Weißer Teufel
.«
»Ich muss mich um ein Haus mit sechzig Schülern kümmern. Und ich habe eine Bewährungsfrist und muss Sir Alan täglich treffen. Wenn ich einen dieser Termine versäume, bin ich gefeuert. Dann nütze ich niemandem mehr.«
Rhys sah Fawkes erstaunt an. »Ist das Ihr Ernst, Sir?«
»Du brauchst mich nicht mit Sir anzusprechen, und ja, es ist mein Ernst. Ich bin vielleicht der schlechteste Hausvater aller Zeiten, soweit ich es beurteilen kann. Sieh dir nur dieses ganze Chaos an!«
»Wenn die Fahrt nur eine Stunde dauert«, meinte Andrew, »kann ich morgen in aller Frühe aufbrechen und zur Mittagszeit zurück sein. Sie behaupten einfach, ich müsse mich nach dem anstrengenden Tag heute richtig ausschlafen.«
»Ja«, sagte Fawkes unsicher.
»Warum zögern Sie?«, drängte Andrew. »Sie wissen, dass ich fahren muss.«
Fawkes bemühte sich, seine Emotionen, die ihn heute schon einmal überwältigt hatten, im Verborgenen zu halten. »Seit Roddy krank geworden ist, habe ich das Gefühl, euch besser schützen zu müssen, besonders dich, Andrew.«
»Dies ist meine Aufgabe. Sie und Dr. Kahn haben mich beauftragt, Nachforschungen über Harness anzustellenund einen Essay für den Club zu verfassen. Ich kann nicht länger warten.«
»Ich sage nein«, erwiderte Fawkes nach einer Weile.
»Machen Sie Witze?«
»Nein. Sobald wir zurück sind, gehe ich zu Father Peter. Wir führen das Ritual durch und werden John Harness ein für alle Mal los. Und –«, er wedelte mit der Hand –, »all das hat ein Ende. Wir brauchen nicht zu wissen, was in den Briefen steht oder weshalb vor zweihundert Jahren ein Mord verübt wurde. Okay?«
Andrew runzelte die Stirn. Er hatte Harness’ Brutalität und Entschlossenheit erlebt und war keineswegs überzeugt, dass ihn ein schlichtes Ritual vertreiben konnte.
Er versuchte es noch einmal. »Und was, wenn mich jemand begleitet? Rhys könnte mitfahren.«
Rhys schnitt eine Grimasse.
»Nein. Tut mir leid«, sagte Fawkes. »Deine Sicherheit ist wichtiger.«
Diese Worte klangen ziemlich gut. Zumindest wenn sie aus dem Mund eines anderen gekommen wären. Fawkes kämpfte mit sich. Er tat das Richtige, oder nicht? Er hatte den Entschluss gefasst, ein besserer Mensch zu sein und vor allem Andrew zu helfen. Ihn in der Schule und unter seinem Schutz zu halten hatte oberste Priorität. Andererseits entging ihm nicht, dass sich die Miene des Jungen verfinsterte. Mein Gott, dachte Fawkes, ist es immer so, wenn man eine Autoritätsperson ist? Muss man andere verärgern? Sich ihren Unmut zuziehen und sie dazu bringen, alle Entscheidungen in Frage zu stellen? Vielleicht fühlt sich Colin Jute tagaus, tagein so.
»Ich finde, ihr beide seid komplett verrückt«, erklärte Rhys.
17
Tränen im Trinity
Andrew beschloss beinahe sofort, sich heimlich auf den Weg nach Cambridge zu machen. Aber er hatte nie die Absicht, Persephone mitzunehmen. Das hatte sich einfach ergeben.
Etliche SMS erwarteten ihn, als er ins Lot zurückkam, sie waren im Abstand von einigen Minuten seit seinem überstürzten Aufbruch zum Hospital eingegangen.
Du solltest anrufen, um mir zu sagen, dass du stirbst, wenn du meine Stimme eine Stunde lang nicht hörst.
Du hast es versäumt, das zu tun.
Eine labilere Frau würde Klamotten zerfetzen etc.
Ich lackiere meine Fußnägel.
Heute ist eine Menge passiert, textete er zurück.
Wirklich? Wichtigtuer. Erzähl.
Also rief er sie an und berichtete.
»Mein Gott, Andrew, sie glauben, dass du Tb hast? Wie auch immer …« Sie wurde ernst. »Das war bestimmt ein großer Schreck.«
»Der Geist verursacht diese Krankheit.«
»Das kann nur ein Scherz sein.«
Er legte ihr seine Argumente dar. Sie hörte ihm geduldig zu.
»Und was willst du tun?«, fragte sie nach einer Weile.
»Ich fahre nach Cambridge.«
»Nach Cambridge? Wozu?«
»Um die Briefe, die ich gefunden habe, zu holen. Eine Wissenschaftlerin, die Dr. Kahn kennt, hat sie. Eine Archivarin. Ich muss erfahren, was drin steht. Sie haben etwas mit Harness zu tun. Das weiß ich.«
»Wann willst du losfahren?«
»Morgen ganz früh. Bevor die anderen mich sehen.«
Persephone schwieg einen Moment. »Warum steigen wir nicht heute Abend in einen Zug?«, fragte sie. »Gemeinsam?«
» Heute Abend? Wo sollen wir übernachten?«
»Agatha besucht das Trinity, schon vergessen? Sie wird uns ihr Zimmer überlassen. Sie verbringt sowieso die meisten Nächte bei Vivek.«
»Und was ist mit Sir Alan? Duldet er so was?«
»Ich schleiche
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