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Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Weißer Fluch: Band 1 (German Edition)

Titel: Weißer Fluch: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
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habe, lehnt noch genau so an der Wand, wie ich es hingestellt habe. Als wäre ich jemand anders, nehme ichesin die Hand und fühle sein Gewicht. Rost zieht sichüber die Klinge. Das Schwert liegt schwer in meinen Händen, ganz anders als die leichten Fechtdegen in der Schule.
    Wenn du mich liebst, musst du mir den Kopf abhacken.
    » Lila « , sage ich. » Ich weiß nicht, wie ich dich verwandeln soll. «
    Sie tappt zur Tischkante und springt auf den Boden. Unwirklich. Alles ist so unwirklich. Nichts von alldem passiert.
    » Ich denke darüber nach, etwas zu tun, um mich zu zwingen. Etwas Verrücktes. Damit die Magie rauskommt. «
    Das ist dumm. Jemand muss mich aufhalten. Sie muss mich aufhalten.
    Sie reibt ihre Wange an der Klinge, schließt die Augen und reibt dann ihren ganzen Körper daran. Vor und zurück. Vor und zurück.
    » Hältst du das wirklich für eine gute Idee? «
    Jaulend springt sie auf den Tisch zurück. Dort bleibt sie sitzen und wartet.
    Ich lege ihr die Hand auf den Rücken.
    » Ich werde jetzt das Schwert auf deinen Kopf niedersausen lassen. Aber ich werde dich nicht treffen. «
    Halt mich auf.
    » Halt still. «
    Sie beobachtet mich nur, sie wartet. Bis auf den zuckenden Schwanz bewegt sie sich nicht.
    Ich hebe das Schwert über den Kopf und schwinge es nach unten auf ihren kleinen Körper. Ich lege mein volles Gewicht in diesen Schlag.
    Oh Gott, ich werde sie zum zweiten Mal töten.
    Und dann sehe ich es. Alles gerät in Fluss. Ich weiß, dass ich das Schwert in meiner Hand in eine Taurolle, eine Wasserfläche, eine dünne Staubschicht verwandeln kann. Die Katze ist nicht mehr ein Gebilde aus zerbrechlichen Vogelknochen und Fell. Ich sehe den schlecht gewobenen Fluch auf ihr, der das Mädchen darunter verbirgt. Ein kurzes mentales Ziehen reicht und er zerreißt.
    Auf einmal schwinge ich das Schwert auf die nackte Gestalt eines kauernden Mädchens. Ich weiche zurück und verliere das Gleichgewicht.
    Als ich auf dem Boden lande, fliegt mir das Schwert aus den Händen. Es bohrt sich in eine venezianische Truhe am anderen Ende des Esszimmers.
    Lila ist ein wirres Knäuel verhedderter heufarbener Locken und sonnenverbrannter Haut. Sie versucht aufzustehen, aber es gelingt ihr nicht. Vielleicht hat sie vergessen, wie.
    Als mich der Rückstoß diesmal erwischt, ist es, als würde mein Körper versuchen, sich selbst zu zerreißen.
    » Cassel « , sagt sie. Sie beugt sich über mich, in einem zu großen T-Shirt. Als ich den Kopf drehe, kann ich ihre nackten Beine fast in der gesamten Länge sehen. » Cassel, da kommt jemand. Wach auf. «
    Meine Rippen tun wieder weh. Ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht ist. Ich brauche nur ein wenig Schlaf. Wenn ich lange genug schlafe, werde ich beim Aufwachen wieder in Wallingford sein. Sam wird sich mit zu viel Aftershave einduseln und alles wird wieder so sein, wie es sein sollte.
    Sie gibt mir eine schallende Ohrfeige.
    Ich hole tief Luft und schlage die Augen auf. Meine Wange brennt. Aus dem Augenwinkel sehe ich den Schwertgriff und eine zerbrochene Vase, die offenbar von der Truhe gefallen ist. Überall auf dem Boden sind Bücher und Papiere verstreut.
    » Da kommt jemand « , wiederholt sie. Ihre Stimme klingt anders als in meiner Erinnerung. Krächzend, heiser.
    » Mein Großvater « , sage ich. » Er war einkaufen. «
    » Da draußen sind zwei Männer. « Ihr Gesicht ist mir vertraut und fremd zugleich. Wenn ich sie ansehe, bekomme ich Magenschmerzen. Ich strecke die Hand aus.
    Sie zuckt zusammen. Natürlich will sie nicht, dass ich sie berühre. Wenn man bedenkt, wozu ich fähig bin.
    » Beeil dich « , sagt sie.
    Taumelnd stehe ich auf. » Oh « , sage ich laut, weil mir wieder eingefallen ist, was ich am Telefon zu Philip gesagt habe. Ich weiß gar nicht, wie ich mich je für einen Meister der Täuschung halten konnte.
    » In den Schrank « , sage ich.
    Der Garderobenschrank ist vollgestopft mit Pelzen und mottenzerfressener Wolle. Wir fegen die Schachteln vom Boden nach draußen und quetschen uns hinein. Wenn ich nicht von innen gegen die Tür drücken will, muss ich mich unter die Stange mit den Bügeln ducken. Eingeklemmt stoße ich mir den Arm an der Stange und schon schlüpft Lila zu mir in den Schrank und schließt die Tür. Dann drückt sie sich an meine wunden Rippen und atmet schnell und flach. Ihr Atem riecht nach Gras und etwas anderem, etwas Aromatischem, etwas Geheimnisvollen. Er weht warm an meinem Hals.
    Ich kann sie nicht sehen, denn

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