kroch und die Beine irgendwie zwischen die Katzen
quetschte, rührten sich die beiden nicht mal.

2.
    Das Klingeln des Telefons weckte Jo am nächsten Morgen. Die Katzen
waren weg. Moebius musste wirklich beleidigt sein, denn sonst brummte er ihr
immer hingebungsvoll ins Ohr. Jo starrte auf die Uhr. Es war sieben Uhr
fünfundvierzig. Das Läuten erstarb, und wenige Sekunden später trötete das
Handy. Jo ging dran, und ihre Stimme klang belegt. Es war der Bürgermeister.
    »Wollen Sie wissen, was Sie angerichtet haben, Kennerknecht?« Für
ein guten Morgen oder gar ein Frau Kennerknecht war kein Raum in seiner
Rede. »Im Morgenmagazin ist soeben ein Beitrag gelaufen mit dem Titel ›Toter im
Scheiterhaufen.‹« Jetzt schrie er.
    Jo sagte nichts. Der Kameramann und Mister TE VAU ! Für die Regionalfenster am Abend hatte es zeitlich
nicht mehr gereicht, also hatte er das Material an die Morgenmagazin-Kollegen
geliefert. Flott!
    »Kennerknecht!« Der Bürgermeister brüllte noch lauter. »Ich habe
hier bereits vier Zeitungen liegen. Wollen Sie mal hören? ›Mörderfunken‹ in der
Schwäbischen Zeitung, im Allgäuer ›Rätselhafter Toter im Funken‹ und das
Gleiche noch mal im Mantelteil. Und jetzt kommt es: ›Horror-Hexenfest im
Allgäu‹ in der BILD .«
    Jo erschauderte in dem XL-T -Shirt,
das ihr als Nachthemd diente. Nun überschlug sich die Stimme des
Stadtoberhaupts. »Kennerknecht? Hören Sie mir zu?«
    Jo schluckte. »Selbstverständlich, ich bin ebenso fassungslos wie
Sie es sind …«
    »Ich bin nicht fassungslos, ich bin auf Hundertachtzig. Wie konnten
Sie Journalisten zu einem Mord führen?«
    Jos Magen verkrampfte sich. »Das ist jetzt nicht ganz fair, wir
haben einen Funken besucht, einen Funken, an dem sich wohl ein Mord ereignet
hat. Das hätte sich ja wohl keiner in seinen kühnsten Träumen denken können.
Ich …«
    »Sie hätten die Leute abschirmen müssen, Sie hätten das wissen
müssen!« Die Stimme des Bürgermeisters überschlug sich.
    »Ja, und ich hätte unsere Mediengäste niederschlagen, ihre Blöcke
zerfetzen und die Filme aus den Kameras reißen können. Und dann hätte ich eine
weltweite Nachrichtensperre verhängt und die Armee um Unterstützung gebeten«,
sprudelte es einfach aus Jos verkrampfter Magengrube.
    Am anderen Ende der Leitung hörte man jemanden Luft einziehen, nicht
einatmen, nein einziehen wie ein extrastarker Blättersauger.
    Jo zitterte, als sie weitersprach: »Außerdem habe ich niemanden
hinführen müssen. Die Polizei hat mit Sicherheit so gegen einundzwanzig Uhr
einen ersten Pressebericht rausgegeben, und den hat die AZ ja wohl verarbeitet. Und …«
    Der Bürgermeister fuhr ihr erneut mit Donnerstimme ins Wort. »Nichts
›und‹! Der Bericht hat sicher nicht beinhaltet, dass die Hexenverbrennung noch
lange nicht der Vergangenheit angehört. Das steht in der BILD . Und der Bildmensch, der war doch
in Ihrer Gruppe?«
    »Es war niemand von der BILD

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