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Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Titel: Weißer Fluch: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
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Besitzer, lächelt mich an. » Das ist ein guter Junge « , erzählt er Lila. » Höflich. Stiehlt nicht. Anders als die anderen. Halt ihn dir warm. «
    Das bringt mich zum Lachen.
    Draußen lehne ich mich an die Mauer. » Willst du deine Mom anrufen? «
    Lila schüttelt den Kopf. » Bei dem Klatsch und Tratsch in Carney? Bestimmt nicht. Außer meinem Vater soll niemand erfahren, dass ich wieder da bin. «
    Ich nicke langsam. » Dann rufen wir ihn an. «
    » Ich muss erst mal duschen « , sagt Lila und dreht an dem Griff der Plastiktüte an ihrem Handgelenk. Sie hat Sachen von mir an; mit den aufgekrempelten Hosenbeinen, dem weiten T-Shirt und den Schnürstiefeln sieht sie wie eine Obdachlose aus.
    Ich rufe denselben Taxidienst an, der uns hergefahrenhat. » Wir können nirgends hin, um uns zu waschen « , sage ich.
    » Ins Hotel « , sagt sie.
    Nicht weit von hier gibt es ein nettes, schlichtes Hotel, in dem manchmal Eltern von Schülern übernachten, aber das wird nicht funktionieren. » Glaub mir, die geben uns kein Zimmer, nie im Leben. Das probieren die Schüler permanent. «
    Sie zuckt die Achseln.
    Ich klappe das Handy wieder zu. » Ich hab’s « , sage ich. Während in der Schule geputzt wird, sind die Zimmer nicht abgeschlossen. Auf diese Weise kommen wir zwar nicht an ein Zimmer, aber wenn wir Glück haben, kann sie wenigstens irgendwo duschen.
    Als wir über den Parkplatz gehen, sehe ich Audrey mit ihren beiden Freundinnen Stacey und Jenna. Stacey zeigt mir den Mittelfinger und Jenna stupst Audrey mit dem Ellbogen an. Ich weiß, ich sollte wegsehen, tue es aber nicht. Audrey hebt den Kopf. Ihr Blick ist verhangen.
    » Kennst du die? « , fragt Lila.
    » Ja « , sage ich und will nun doch ins Hotel gehen.
    » Sie ist hübsch « , sagt Lila.
    » Ja « , sage ich noch mal und ramme meine Hände tief in die Hosentaschen– ich spüre die Naht durch die Handschuhe.
    Lila sieht sich noch einmal um. » Wetten, dass sie eine Dusche hat? «
    Und noch was, das Mom mir immer wieder gepredigt hat. Bei jedem Betrug muss man erst mal das Vertrauen des Opfers gewinnen, aber es ist immer besser, wenn du dem Opfer das Spielchen nicht selbst vorschlägst. Deshalb braucht man für derartige Täuschungsmanöver einen Partner.
    » Cassel hat mir viel von dir erzählt « , sagt Lila zu Audrey. Ihr Lächeln verwandelt sie von einer Obdachlosen in ein ganz normales Mädchen, trotz ihrer ungewaschenen Haare.
    Audrey schaut von mir zu Lila und wieder zurück, als wüsste sie nicht genau, ob wir uns über sie lustig machen.
    » Was hat er gesagt? « , fragt Jenna und nimmt einen großen Schluck Diät-Cola.
    » Meine Cousine ist gerade aus Indien zurückgekommen « , sage ich und weise mit einem Nicken auf Lila. » Ihre Eltern leben in einem Ashram. Ich habe ihr von Wallingford erzählt. «
    Audrey stützt die Hände in die Hüften. » Das ist deine Cousine? «
    Lila zieht kurz die Brauen zusammen und grinst dann breit. » Oh! Du meinst, weil ich so hellhäutig bin, stimmt’s? «
    Stacey schreckt zurück. Audrey sieht mich an, um herauszufinden, ob ich beleidigt bin. In Wallingford gilt es als politisch korrekt, Rasse als Tabuthema zu behandeln. Darüber spricht man nicht. Braune Haut und dunkle Haare sind genauso unsichtbar wie rote oder blonde Haare oder eine Haut, die so weiß ist, dass man die blauen Adern sehen kann.
    » Aber es stimmt trotzdem « , sagt Lila. » Wir sind Stiefcousins. Meine Mutter hat den Bruder seiner Mutter geheiratet. «
    Meine Mutter hat gar keinen Bruder.
    Ich zucke nicht mit der Wimper.
    Ich lächele nicht.
    Ich gestehe mir auch nicht ein, dass mein Puls rast, weil wir das Mädchen hinters Licht führen, in das ich vielleicht noch verliebt bin.
    » Audrey « , sage ich, weil ich genau weiß, wie es weitergehen soll, » kann ich kurz mit dir reden? «
    » Cassel « , sagt Lila. » Ich muss mir die Haare schneiden. Ich muss duschen. Jetzt komm schon. « Sie grinst Audrey an und zieht mich am Arm. » Nett, dich kennenzulernen. «
    Ich wende den Blick nicht von Audrey und warte auf ihre Antwort.
    » Ihr könnt doch reden, wenn du wieder zurück zur Schule darfst « , sagt Jenna.
    » Sie könnte im Schlaftrakt duschen « , schlägt Audrey zögernd vor.
    Ich bin ein schlechter Mensch.
    » Heißt das, wir können reden? « , frage ich sie. » Das wäre wirklich toll. «
    » Klar « , sagt sie, ohne mich anzusehen.
    Während wir alle zur Schule zurückgehen, grinst Lila mich an. » Easy « , sagt sie

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