Weißer Mann mit Brille
abgefaßt hatte.
»Ich werde Ihnen dann noch ein paar Tips geben«, versprach Macassis und sah dabei zu Crosby und seinem Gefährten hinüber.
Von diesem Moment an kümmerte er sich nicht mehr um Emilienne. Philps aber gab Zeichen der Unruhe von sich, und sie spürte, daß er große Lust hatte, sie anzusprechen.
Doch sie ergriff als erste das Wort.
»Sie sind doch Captain Philps?« fragte sie rundheraus. »Entschuldigen Sie bitte, wenn ich mich irre …«
Er hatte sich von seinem Korbsessel erhoben, verbeugte sich und küßte die ihm dargereichte Hand.
»Ferdinand hat in seinen Briefen von Ihnen erzählt. Ist er denn wirklich abgereist?«
»Einen Augenblick … Darf ich Ihnen Major Crosby vorstellen? Er lebt auf der Elefantenfarm, ist also ein Nachbar von Graux.«
»Ich weiß.«
Beinahe widerwillig hatte sich auch Crosby zu einem Handkuß erhoben. Die beiden Männer blieben vor ihr stehen.
»Nehmen Sie doch bitte wieder Platz!«
»Wollen Sie nichts trinken? Sie sind ja noch ganz durchnäßt …«
»Das spielt keine Rolle«, erwiderte sie. »Ja, ich tränke gern ein Glas Likör. Gestern ist es mir im Flugzeug übel geworden, und heute morgen bin ich um vier Uhr aufgestanden …«
Sie blickte zu Boden und murmelte hastig:
»Ist Lady Makinson auch abgereist?«
»Ja, gestern mittag ist sie abgeflogen, ja …«
Ein bitteres Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Was sich dahinter verbarg, konnte niemand ahnen. Emilienne hatte während der Flugreise mit niemandem gesprochen, so daß alle Passagiere an ihrer Herkunft herumgerätselt hatten. Man hielt das stille blasse Mädchen nicht für eine Französin, eher schon für eine Nordländerin, und mehrmals hatte man sie auf deutsch angeredet.
Als sie am Vorabend von Malakal gestartet waren, kam ihnen ein Flugzeug aus südlicher Richtung entgegen. Wie es damals Sitte war, flogen die Maschinen nahe aneinander heran, tauschten einen Gruß aus, und einen kurzen Augenblick lang hatte man an den Fenstern die Profile einiger Passagiere wahrnehmen können.
Natürlich hatte sie Ferdinand nicht gesehen, aber doch bei sich gedacht:
›Und wenn er in diesem Flugzeug säße?‹
Diese Vorstellung war einfach lachhaft, und sie verscheuchte sie auch sogleich. Dennoch krampfte sich ihr bei dem Gedanken das Herz zusammen, und am Abend hätte sie beinahe im Hotel nachgefragt, ob jemand Ferdinand Graux gesehen habe.
Ihr Schamgefühl hatte sie davon abgehalten, außerdem wollte sie keinen Aberglauben in sich aufkommen lassen.
»Hat Lady Makinson denn nicht die Absicht zurückzukommen?« fragte sie, ohne daß ihre Stimme ein Gefühl verraten hätte.
Philps vermochte seine Bewunderung nicht mehr zu verhehlen. Selbst Crosby hob überrascht den Kopf.
»Nein! Sie begibt sich zu ihrem Mann nach Istanbul.«
»Ach so!«
Sie sprachen leise. Macassis konnte sie kaum hören. Emilienne nippte an der Chartreuse, die der Boy vor sie hingestellt hatte.
»Hat mein Verlobter Ihnen gegenüber nichts geäußert?«
Crosby kam seinem Freund Philps zu Hilfe.
»Wir haben ihn nur ganz kurz gesehen, das Flugzeug war schon startbereit.«
Nun wurde das Abendessen aufgetragen und jedem sein Platz zugewiesen. Emilienne saß allein am Tisch, die beiden Engländer an einem anderen, und Smith setzte sich zu Macassis.
Nur die beiden letzteren unterhielten sich, wie immer auf bengala, während Philps nach jedem Gang eine Zigarette ansteckte und heimlich Emilienne beobachtete. Als das Auto zurückkam, war man eben beim Nachtisch angelangt, der aus Backwerk und Mangos bestand, deren Terpentingeruch das junge Mädchen abstieß. Macassis verhandelte lange mit dem Fahrer, ebenfalls auf bengala. Letzterer schien erbost zu sein.
»Können Sie einen Augenblick herüberkommen, Mademoiselle?«
Er selbst blieb sitzen, stellte sich nicht vor, reichte ihr nicht einmal die Hand.
»Nehmen Sie bitte Platz! So ist’s recht! Die Sache ist abgemacht. Er verkauft Ihnen seinen Wagen für sechstausend Francs, und da Sie ihm zweitausend zuviel bezahlt haben, schulden Sie ihm noch viertausend. Haben Sie die Summe bei sich?«
»Selbstverständlich«, erwiderte sie und öffnete ihre Handtasche.
»Nein! Keine französischen Banknoten, bitte, sondern belgische. Smith wird sie Ihnen wechseln. Sie kommen dabei besser weg …«
Das seltsamste war, daß er das alles für sie tat, ohne ihr in irgendeiner Form sein Wohlwollen zu bekunden. Noch immer erbost, steckte der Mulatte das Geld ein.
»Und wie komme ich jetzt nach
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