Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid
sah erleichtert, dass Felix hereinkam. »Sie vermuten, dass es Gift war«, flüsterte er. »Sie werden ihr den Magen auspumpen. Das ist die einzige Chance, die sie hat.«
Felix nickte und streichelte flüchtig seine Hand. »Keine Sorge, sie ist hier in guten Händen. Du wirst sehen, alles wird gut!«
Guido wollte so gern glauben, was sein Freund sagte. Doch wenn alles ein gutes Ende nehmen sollte, weshalb war Felix dann so blass? Und weshalb stand Alka auf einmal vor ihm?
49
Die Frau starrte fassungslos auf das Einschreiben, das ihr der Postbote ausgehändigt hatte. Es war von Philipp, abgestempelt in Nuuk – wo auch immer das sein mochte.
Ihr Noch-Ehemann ließ sie in knappen Worten wissen, dass er sofort nach seiner Rückkehr die Scheidung einreichen und zusammen mit Sarah ausziehen würde. Er bat sie, seine Sachen zusammenzupacken, damit er später keine unnütze Zeit damit verlieren musste.
Nachdem der erste Schreck sich gelegt hatte, gewann schließlich die Freude überhand. Freude darüber, diesen Langweiler endlich los zu sein, den sie nie geliebt hatte, und darüber, dass er eine böse Überraschung erleben würde, wenn er vor ihrer Tür stand: Denn leider, leider würde sie ihm sagen müssen, dass seine über alles geliebte Tochter nicht mehr am Leben war…
Wie gut, dass ich mich damals so standhaft geweigert habe, einen Ehevertrag zu unterschreiben, dachte sie triumphierend und begann systematisch, den gemeinsamen Kleiderschrank von Philipps Kleidung zu befreien. In Kisten packen kannst du das Zeug selbst!, dachte sie giftig, knüllte alles zusammen und warf den Haufen mitten auf den Boden in sein Arbeitszimmer. Die Badezimmerutensilien und seine Bücher flogen direkt hinterher. Für das Mountainbike würde sie sich ebenfalls etwas einfallen lassen. Wenn sie Lust dazu hatte, konnte sie später noch den einen oder anderen Ärmel abschneiden, Knöpfe abtrennen oder Löcher in den Stoff brennen. An Fantasie hatte es ihr schließlich noch nie gemangelt.
Hoffentlich reicht das Geld aus der Scheidung, um meine Schulden bei der Bank zu bezahlen, dachte die Frau in einem ruhigen Moment, als sie sich bei einer Tasse Tee von ihrem Werk erholte. Die Schulden waren schließlich der Grund gewesen, Philipp zu heiraten.
Als sie ihm vor beinahe zwölf Jahren auf dem Weihnachtsmarkt begegnet war, war sie am Ende ihrer Kräfte gewesen. Und am Ende ihrer finanziellen Möglichkeiten.
Sie war in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen: Ihr Vater war Kneipier auf dem Kiez gewesen und hatte seinen Laden in den Konkurs getrieben, weil er zu viel trank. Die Mutter war zu schwach gewesen, um sich gegen ihn aufzulehnen. Sie war früh gestorben, weil sie das häusliche Elend nicht mehr ertragen konnte. Bella, mit vollem Namen Isabella, war von da an von dem Ehrgeiz besessen gewesen, es einmal besser zu haben. Doch all ihre Versuche, beruflich etwas auf die Beine zustellen, waren in einem Fiasko geendet. Ihr Nagelsalon war pleitegegangen, für das Sonnenstudio hatte sie keine Lizenz gehabt und war erwischt worden. Der reiche Typ, den sie im Dollhouse kennengelernt hatte, als sie noch Tabledancerin gewesen war, hatte sie angezeigt, weil sie ihm Bargeld und Kreditkarten gestohlen hatte. Seit dieser Zeit waren die Banken, das Finanzamt und zeitweise auch die Polizei hinter ihr her gewesen.
Philipp hatte sich nach der Heirat verpflichtet, Stück für Stück ihre Schulden zu begleichen, doch der Betrag war noch lange nicht abbezahlt.
Ein Lächeln erhellte das Gesicht der Frau. Wie naiv dieser Mann damals gewesen war. Und wie traurig.
Bella hatte ein denkbar leichtes Spiel mit ihm gehabt. Sie hatte ihn umsorgt, verwöhnt, ihm jeden Wunsch von den Lippen abgelesen. Sie hatte ihn glauben lassen, es sei ihr größtes Glück, sich um seine Tochter zu kümmern, wenn er auf Reisen war. Und ein ebenso großes, für ihn da zu sein, ihn zu trösten und aufzufangen, wenn der Kummer über den Tod seiner Frau ihm wieder einmal den Boden unter den Füßen wegriss.
Ja, Philipp war damals leichte Beute gewesen und würde auch jetzt, nach der Scheidung, dafür sorgen müssen, dass sie nicht ins Gefängnis musste. Nein, sie würde ihn nicht vom Haken lassen, zumindest nicht in dieser Hinsicht.
50
Ich blinzelte in diffuses Licht, von einem Strahlenkranz umgeben, und versuchte, mich zu konzentrieren. Alles war verschwommen und ich hatte Mühe, einen Punkt zu fixieren. Was war nur los mit mir?
»Sie ist aufgewacht!«, hörte ich eine Stimme
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