Weißer Mann mit Brille
erblaßte, suchte mit den Augen einen Platz, wo sie sich niederlassen konnte. Schließlich bot ihr Philps seinen Schaukelstuhl an.
Sie brachte ein mühsames Lächeln zustande und murmelte so leichthin, wie es eben ging:
»Sind Sie ganz sicher? … Hat er es Ihnen selbst gesagt?«
»Er ist gestern auf der Fahrt nach Juba hier vorbeigekommen. Die Herren hier, die ihn persönlich kennen, da sie bei ihm zu Gast waren, haben gesehen, daß er das Flugzeug der Imperial Airways bestieg …«
Sie wandte sich zu Philps, der das Gesagte durch Kopfnicken bestätigte.
Emilienne Tassin trug ein schlichtes graues Kleid, das bestimmt nicht eigens für die Kolonien geschneidert war, das aber überaus bequem wirkte. Der Mulatte, der sie hergefahren hatte, ging ihr nicht von der Seite, als wäre er ihr Beschützer.
»Sie müssen auf jeden Fall hier übernachten«, erklärte er.
»Ich habe Ihnen schon ein Perlhuhn bestellt. Lassen Sie mich nur machen … Smith und ich kennen uns schon so lange! … Morgen … Wollen Sie immer noch zur Plantage?«
»Ich … Ich glaube, daß ich trotz allem hinfahre … Ich muß nachdenken …«
»Sind Sie die Verlobte?« fragte Macassis. Alle waren überrascht, daß er sich in das Gespräch einmischte.
»Ja. Woher wissen Sie das?«
Verwundert sah sie den halbnackten Mann an.
»Ich bin heute morgen in der Plantage gewesen. Ich habe mit Camille geredet. Wissen Sie über die Papiere Bescheid, die er aus Brüssel erwartet?«
»Ein wenig …«
Er spielte doch wohl auf die Dokumente an, die für Ferdinand so ungeheuer wichtig waren, nämlich die Bestätigung, daß die Konzession, die er vor sechs Jahren einem Belgier abgekauft hatte, in seinen Besitz übergehen würde. Das war der Grund für seine letzte Reise gewesen. In Brüssel hatte man ihm versprochen, ihm in wenigen Wochen Nachricht zu geben.
»Die Papiere sind am Tag seiner Abreise eingetroffen. Er soll in Niangara vorsprechen, und Camille wagt nicht, die Sache auf eigene Faust zu entscheiden …«
»Aber die Straße ist doch unpassierbar …«, erwiderte sie, doch gleichzeitig blickte sie mit neuem Interesse zu Philps hinüber, denn irgend etwas sagte ihr, daß er der ständige Begleiter von Lady Makinson sein mußte.
»Jetzt ist die Straße zwar unpassierbar, aber morgen früh können Sie sie befahren«, erklärte Macassis bestimmt. »Heda, Smith …«
Der Wirt kam aus der Küche gerannt, wo das Perlhuhn schmorte.
»Kannst du jemanden nach Maliro schicken?«
Er beauftragte einen der Boys damit. Dieser schien davon nicht sonderlich angetan und zog verdrießlich seine weiße Jacke aus.
»Bring ihn hin«, sagte Macassis zum farbigen Chauffeur. »Es ist das dritte Dorf. In Maliro sollen sie heute nacht zweihundert Mann einsetzen, um einen provisorischen Damm zu bauen, und morgen können die Autos die Stelle wieder passieren …«
Er schärfte dem Schwarzen die Botschaft ein, der sie auswendig lernte. Als das Auto abgefahren war, rief Macassis, der fast am anderen Ende des Speisesaals saß, das junge Mädchen an:
»Wieviel hat er von Ihnen verlangt?«
»Der Fahrer? Dreitausend Francs …«
»Dann hat er Ihnen zweitausend zuviel abgeknöpft. Können Sie Auto fahren? In diesem Falle wäre es das beste, ihm den Schlitten abzukaufen, vor allem, wenn Sie nach Niangara müssen. Ich werde ihn Ihnen für sechstausend verschaffen. Wenn Sie ihn nicht mehr brauchen, stoßen sie ihn für fünftausend ab …« Crosby blickte mit so unbeteiligter Miene auf seinen Whisky, daß man hätte meinen können, er habe nichts gehört.
»Ich danke Ihnen«, stammelte Emilienne.
Sie wußte nicht, wer der Mann war, der sich ihrer annahm und sich so energisch für sie einsetzte. Dann und wann warf sie Philps einen Blick zu, als könnte dieser ihr raten, was zu tun sei.
»Eine Vollmacht haben Sie wohl nicht?«
Sie begriff nicht sofort, sie mußte erst nachdenken.
»Eine Vollmacht? … Warten Sie … Aber ja, ich habe eine! Wenn ich sie nur nicht in Frankreich zurückgelassen habe …«
Bevor Ferdinand nach Afrika auswanderte, hatte er mit einem gleichaltrigen jungen Mann im Departement Loiret ein Geschäft eröffnet, das chemischen Dünger vertrieb. Sein Kompagnon hatte ihn bestohlen. Das Unternehmen wurde liquidiert, doch das gerichtliche Nachspiel hatte sich in die Länge gezogen.
So hatte Ferdinand, damit Emilienne sich an seiner Stelle um seine Angelegenheiten kümmern konnte, ihr eine Generalvollmacht erteilt, die Maître Tassin persönlich
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