Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weisser Schrecken

Weisser Schrecken

Titel: Weisser Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
Vom Netzwerk:
konnte. Ebenso wenig wie dem großen Schlag frischer Sahne in dem Schüsselchen daneben. Er konnte riechen, dass seine Mutter die Sahne mit einer doppelten Portion Vanillinzucker geschlagen hatte. So, wie er es am liebsten mochte.
    »Ich dachte mir, ich bring dir noch was zu Essen rüber«, plapperte sie munter weiter, während sie ein großes, scharfes Messer zur Hand nahm und den Kuchen zerteilte. Niklas versteifte sich unwillkürlich und spürte, wie sein Herz zu rasen begann. »Schließlich musst du ja für deinen Lerneifer belohnt werden, nicht wahr, mein Spatz?«
    Am liebsten hätte Niklas geheult. Warum konnte sie ihn nicht einfach in Ruhe lassen? In Wahrheit wollte er gar nichts essen. »Danke«, presste er stattdessen hervor und beobachtete seine Mutter argwöhnisch, wie sie ihm einen neuen Kuchenteller reichte und dann die Gardinen beiseite schob, um einen Blick auf die Straße mit der Bäckerei gegenüber zu werfen. »Hattest du nicht gesagt, dass ihr euch erst um zwei Uhr zum Spielen verabredet habt?« Deutlich konnte er sehen, dass ihr rechtes Auge erregt zuckte. Ganz unmerklich, aber ihm entging das nicht. Immerhin, heute hatte sie ihre Pillen nicht vergessen, die sie seit dieser Sache vor sechs Jahren nehmen musste. Niklas wusste das ganz genau, denn er hatte wie jeden morgen im Alibertschrank nachgeschaut und die Tabletten nachgezählt. Gestern Mittag waren es siebzehn gewesen, heute waren es fünfzehn. Seine Mutter musste morgens eine nehmen und abends ebenfalls. »Ja, wieso?«
    »Weil da hinten deine Freunde kommen.« Ihr Auge zuckte schon wieder. Niklas erhob sich ächzend und sah, dass draußen Andy und Stefan mit Hockeyschlägern nahten. »Ja, die sind ein bisschen früh dran.«
    »Na gut, dann werde ich dir mal die Schlittschuhe aus dem Keller holen. Aber nicht, dass du dir nachher wehtust, mein Schatz. Du weißt doch, wie kräftig gebaut du bist.«
    »Ich werde schon aufpassen.«
    Seine Mutter küsste ihn auf die Stirn, nahm das Tablett auf und verließ sein Zimmer. Niklas spürte, wie sehr ihn ihre Anwesenheit angestrengt hatte. Er zitterte. Schnell schaufelte er sich etwas Sahne auf den Himbeerkuchen und stopfte sich die Leckerei in den Mund. An der Haustür klingelte es, und er konnte Andys Stimme hören.
    »Guten Tag Frau Eichelhuber. Ist Niklas da?«
    »Aber ja. Er sitzt drüben und macht Hausaufgaben.«
    Kurz darauf betraten Andy und Robert sein Zimmer. Letzterer hatte heute sogar auf seinen Iro verzichtet. Die beiden trugen warme Jacken und lehnten ihre Schläger neben das große Teleskop vor dem Wandposter mit der Sternenkarte. Astronomie war nicht das einzige Hobby, das Niklas pflegte. Auf einer Kommode, gleich neben seinem Schachspiel, stand ein Mikroskop, das er vor zwei Jahren zusammen mit einem Biologiekasten geschenkt bekommen hatte, während sich auf dem Schlafzimmerschrank Kisten mit Fischertechnik stapelten.
    »Na, alles klar, Alter?« Robert warf sich auf Niklas’ Bett, während Andy skeptisch die Überraschungseier-Sammlung betrachtete. Die bunten Figuren, Modelle und Spielzeuge waren sein ganzer Stolz und nahmen gleich drei Regalreihen ein. Er hatte sie aus Platzgründen sogar vor manchen seiner vielen Bücher aufgereiht.
    »Ja, ich hab bloß noch nicht mit euch gerechnet«, meinte Niklas. »Ich zieh mich gleich an, dann können wir los.« Robert betrachtete sehnsüchtig die Kuchenreste, und Niklas sah ihm an, dass er zu Hause mal wieder nichts zu essen bekommen hatte. »Nimm ruhig«, meinte er, während er sich schnaufend in die Schuhe quälte. Es war fast so weit. Bald war er so dick, dass er sich nicht einmal mehr vernünftig bücken konnte. »Wir können auch noch was anderes zu essen mitnehmen, wenn ihr wollt.«
    »Ja, wäre nicht schlecht.« Robert stürzte sich bereits mit Heißhunger auf die Kuchenreste. Andy hingegen senkte verschwörerisch die Stimme. »Bevor wir zum See gehen, haben wir aber noch was vor. Und dafür brauchen wir dich.«
    »Was denn?« Niklas erhob sich ächzend und rückte seine Brille zurecht, als Andy ein Papiertütchen aus der Jacke fischte. Es handelte sich um Juckpulver.
    »Wir wollen vorher noch ins Vereinshaus. Du weißt doch, Roberts Mutter putzt da. Wir haben also den Nachschlüssel. Wir wollen die Krampuskostüme von Konrad, Wastl und Lugge präparieren.« Andy lachte schadenfroh, und auch Niklas musste grinsen. Konrad hatte das verdient. Der Mistkerl zog ihn immer am meisten auf. »Klar, bin dabei. Was soll ich denn tun?«
    »Schmiere

Weitere Kostenlose Bücher