Weinzirl 03 - Kuhhandel
doch
niemals. Ein Bulle schon gar nicht. Das ist ja pure Phantasterei. Das wird
schwer.« Laszlo sah Jo durchdringend an.
Wenn Laszlo gewusst
hätte, wie Recht er hatte. Die Polizei – das bedeutete, sie würde mit Gerhard reden
müssen. Das würde schwer werden. Weniger wegen der bizarren Geschichte. Aber
wegen der monatelangen Eiszeit, die zwischen ihnen geherrscht hatte. Aber sie
musste mit ihm reden. Er musste mit ihr nach Tauting fahren. Ihr Plan lag klar
auf der Hand: Diese beiden Ochsen mussten ja Besitzer haben, und die musste
Gerhard verhören. Er musste einfach! Und dann Ostheimer festnehmen.
»Wo ist eigentlich
Tauting?«, fiel ihr plötzlich ein.
Wieder keine
Herausforderung für Laszlo, der fast unmittelbar danach dem Computer entlockte,
dass Tauting ein Ortsteil von Eglfing war, gelegen in Oberbayern im Landkreis
Weilheim-Schongau. »Da, schau!« Er zog Jo vor den PC . Da gab es sogar Bilder vom Ochsenrennen, eins vom Sieger
Jeronimo und von seinem strahlenden Besitzer Karl Schraub.
»Schraub heißt
dieser miese Typ!« Jo starrte in den PC .
Der Ochse sah ganz normal aus. Aber wie schaute ein gedopter Ochse auch aus?
Laszlo hatte
inzwischen begonnen, seine Spuren im PC und im Internet zu tilgen. »Lass uns abhauen, es ist schon vier Uhr.« Der
umsichtige Einbrecher sperrte zuerst die Kellertür wieder ab, dann sagte er:
»Wir müssen vorne raus.« Und er führte wieder in Minutenschnelle den Beweis,
dass man mit einem Dietrich nicht nur aufsperren, sondern auch zusperren
konnte.
»Ein russisches
Modell. Ist nicht alles schlecht gewesen, was aus dem Osten kam.« Er klang ein
wenig melancholisch.
Bei Jos Auto
angelangt, drückte er ihr eine Sicherungskopie auf Diskette in die Hand. Jo
hatte nicht mal bemerkt, wann er die gezogen hatte. Er gab ihr einen Kuss auf
die Stirn. Eine frühmorgendliche Szene, die aussah, als wolle ein besorgter und
liebevoller Ehemann seine Frau verabschieden, die zur Frühschicht in die Fabrik
aufbrach. So vieles ist Fassade, dachte Jo, als sie davonfuhr.
4
Jo war gegen fünf
Uhr zu Hause. Es wurde gerade hell, und es war bereits ungewöhnlich warm, auch
dieser Septembermontag hatte so gar nichts Herbstliches. Sie schob die Diskette
zwischen einige Küchenhandtücher und ging zu Bett beziehungsweise fädelte sich
akrobatisch zwischen drei Katzenkringeln ein, die sich über ihr Bett verteilt
hatten.
Sie schlief unruhig,
als sie um sieben von einem erbärmlichen Geräusch erwachte. In der Ecke ihres
Zimmers saß ein Frosch und schrie. Seit Jo im Besitz ihrer Felldeppen war, wusste
sie, dass Frösche in Todesangst zetern konnten, so schauerlich, dass es einem
eiskalt über den Rücken lief. Diese Tonlage beeindruckte auch Kater Moebius so
sehr, dass er in zehn Zentimetern Entfernung vor dem Frosch hockte und diesen
mit zusammengekniffenen Augen anstarrte. Jo sprang aus dem Bett und war sich
schlagartig bewusst, dass der Tag mal wieder so richtig gut begann. Entweder
würde Moebius den Frosch irgendwann doch attackieren und sie würde das
ekelhafte Knacken der Knöchelchen hören, oder aber sie musste den Frosch
retten. Frösche gehörten selbst bei Tierfreundin Jo nicht zu ihren liebsten
Streicheltieren – und dieser war riesig und warzig.
Sie packte Moebius,
sperrte ihn ins Bad und trat mutig dem Frosch entgegen. Nein, der war kein
verzauberter Prinz! Als sie in die Hocke ging, sprang er ihr mit einem
Riesensatz fast ins Gesicht. Der Eisschauer in der Rückenpartie verstärkte
sich. Schließlich gelang es ihr, das Tier in einem Zimmereck einzukesseln. Sie
nahm ihn mit Todesverachtung auf. Er fühlte sich erstaunlich trocken und kühl
an. Sie trug ihn vorsichtig hinters Haus. Als sie ihn im taufeuchten Gras
abgesetzt hatte, blieb er sitzen und betrachtete Jo. Vielleicht war er doch der
Froschkönig? Vielleicht hätte sie ihn küssen sollen, dachte Jo und musste
letztlich lachen. Sie hatte in ihrem Leben so viele Frösche geküsst, die sich
in alles andere, bloß nicht in einen edlen Prinzen verwandelt hatten, dass es
auf diesen Versuch auch nicht mehr angekommen wäre.
In behäbigen Sätzen
sprang der Frosch von dannen, und Jo beschloss, überdreht und todmüde zugleich,
noch eine Stunde zu schlafen. Ein kühner Plan, sie hätte es besser wissen
müssen. Nach einer halben Stunde stellte ihr Bianchi eine Pfote ins Gesicht und
fuhr ganz leicht und zierlich die Krallen auf ihrer Backe aus. Als Jo mühsam
die Augen aufschlug, starrte sie in ein Katzenmaul, das eine
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