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Weiß wie der Tod

Weiß wie der Tod

Titel: Weiß wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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las sie.
    Darum würde sie sich morgen kümmern.
    Zuvor musste sie eine Lösung für das Geldproblem finden.
    Sie loggte sich auf der Escort-Seite mit ihrem User-Namen ein. Keine Nachrichten. Mist, das verdammte Wetter verhagelte ihr das ohnehin dürftige Geschäft. Einige Veranstaltungen und Konferenzen waren in den letzten Tagen bereits abgesagt worden. Und es war keine Besserung in Sicht. Aber vielleicht lag es auch an ihrem Typ. Entweder waren Lolitas nicht mehr gefragt, oder sie konnte neben den erstklassigen Models aus den Hochglanzmagazinen einfach nicht mehr bestehen. War vielleicht ein Typwechsel angesagt?
    Nein, das konnte keine Alternative sein. Sie war die, die sie war. Daran ließ sich auch mit neuen Klamotten, Pumps und einer anderen Haarfarbe nichts ändern. Sie war nun mal der Typ für eine ganz bestimmte Klientel.
    Dieser Escort-Service war bisher ein Schuss in den Ofen gewesen, gestand sie sich ein. Anfänglich war sie noch die Neue, doch als sie merkte, dass sie hier nur auf geile Böcke mit fetter Brieftasche traf, die ein bisschen Champagner und ein Abendessen springen ließen und danach zudringlich wurden, verebbten ihr Interesse und somit auch die Empfehlungen. Das war alles ziemlich eintönig, was sich da in den Hotels an der Außenalster abspielte.
    Sie suchte den Lehrer, den Beschützer, den Ankläger, den Richter, den Vollstrecker.
    Wo würde sie einen solchen Mann finden? Waren sie zu anderen Websites weitergezogen, hatte sich die kleine Szene ein neues Forum geschaffen?
    Sie wechselte zu spaceweb.com und rief ihr Profil auf. Ihr Bild zeigte sie in ausgefransten Shorts am Wasser sitzend, ihre angezogenen Knie umarmend. Im Hintergrund die Felsen einer Bucht, eingerahmt durch geknickte Bäume und einen stahlblauen Himmel. Eine Welle umspülte ihre nackten Füße. Ihr rotes, welliges Haar fiel über die Schultern. Nur im Profil war sie zu erkennen – ein zartes, sehnsüchtiges Mädchen, das am Horizont nach seinem Prinzen Ausschau hielt.
    Über die Lautsprecher erklang das Lied, das sie als Lieblingsmelodie in ihr Profil eingebaut hatte – Ich bau dir ein Bett aus Rosen, die Wände aus Glanzpapier …
    Sie überflog die Beschreibungen zu ihrer Person. Sollte sie etwas ändern?
    Name: Sternenstaub Alter: 16
    Wohnort: HH
    Sternzeichen: Fische
    Status: Single
    Motto: Das Leben ist einfach zu kurz, um unglücklich zu sein
    Interessen: Lyrik, Reisen, Freunde
    Mein Held: Wer mit mir träumen und Grenzen überschreiten kann
    Nein, das stimmte alles. Sternenstaub war ein Mädchen, das sich nur eins wünschte: Liebe und Zuneigung.
    Was bisher fehlte, war der Prinz, der sie mit auf die Reise nahm.
    Sie klickte hinüber in ihren Blog. Der letzte Eintrag war schon wieder eine Woche alt. Sie überlegte, vielleicht hatte sie zu dick aufgetragen.
     
    1000 Tränen und nicht genug. Ich habe gelernt, unter Tränen zu lachen. Niemand weiß, wie es in mir aussieht. Keine Eltern, kein Lehrer und kein Freund. Sie hören mein Flehen einfach nicht. Ich kann es ihnen ins Gesicht schreien, doch sie lachen nur. Bin ich verrückt, wie sie sagen, oder einfach nur ein verzogenes kleines Ding, das nicht gelernt hat, das Leben zu nehmen, wie es ist?
    So viel Grausamkeit, so viel Elend und Ungerechtigkeit in der Welt. Ich weine. Schluchze. Heule mir die Seele aus dem Leib. Doch ihr bleibt stumm. Verlogen seid ihr hinter eurer Maske der Arroganz. Wenn ich könnte, würde ich euch alle …
    Doch noch ist es nicht so weit. Ich habe gelernt, unter Tränen zu lachen. Aber verlasst euch nicht darauf. Der Tag wird kommen. Wo bist du nur?
     
    Das stimmte alles. Verzweiflung, Tragik, Mitleid, Hilferuf.
    An der Anzahl der Friends hatte sich nichts geändert. Noch immer waren es stolze zweihundertsiebenunddreißig. Die meisten waren Mädchen, die ihren Kummer und ihre Situation zu verstehen glaubten. Sie machten Lili Mut mit ihren Kommentaren. Dann waren da noch rund achtzig Jungen im Alter von sechzehn bis einundzwanzig. Die wollten einfach nur ein Date. Uninteressant.
    Fünfzehn Männer im richtigen Alter hatten um Aufnahme zum Freundeskreis gebeten. Sie hatte jeden Einzelnen überprüft. Sie waren allesamt harmlos, einige hatte sie sogar persönlich getroffen.
    Sie überlegte, was sie nun tun sollte. Abwarten? Einen neuen Hilferuf verfassen? Irgendwann musste es doch den Richtigen treffen.
    Sie loggte sich ein, wechselte zu ihrem Blog und startete einen neuen Eintrag.
    Dieser sollte etwas lebensfroher werden, allerdings mit

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