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Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Titel: Weißer Fluch: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
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besonders viel über eine gewisse Person nach. Wer denkt, redet auch, Cassel. Damals waren andere für dich da. Sei du jetzt für diese Menschen da und vergiss sie. «
    » Und wenn das nicht geht? « , frage ich. Keine Ahnung, was sie weiß oder auf wessen Seite sie steht, aber das Kind in mir möchte glauben, dass sie mir helfen würde, wenn sie könnte.
    Sie zögert kurz. » Sie ist gestorben, Baby. Du darfst nicht zulassen, dass sie immer noch so viel Macht– «
    » Mom « , unterbreche ich sie. Ich entferne mich weiter von der Küche, bis ich vor dem Panoramafenster im Wohnzimmer stehe, schon fast an der Haustür. » Was für ein Fluchwerker ist Anton? «
    Sie senkt die Stimme. » Anton ist Zacharovs Neffe, sein Erbe. Halt dich von ihm fern, und erlaube deinen Brüdern, auf dich aufzupassen. «
    » Ist er ein Gedächtniswerker? Sag mir wenigstens das. Ja oder nein? «
    » Gib mir Philip wieder. «
    » Mom « , sage ich noch mal. » Bitte. Sag es mir. Ich bin zwar kein Fluchwerker, aber immer noch dein Sohn. Bitte. «
    » Hol deinen Bruder ans Telefon, Cassel. Sofort. «
    Einen Augenblick lang erwäge ich aufzulegen. Oder das Telefon gegen den Boden zu donnern, bis es kaputtgeht. Beides bringt gar nichts, höchstens eine gewisse Befriedigung.
    Ich gehe durch das Haus und lege das Telefon neben Philips Kuchenteller.
    » Zu meiner Zeit « , sagt Großvater. Er hält seinen üblichen Monolog. » Zu meiner Zeit hatte man noch Respekt vor Fluchwerkern. Wir sorgten für Frieden in der Nachbarschaft. Klar war das illegal, aber die Bullen haben woanders hingeguckt, wenn sie wussten, was gut für sie war. «
    Er ist total betrunken.
    Barron und Großvater gehen ins Wohnzimmer, um fernzusehen. Philip telefoniert auf der anderen Leitung immernoch mit Mom, während Maura an der Spüle steht und den Abfall in den Müllschlucker kratzt. Sie scheuert einen Topf und fletscht dabei die Zähne wie ein bissiger Hund.
    Ich möchte ihr von den fehlenden Erinnerungen erzählen, aber ich weiß nicht, wie ich es anstellen soll, ohne sie zu vergraulen.
    » Danke für das leckere Essen « , sage ich schließlich.
    Sie dreht sich blitzschnell um und entspannt ihre Züge zu einem netten, unverbindlichen Lächeln. » Die Möhren sind mir angebrannt. «
    Zappelig wie ich bin, stecke ich die Hände in die Hosentaschen. » Sie waren köstlich. «
    Sie runzelt die Stirn. » Möchtest du irgendwas, Cassel? «
    » Ich wollte mich bedanken. Dafür, dass du mir neulich den Gefallen getan hast. «
    » Und dafür, dass ich deine Schule anlügen soll? « , fragt sie mit einem gerissenen Lächeln. Dabei trocknet sie den Topf ab. » Sie haben noch nicht angerufen. «
    » Kommt noch. « Ich nehme ein Geschirrtuch und wische das Spülwasser von einem Messer. » Habt ihr keine Spülmaschine? «
    » Davon werden die Messer stumpf « , belehrt sie mich, nimmt es mir weg und legt es in eine Schublade. » Und im Topf ist zu viel angebrannt. Manche Sachen muss man eben immer noch von Hand machen. «
    In einem plötzlichen Impuls werfe ich das Trockentuch auf die Arbeitsplatte. » Ich habe was für dich. « Ich gehe zu dem Stuhl, über dem mein Jackett hängt, und greife in die Innentasche.
    » Komm, setz dich zu uns « , ruft Barron.
    » Gleich « , antworte ich und gehe schnell in die Küche zurück.
    » Hör mal « , sage ich zu Maura, als ich ihr das Onyx-Amulett zeige. » Ich weiß noch, was du über die Frau eines Fluchwerkers gesagt hast, aber– «
    » Wie aufmerksam von dir « , sagt sie. Der Stein glänzt unter den Einbauleuchten an der Decke wie ein Tropfen Teer. » Genau wie dein Bruder. Ihr versteht nicht, dass man euch nur einen Gefallen tun will. Bei euch geht es immer um ein Tauschgeschäft. «
    » Näh dir das in deinen BH « , dränge ich sie. » Versprochen? «
    » Entzückend. « Sie neigt den Kopf. » Du siehst ihm ähnlich, wusstest du das? Meinem Mann. «
    » Kann sein « , sage ich, » wir sind Brüder. «
    » Du siehst gut aus mit diesem schwarzen Wuschelkopf. Und dem schiefen Lächeln. « Sie macht mir Komplimente, aber es hört sich nicht nett an. » Übst du dieses Lächeln heimlich? «
    Manchmal, wenn ich unter Druck bin, muss ich unwillkürlich grinsen. » Mein Lächeln ist von Natur aus schief. «
    » Du bist nicht so charmant, wie du denkst « , sagt sie und baut sich so nah vor mir auf, dass ich ihren warmen und sauren Atem im Gesicht spüre. Als ich einen Schritt zurückweiche, stoße ich mit den Hüften an die Kante der

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