Weißer Mann mit Brille
Juba?«
»Ich nehme dich morgen mit. Ich muß sowieso dorthin.«
»Na, dann gut!« Dann sagte er zu Emilienne: »Sie werden hier hundert Liter Benzin tanken, denn bis zu Graux’ Plantage gibt es keine Tankstelle mehr. Sie bleiben immer auf derselben Straße. Wenn Sie genau zweihundert Kilometer von hier (achten Sie auf die Kilometersteine!) einen Briefkasten sehen, der an einem Baum befestigt ist, biegen sie rechts ab und haben dann noch vierzig Kilometer zu fahren.«
»Vorhin erwähnten Sie die Konzession …«
»Das geht mich nichts an. Dennoch, das eine sage ich Ihnen: Wie hoch die Summe auch sein mag, die die belgische Regierung verlangt, um den Verkauf rechtskräftig zu machen, an Ihrer Stelle würde ich sie bezahlen, und zwar so schnell wie möglich, vielleicht überlegen sie es sich sonst noch anders. Es könnte ja einen Wechsel im Ministerium geben. Graux hat einflußreiche Leute einschalten müssen …«
»Haben Sie ihn in letzter Zeit gesehen?«
»Ich? Nein!«
»Sind Sie oft mit ihm zusammengekommen?«
»Kaum einmal im Jahr. Aber ich kenne ihn gut.«
Sie zauderte eine Weile, dann fragte sie ihn leise:
»Wissen Sie, warum er abgereist ist?«
Da zuckte er die Achseln und blickte weg. Das besagte noch nichts! Außerdem war er ja nur ein halbnackter Mann, von dem sie nicht das geringste wußte. Dennoch war sie völlig aus der Fassung geraten.
»Ich danke Ihnen …«
»Keine Ursache.«
»Ich werde mein Bestes tun …«
»Das reicht!« rief er laut, erhob sich und suchte nach einer Taschenlampe, um sich auf sein Zimmer zu begeben.
Es sah beinahe so aus, als wollte er damit dem Gespräch ein rasches Ende machen, aber Emilienne spürte, daß er eigentlich etwas anderes sagen wollte, nämlich:
›Wenn Sie Ihr Bestes tun, dann reicht das …‹
»Guten Abend, Mademoiselle.«
»Guten Abend, Monsieur.«
Sie war aufgestanden. Als sie sich umwandte, saß nur noch Captain Philps am Nebentisch, und der farbige Fahrer spielte mit Smith Dame. So unterhielten sich denn die beiden.
Als Philps um acht Uhr morgens an Emiliennes Wagen trat, zuckte Crosby erneut die Achseln. Das Auto des Majors stand hinter dem ihren. Beide Motoren waren angelassen. Es regnete weiterhin, aber die Sonne wirkte weniger trüb. Smith ging von einem Wagen zum anderen, sah nach dem Rechten, überwachte das Gepäck, betätigte eigenhändig die Benzinpumpe.
»Wie immer wird mein Freund mit einem Affenzahn durch die Gegend brausen«, sagte Philps. »Wir müssen ohnehin bei der Farm vorbei, um nach dem Flugzeug zu sehen, und daher wäre es vielleicht besser, ich würde mit Ihnen fahren. Entschuldigen Sie bitte meine Aufdringlichkeit …«
»Aber ich finde Sie gar nicht aufdringlich«, entgegnete sie.
Doch da Philps sich ihr zugesellt hatte, blieb Macassis grußlos auf der Barza sitzen. Sie konnte nicht zugleich für beide Lager Partei ergreifen! Im übrigen wußte sie nicht, was sie aneinander auszusetzen hatten.
Philps nahm neben ihr Platz. Sie fuhr an, durchquerte den regennassen Park, gelangte auf eine Piste, die auf beiden Seiten von tiefen Bächen gesäumt wurde; nach und nach umschlossen nur noch die grünen Mauern des Buschs den Weg, in dem sich die kegelförmigen Hütten verbargen.
Sie hatten noch keine drei Kilometer zurückgelegt, als der Wagen mit der Aluminiumkarosserie an ihnen vorbeiraste. Gleich darauf verschwand er in der Ferne.
Während Ferdinand gegenüber Philps ein gewisses Mißtrauen hegte, ihn als einen allzu selbstbewußten, hochnäsigen Schnösel ansah, erkannte Emilienne sofort, daß sie aus dem gleichen Holz geschnitzt waren, ja sie fühlte sich ihm sogar ein wenig überlegen.
Denn eigentlich war er schüchtern, und seine gute Erziehung diente nur dazu, hinter einer angelernten Ungezwungenheit diese Schüchternheit zu verbergen.
Sie war es auch, die das Gespräch begann, während sie konzentriert auf die Straße blickte, wo sie schon zweimal beinahe eine Schar von Perlhühnern überfahren hätten.
»Ist er mit demselben Flugzeug geflogen wie Lady Makinson?«
»Ja. Er ist in letzter Minute eingestiegen. Wir wußten nicht, daß er uns folgte. Sicher hat er von Bodi aus telefoniert, um seinen Platz zu reservieren. Ich habe vergessen, Smith danach zu fragen …«
Sie schwiegen. Ein Negerpaar wanderte am Straßenrand dahin. Der Mann trug einen Bogen und Pfeile, die Frau zusammengerollte Matten, die sie auf dem Kopf balancierte. Als sie das Auto gewahrten, verschwanden sie mit einem Satz im Busch und
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