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Weinzirl 03 - Kuhhandel

Weinzirl 03 - Kuhhandel

Titel: Weinzirl 03 - Kuhhandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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hast.
Akzeptiere das bitte, auch in deinem Interesse. So, und ich muss jetzt gehen.«
    Jo sah ihm nach, wie
er fast zu rennen begann. Auf der Flucht vor ihr. Sie hatte es wieder einmal
versiebt. Aber das war ja nichts Neues. Sie fuhr nach Hause, Gerhards Gesicht
vor Augen.
    Im Kühlschrank stand
noch eine halbe Flasche Veltliner. Sie schüttete ihn in ein Saftglas und
erinnerte sich an den deutschen Riesling damals mit Gerhard – und was daraus
entstanden war. Niemals mehr würde sie deutsche Weine trinken. Ja, sie hatte es
wirklich mal wieder in den Sand gesetzt. Und in bitterer Selbsterkenntnis
merkte Jo, dass auch ihr erster Impuls nichts Neues war: Immer in verzweifelten
Momenten rief sie ihre Freundin Andrea in Berlin an. Andrea, die Gute, die sie
ebenso wie Gerhard im Stich gelassen hatte. Mit der sie zwar mehrmals seit
ihrer Rückkehr gesprochen hatte, aber doch nie mehr so intensiv wie früher.
    Jo erzählte ihre
Geschichte langsam – zögernd. Sie, die sonst so schnell redete, dass ihrer
Zuhörerschaft ganz schwindlig wurde. »Für einen Moment sah es so aus, als
würden wir wieder zueinander finden. Ich meine, als Freunde.«
    Andrea klang
freundlich, aber sehr bestimmt. »Jo, du mutest Gerhard aber auch einiges zu,
oder? Du tauchst auf wie ein Gewitter aus dem Nichts. Ziehst auf wie eine
dunkle Wolkenwand und hast sofort wieder tausend Verschwörungstheorien im
Gepäck. Du strapazierst deine Umgebung ganz schön!«
    »Ich weiß, aber was
hätte ich tun sollen?«, fragte Jo.
    »Das sagst du
immer!«
    »Aber es ging mir
echt um Svenja!«
    »Auch das hat
Seriencharakter. Du hast immer gute Gründe. Und noch eins zum Thema Serie und
Daily Soap: Du hättest nicht mit ihm schlafen sollen.« Andrea klang ganz
neutral.
    In Jos Magen begann
es zu rumoren. Sie sagte lange nichts. Versuchte, die Übelkeit zu unterdrücken.
    »Hat dir Gerhard das
erzählt?«
    »Musste er nicht.
Als er nach dir gesucht hat, als wir nach dir gesucht haben, war mir das klar.
Es war ihm anzumerken. Gerhard ist nicht gut darin, den coolen Macho zu
spielen. Beruflich wahrscheinlich schon, privat nicht! Dazu kennen wir uns auch
zu lange!«
    »Ach, Andrea, du
bist immer so schlau! Bist du mir auch so böse? Kannst du verstehen, warum ich
wegmusste? Ohne euch zu informieren?«
    »Nein, ich bin nicht
böse, und ja, ich kann dich verstehen. Ich war anfangs in Sorge, dann
enttäuscht, dann wütend und dann alles zusammen. Aber das war meine Geschichte.
Jo, wir gehen rasant auf die vierzig zu. Ich bin tief überzeugt, dass man immer
weniger Menschen trifft, die einem wirklich wertvoll sind. Qualität statt
Quantität – egal, ob es um Zeit oder Worte geht. Du bist so jemand, wirst immer
so jemand bleiben.«
    »Ich dachte immer,
Gerhard wäre auch so jemand«, sagte Jo.
    »War er auch, ist er
auch. Jo, du hast ihn als Freundin verlassen. Wenn du als Geliebte gegangen
wärst, dann wäre er wegen gekränkter männlicher Eitelkeit einige Tage in der
Kneipe rumgehangen, das wär’s gewesen. Er hätte sich ein Betthäschen gesucht
und wäre ganz zufrieden gewesen. Aber du hast ihn als Freundin verlassen,
eigentlich als sein bester Kumpel. Das hat ihm wehgetan, sehr weh, auch wenn er
versucht hat, seine Gefühle runterzuspielen.«
    »Ich weiß, wir
hätten die Freundschaft nicht mit Sex verquicken dürfen. Eins von beiden hätte
genügt. Oder?« Jo war sich nicht sicher, ob das eigentlich stimmte.
    »Ach, ich weiß
nicht. Wenn es eine Beziehung gäbe, bei der Freundschaft und Sex
zusammenspielten, dann hättest du das Bernsteinzimmer wiedergefunden oder
Atlantis. Vielleicht hätte das bei euch sogar klappen können, aber ihr habt da
irgendwie den Absprung verpasst. Ihr seid an Missverständnissen gescheitert, an
seiner Toleranz und deiner Hauruck-Mentalität. Beschissene, sinnlose Gründe,
sich aus den Augen zu verlieren! Andere hassen sich und haben völlig konträre
Ansichten. Sie werfen mit Möbeln, und sie verschulden sich in vernichtenden
Krediten. Ihr hättet besser zusammengepasst als die meisten, die sich nur
ständig verpasst haben. Manchmal, obwohl ich nicht im eigentlichen Sinne an
Gott glaube, da glaube ich, es schaut uns einer zu. Schüttelt den Kopf, weil er
nicht eingreifen kann. Schüttelt verzweifelt den Kopf, weil er Großes mit uns
vorgehabt hätte. Mit dir und Gerhard. Ihr hättet einen Holzzaun um euer Haus
gebaut, keinen Stacheldraht. Sein AKW hat immer gut zu deinem Prosecco gepasst. Ihr hättet nie gesagt, das kann man
nicht

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