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Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Titel: Weißer Fluch: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
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schwindelerregend hoch. Großvater hatte etwas zurückgelegt, aber das haben wir längst aufgebraucht. Ich musste ein wenig zulegen und ich gebe mein Möglichstes. Ich will, dass wir was haben, Cassel. Ich will, dass mein Sohn bekommt, was er braucht. « Er trinkt noch einen Schluck und lacht in sich hinein. Seine Augen glänzen, als er mich wieder ansieht, und ich frage mich, wie viel er schon getrunken hat. Jedenfalls genug, um sich sichtbar zu entspannen.
    » Okay « , sage ich.
    » Das geht aber nicht ohne Risiko. Und wenn ich dir jetzt sagen würde, dass ich für ein bestimmtes Ding deine Hilfe brauche? « , fragt Philip. » Wir beide, Barron und ich, wir zählen auf dich. « Mir fällt Lila ein, wie sie mich im Traum um Hilfe bittet. Bei all den verschiedenen Gedächtnisschichten wird mir ganz schwindelig.
    » Ihr wollt, dass ich euch helfe? « , frage ich.
    » Ich will, dass du uns vertraust. « Philip legt den Kopf schief und schenkt mir ein herablassendes Großer-Bruder-Lächeln. Als würde er mir eine wertvolle Lehre erteilen.
    » Ich werde ja noch meinen eigenen Brüdern vertrauen können, oder? « , frage ich. Ich glaube, es gelingt mir, die Ironie für mich zu behalten.
    » Richtig « , sagt er. Es hat etwas Trauriges und Müdes, wie er die Schultern hängen lässt. Es wirkt eher resigniert als brutal. Auf einmal zweifele ich an meinen Schlussfolgerungen. Besonders wenn ich daran denke, wie wir alle klein waren und wie glücklich ich war, wenn Philip sich ausnahmsweise einmal mit mir befasste– selbst wenn er mich nur in der Gegend herumschickte. Dankbar lief ich los, um ihm ein Bier aus dem Kühlschrank zu holen, öffnete es gekonnt wie ein Barkeeper und grinste ihn an, während ich auf sein beiläufiges anerkennendes Nicken wartete.
    Und jetzt sitze ich wieder hier und versuche mir etwas auszudenken, damit er nicht der Böse ist. Warte immer noch auf das Nicken. Alles nur, weil er mich endlich wieder ansieht.
    » Es wird sich bald einiges ändern, für uns alle. Und zwar gründlich. Dann lassen wir es uns gut gehen. « Er macht eine schwungvolle Bewegung, mit der er versehentlich eins der Weingläser umstößt, das Maura noch nicht abgeräumt hatte. Es ist nur noch wenig Flüssigkeit darin, die sich jedoch als rosa Welle über die Tischdecke ergießt. Philip merkt es nicht einmal.
    » Und was soll sich ändern? « , fragte ich ihn.
    » Ich kann hier nicht ins Detail gehen « , sagt er mit einem Blick ins Wohnzimmer. Dann steht er schwankend auf. » Am besten, du machst für den Augenblick keinen Aufstand und lässt Mom in Ruhe, versprich mir das. «
    Ich seufze. Unsere Unterhaltung dreht sich im Kreis. Er möchte, dass ich ihm vertraue, dabei traut er mir selbst nicht über den Weg. Er will, dass ich ihm gehorche. » Klar « , lüge ich. » Ehrenwort. Die Familie steht für die Familie ein, schon kapiert. «
    Beim Aufstehen stelle ich fest, dass das umgestoßene Weinglas nicht so leer ist, wie es aussah. Am Boden klebt etwas fest. Ich beuge mich vor und fahre mit dem Finger durch den Sirup aus zuckerartigen Körnchen, während ich mich zu erinnern versuche, wer wo gesessen hat.

    Obwohl Maura protestiert und Barron verärgert darauf besteht, dass wir bleiben, schleppe ich Großvater zum Auto. Mein Herz schlägt so schnell, als würde ich gegen irgendwen kämpfen, als ich ihre Angebote ablehne, im Büro oder auf dem Sofa zu schlafen. Ich behaupte, ich wäre nicht müde. Dazu erfinde ich eine Geschichte, dass Großvater am nächsten Morgen mit einer Witwe zum Bingospielen verabredet sei.
    Großvater ist schwer und steht dermaßen unter Betäubungsmitteln, dass er kaum ansprechbar ist.
    Philip hat ihm was in den Wein getan. Warum, ist mir schleierhaft, aber ich denke an das Zeug im Glas. Das kann nur Philip gewesen sein.
    » Jetzt bleib doch « , sagt Barron zum tausendsten Mal.
    » Du lässt ihn noch fallen « , sagt Philip. » Pass auf. «
    » Hilf mir einfach « , ächze ich.
    Philip drückt seine Zigarette an der Aluminiumverkleidung des Hauses aus und schiebt seine Schulter unter Großvaters Arm, um ihn anzuheben.
    » Bringt ihn wieder ins Haus. « Als Barron das sagt, tauscht er einen Blick mit Philip, ehe er die Stirn noch mehr in Falten legt. » Cassel, wie willst du ihn denn aus dem Auto ins Haus tragen, wenn du hier schon Philips Hilfe brauchst? «
    » Bis dahin ist er wieder halbwegs nüchtern « , sage ich.
    » Und wenn nicht? « , ruft Barron, aber Philip hilft Großvater zur

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