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Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue

Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue

Titel: Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alessandro D'Avenia
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sauverdammtes Pech!

E r hat schwarze Haare. Schwarze Augen. Eine schwarze Jacke. Er sieht aus wie der Todesstern aus Krieg der Sterne . Fehlt nur noch der Pesthauch, mit dem er seine Schüler und Kollegen umbringt. Er weiß nicht, was er mit uns machen soll, weil keiner ihm was gesagt hat und das Handy von der Argentieri abgeschaltet ist. Die Argentieri weiß noch nicht mal, wie man ein Handy benutzt. Ihre Kinder haben es ihr geschenkt. Man kann auch Fotos damit machen, aber sie hat keinen Blassen. Sie hat es nur wegen ihres Mannes, der ist nämlich krank. Hat Krebs, der Ärmste! Ein Haufen Leute kriegt Krebs. Wenn’s einen an der Leber erwischt, kann man nichts machen. Da hat man Pech gehabt. Und ihr Mann hat Krebs an der Leber.
    Die Argentieri hat mit uns nie darüber gesprochen, die Nicolosi, unsere Sportlehrerin, hat’s uns erzählt. Ihr Mann ist Arzt. Und der Mann von der Argentieri macht die Chemotherapie in dem Krankenhaus, in dem der Mann von der Nicolosi arbeitet. Mann, die Argentieri hat’s aber auch mies erwischt! Die ist sterbensöde, kleinkariert bis zum Abwinken und völlig fixiert auf diesen Typen, der gemeint hat, man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen, was ich total naheliegend finde … Aber sie tut mir leid, wenn sie heimlich auf ihr Handy schielt, um zu sehen, ob ihr Mann angerufen hat.
    Trotzdem versucht der Vertretungslehrer Unterricht zu machen, aber wie allen Vertretungen gelingt ihm das nicht, weil sich natürlich alle einen Dreck um ihn scheren. Die ideale Gelegenheit, es krachen zu lassen und sich über einen gescheiterten Erwachsenen lustig zu machen. Irgendwann melde ich mich und frage ihn ganz ernst:
    »Wie sind Sie eigentlich darauf gekommen, diesen Job zu machen …«
    »… Sie arme Sau?«, hänge ich leise hintendran.
    Alle lachen. Er zuckt nicht mit der Wimper.
    »Daran ist mein Großvater schuld.«
    Der tickt wirklich nicht mehr sauber.
    »Als ich zehn war, hat der mir eine Geschichte aus Tausendundeine Nacht erzählt.«
    Schweigen.
    »Aber jetzt wollen wir über die karolingische Renaissance reden.«
    Die Klasse sieht mich an. Ich hab angefangen, also muss ich auch weitermachen. Sie haben recht. Ich bin ihr Held.
    »Entschuldigen Sie, Herr Lehrer, meinen Sie die Geschichte von Tausendundei… na ja, die eben?«
    Jemand lacht. Stille. Eine Western-Stille. Seine Augen in meinen.
    »Ich dachte, es interessiert dich nicht, wie man eine arme Sau wird …«
    Schweigen. Ich verliere das Duell. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.
    »Nein, interessiert uns wirklich nicht.«
    Eigentlich interessiert es mich doch. Ich will wissen, weshalb einer davon träumt, eine arme Sau zu werden und den Traum auch noch wahr macht. Und froh darüber zu sein scheint. Die anderen sehen mich schief an. Nicht mal Silvia hält zu mir:
    »Doch, erzählen Sie, es interessiert uns.«
    Während ich im Weiß versinke, fängt der Pauker an, mit Fanatikerblick zu erzählen:
    »Mohammed el Magrebi lebte in Kairo, in einem kleinen Häuschen mit Garten mit einem Feigenbaum und einem Brunnen darin. Er war arm. Er schlief ein und träumte von einem triefend nassen Mann, der sich ein Goldstück aus dem Mund zog und zu ihm sagte: ›Dein Glück liegt in Persien, in Isfahan … du wirst einen Schatz finden … mach dich auf!‹ Mohammed erwachte und machte sich sofort auf den Weg. Unter zahllosen Gefahren erreichte er Isfahan. Während er völlig erschöpft nach etwas Essbarem suchte, wurde er mit einem Dieb verwechselt.
    Sie droschen mit Bambusstöcken auf ihn ein und prügelten ihn fast zu Tode. Schließlich fragte ihn der Hauptmann: ›Woher kommst du und was willst du hier?‹ Der Mann sagte ihm die Wahrheit: ›Ich habe von einem triefend nassen Mann geträumt, der mich hierhergeschickt hat, weil ich hier einen Schatz finden würde. Schöner Schatz, eure Schläge!‹ Der Hauptmann lachte und sagte: ›Dummkopf, du glaubst an Träume? Ich habe dreimal von einem ärmlichen Häuschen in Kairo geträumt, hinter dem ein Garten liegt, und hinter dem Garten steht ein Feigenbaum, und dahinter ist ein Brunnen, und unter dem Brunnen liegt ein riesiger Schatz! Aber ich habe mich nie von hier weggerührt, du Dummkopf! Hau ab, leichtgläubiger Tölpel!‹ Der Mann kehrte heim, fing an, unter dem Brunnen in seinem Garten zu graben, und fand den Schatz!«
    Er hat beim Erzählen die richtigen Pausen gemacht, wie ein Schauspieler. Schweigen und große Augen bei meinen Klassenkameraden, sie sehen aus wie Ciuffo, wenn er

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