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Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue

Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue

Titel: Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alessandro D'Avenia
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habe: »Nein, verweiger…« Das gute alte T9. Leider hat es recht. Ich antworte mit der Wahrheit: »Ja, vor allem.«
    Schweigen. Ein Schweigen, das einen in den Wahnsinn treibt, so sehr, dass man sich die Klamotten vom Leib reißen und nackt vom Balkon brüllen möchte, dass man es nicht mehr erträgt. Ich bin nicht Eisen, ich bin nicht Feuer, ich bin nichts.
    Nachricht von Silvia: »In einer halben Stunde im Park.« Ich antworte ja mit einem Klingeln. Doch ich gehe nicht hin, ich lasse sie genauso allein, wie ich es bin. Ich bin ein Feigling, und über mein Gesicht strömen die bittersten Tränen, die ich kenne, die zu mindestens neunzig Prozent aus dem Salz der Einsamkeit und zu zehn Prozent aus Wasser bestehen.
    Dieser Schmerz ist so dicht, dass man auf ihm treibt, ohne unterzugehen.

A bend.
    Außen schwarz, innen weiß. Ich fühle mich mies. Ich habe mich an der einzigen Person gerächt, die für nichts etwas kann und mir helfen will. Silvia schweigt. Und ich stelle mir vor, wie sie einsam und allein auf der Bank sitzt, der himmelblaue Blick gesenkt, und zu jedem aufsieht, der vorbeikommt. Jetzt geht es mir noch dreckiger. Ich schreibe ihr noch eine Nachricht: »Sorry. Wir sehen uns morgen.« Weiße Stille. Wieso, bitte, suche ich die Einsamkeit und kriege eine Mordsangst, sobald ich haltlos in ihrem Weiß ertrinke? Wieso will ich, dass jemand mir einen Rettungsring zuwirft, und klammere mich nicht daran fest? Mag sein, dass ich meine Fähigkeiten, meine Träume erkenne, aber werde ich jemals wirklich etwas hinkriegen, abgesehen vom Ertrinkenden, der sich nicht helfen lässt? Ich gehe mit Terminator raus.
    Zum Schweigen ist heute selbst er gut genug.

I ch habe die ganze Nacht darüber nachgedacht, was ich Silvia sagen kann, um mich zu entschuldigen. Innerhalb weniger Stunden ist meine eiserne Rüstung weich wie Butter geworden. Ich bin das Letzte.
    Wie auch immer, ich gehe in die Schule und halte nach Silvia Ausschau. Nur einen winzigen Moment trifft ihr Blick auf meinen, der suchend durch die Menge streift: Ihre Augen sind wie aus Glas, ich sehe nur mich darin und nicht sie, die einfach wegsieht, als würde sie mich nicht kennen. Dieser verweigerte Blick stößt mich in die namenlose Menge zurück, und ich stürze ins weiße Nichts der vollkommenen Niemands.
    Ich laufe Silvia nach. Packe sie ungewollt heftig beim Arm. Noch nie habe ich sie so angefasst, nicht mal aus Spaß. Mit verletzter Miene macht Silvia sich los.
    »Ich dachte immer, ich hätte einen Freund. Lass mich in Ruhe, du kommst nur, wenn du was willst, aber die anderen sind dir scheißegal.«
    Ich kann noch nicht einmal den Mund aufmachen, da ist sie schon verschwunden, als hätte ein Strudel sie verschluckt. Ich folge ihr durch den Dschungel aus Hüfthosen, remple zwei oder drei Irre aus der Elf an, die mir einen Arschtritt verpassen.
    »Fick dich.«
    Ich sehe sie in den Toilettenflur einbiegen und stürme ohne nachzudenken in die Toilette voller sich schminkender, rauchender und Jeansmarken vergleichender Mädchen. Sie glotzen mich fassungslos an, während sich Silvia in ein Klo einschließt.
    »Was willst du Arsch denn hier?«, fragt mich eine Dunkelhaarige mit zwei schwarzen Balken anstelle der von lila Lidschatten umkleisterten Augen.
    »Ich … ich muss mit einem Mädchen reden«, entgegne ich, als wäre es das normalste der Welt.
    »Auf die kannst du draußen warten. Und außerdem kannst du’s eh vergessen, die ist viel zu geil für ’ nen Loser wie dich.«
    Sie lachen. Ihre Worte jagen mich aus dem Mädchenklo, als wären sie der Geifer auf den gefletschten Zähnen eines rasenden Köters. Vorsichtig weiche ich zurück und stürze in einen verborgenen Abgrund. In der bodenlosen Tiefe der Einsamkeit gibt es keinen Fallschirm.
    »Was machst du hier?«
    Natürlich ist das die Stimme des Direktors, der mich anbrüllt, ich soll mit in sein Büro kommen. Zuerst die Flucht vor Beatrice, dann die Abfuhr von Silvia, und jetzt werde ich auch noch für einen Spanner gehalten. Binnen achtundvierzig Stunden habe ich gelernt, dass es verschiedene Abstufungen von Schwarz gibt. Mindestens drei habe ich auf dem Weg ins absolute Dunkel schon durchlaufen … Schade, dass das nicht das Ende eines Melodramas ist, sondern erst der Anfang.

M eine Eltern, die wegen meines ungebührlichen Betragens zum Direktor gerufen wurden, sind überzeugt, ich hätte meine pubertären Hormonschübe nicht unter Kontrolle und verschaffte mir gewaltsam Zutritt zu

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