Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)
festgehalten. Erst dachte ich, es wäre Spaß und dass er bloß mit mir rummachen wollte. Dann kam Philip mit dir und sagte etwas zu dir, aber du hast immer nur den Kopf geschüttelt. «
Das stimmt nicht, möchte ich am liebsten sagen, aber ich habe natürlich keine Ahnung.
» Ich habe Barron angefleht, mich aufstehen zu lassen, aber er sah mich nicht mal an. Philip zog ein Messer hervor, und in dem Moment sah es so aus, als hättest du deine Meinung geändert. Du bist auf mich zugekommen und hast auf mich hinuntergeblickt, ohne mich richtig anzusehen. Als wüsstest du eigentlich gar nicht, wer ich bin. Dann wollte Barron aufstehen, und ich war erleichtert, aber du hast meine Handgelenke genommen und auf den zerschlissenen Teppich gedrückt. Du hast mich fester runtergedrückt als er. «
Schluckend schließe ich die Augen, solche Angst habe ich vor dem, was sie gleich sagen wird.
Die Schritte auf der Treppe bringen sie zum Schweigen.
» Und? « , flüstere ich, lauter als geplant. Wahrscheinlich aber noch leise genug, um nicht gehört zu werden. » Wie ging es weiter? «
Sie legt mir die bloße Hand auf den Mund. » Klappe. « Obwohl sie flüstert, klingt sie böse.
Wenn ich mich wehre, mache ich wirklich zu viel Lärm.
» Ich will nicht, dass du es Anton sagst « , sagt Philip. Er ist so nahe, dass Lila am ganzen Körper zusammenzuckt. Ich lege meine Hand auf ihren Oberarm, um sie zu beruhigen, aber sie zittert nur noch mehr.
» Was soll ich ihm nicht sagen? « , fragt Barron. » Dass du glaubst, Cassel würde kneifen? Und wenn die ganze Sache deswegen schiefgeht? «
» Ich will nicht, dass uns alles um die Ohren fliegt. Und Anton dreht sowieso immer mehr durch. «
» Um Anton kümmern wir uns, wenn die Sache erledigt ist. Cassel geht’s gut. Du bemutterst ihn zu sehr. «
» Ich sehe eben auch das Risiko. Der Plan ist gefährlich und wir brauchen Cassel dafür. Ich glaube, du hast vergessen, ihn vergessen zu lassen. «
» Und weißt du, was ich denke? « , sagt Barron. » Ich denke, deine Frau, die alte Schlampe, ist das Problem. Ich hab dir ja gesagt, du hättest sie loswerden sollen. «
» Halt’s Maul. « Ich höre das Knurren unter Philips vorgetäuschter Ruhe.
» Okay, aber er war neulich nach dem Essen ganz schön lange bei ihr in der Küche. Anscheinend hat sie eins und eins zusammengezählt und ist abgehauen. «
» Aber Cassel– «
» Nichts Cassel. Sie hat ihm von ihrem Verdacht erzählt. Und er hat ein bisschen rumspioniert, ob da was dran ist. Um zu sehen, wie du reagierst. Er weiß noch nichts, und wenn du jetzt nicht ausflippst, bleibt es auch dabei. Ganz einfach. Fall erledigt. Und jetzt fahren wir. «
» Und was ist mit Lila? «
» Wir werden sie finden « , sagt Barron. » Sie ist eine Katze. Was kann sie schon anstellen? «
Die Haustür schlägt zu. Wir warten gefühlte zehn Minuten, ehe wir uns unter der Stange hindurchducken und die Schranktür öffnen. Ich schaue mich um. Ein heilloses Durcheinander, aber so war es vorher auch schon.
Lila kommt nach mir aus dem Schrank, und als ich mich zu ihr umschaue, zuckt es um ihre Mundwinkel. Sie geht zum Badezimmer.
Ich packe sie am Handgelenk. » Warum machst du das? Sag es mir. Wie du Barron entkommen bist. Warum du mich mit diesem verrückten Traum auf das Dach von Smythe Hall gelockt hast. «
» Ich wollte dich töten « , sagt sie, und ihr Lächeln wird breiter.
Ich lasse ihre Hand fallen, als hätte ich mich verbrannt. » Was? «
» Ich konnte es nicht « , sagt sie. » Ich hasste dich noch mehr als sie und trotzdem konnte ich es nicht. Das ist doch schon mal was, oder? «
Ich fühle mich, als hätte sie mir die Luft aus der Lunge gepresst.
» Nein « , sage ich. » Das ist nichts. Weniger als nichts. «
Knarrend geht die Küchentür auf. Lila drückt sich an die Wand und wirft mir einen warnenden Blick zu. Die Zeit reicht nicht aus, um zum Schrank zurückzusprinten. Deshalb gehe ich in die Küche, um zu sehen, was kommt. Und um Lila einen Vorsprung zu geben, damit sie sich verstecken kann.
Philip steht in der Tür und lächelt mich an. » Ich wusste, dass du da bist. «
» Bin gerade reingekommen « , sage ich, obwohl er weiß, dass ich lüge.
Als er einen Schritt auf mich zugeht, gehe ich einen Schritt zurück. Will er mich etwa umbringen? Ich hebe die Hände hoch; Handschuhe habe ich immer noch nicht an, aber das fällt ihm gar nicht auf.
» Du musst ihr etwas sagen « , beginnt Philip, und einen Augenblick lang
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