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Weißer Teufel

Weißer Teufel

Titel: Weißer Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Evans
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standen.«
    »Also hat Roddy Tb?«
    Dr. Minos blinzelte. »Nehmen wir es einmal an.«
    »Wird er wieder gesund?«
    »Möglich. Die Krankheit ist weit fortgeschritten. Wussten Sie das?«
    »Fortgeschritten?«
    »Fieber. Körperliche Schwäche. Husten. Er hat Angst. Die sollte er auch haben.«
    »Himmel.« Andrew schüttelte den Kopf. »Er war bis vor kurzem vollkommen in Ordnung.« Der Arzt zeigte sich überrascht, aber Andrew merkte das nicht. »Wo ist er?«
    »Ich dachte, ich stelle hier die Fragen«, wies ihn der Arzt zurecht.
    »Ist er hier?«
    »Ich werde es Ihnen sagen, weil ich möchte, dass Siemeine Fragen ehrlich beantworten. Wenn Sie nicht die Wahrheit sagen – je mehr Sie mir verschweigen –, umso größer ist die Gefahr, dass Sie wie er enden.« Sein Blick warnte Andrew. »Ihr Freund liegt in einer Isolierstation. In einem Zimmer mit Vorraum, einem speziellen Belüftungssystem und ultravioletten Leuchten an der Decke, die das Mycobacterium abtöten. Und er bekommt jeden Tag eine ordentliche Portion Medikamente. INH. Rifamipicin. PZ und Ethambutol. Zumindest bis sich der Erreger als resistent gegen diese Mittel herausstellt. Soviel ich gehört habe, könnte er afrikanischen Ursprungs sein. Ja? Das erste Todesopfer?« Andrew dachte an Theo und seine sonnenverbrannte Familie. Er nickte. »Dann bekommt Ihr Freund Roddy Injektionen. Einige haben unerfreuliche Nebenwirkungen. Nierenschädigung. Sogar den Verlust des Hörvermögens. Also  – ich möchte, dass Sie ganz aufrichtig sind. Habe ich mich verständlich gemacht?«
    Wieder nickte Andrew. Er fühlte sich einsam und eingeschüchtert von dem Arzt.
    »Wie ist Ihre Beziehung zu Roddy?«
    »Wir sind Zimmernachbarn.«
    »In einem Schülerwohnhaus?«
    »Ja.«
    »Roddy und der andere Junge, der Südafrikaner – standen sie sich nahe?«
    »Nein, nicht besonders.«
    »Gar nicht?«
    »Na ja, sie haben jahrelang in einem Haus gewohnt.«
    »Ich werde deutlicher, Andrew. Schulen wie Harrow haben einen gewissen Ruf.«
    »Okay.«
    »Kennen Sie das Wort buggery in Amerika?«
    Buggery bedeutete Anal- oder Oralverkehr. Andrew schnaubte. »Sehr komisch.« Der Blick des Arztes stellte klar, dass es ihm bitterernst war. »Ja, ich kenne das Wort«, antwortete Andrew sarkastisch.
    »Haben Sie in Harrow mal etwas in dieser Richtung erlebt?«
    »Nein.«
    Andrews Gesicht glühte. Nein, abgesehen von dem Intermezzo in dem kalten Steinkeller, ob es nun real war oder nicht; nein, abgesehen von den Jungs mit den riesigen unbeschnittenen Penissen, die im Bad eine Vergewaltigung verüben wollten; nein, abgesehen von dem weißhaarigen Jungen mit dem verzerrten Gesicht, der ihm ein Taschentuch um den Hals geschlungen hatte …
    »Oder etwas davon gehört? Sagen wir, zwischen Roddy und dem afrikanischen Jungen?«
    » Nein . Warum fragen Sie mich das?«
    »Hat sich Roddy mit HIV angesteckt?«
    »Soll das ein Witz sein?«
    Plötzlich kam ihm Dr. Minos sehr nahe  – Maske an Maske. »Sehe ich aus, als würde ich scherzen, Junge?«
    Die Schwester schaute von ihrer Arbeit auf.
    »Er ist siebzehn Jahre alt«, wandte Andrew ein. »Er ist hetero. Gesund. Nein. Ich meine, ich weiß nichts davon.«
    »Nimmt er Drogen? Spritzt er sich was?«
    Andrew hielt kurz den Atem an. »Definitiv nicht.«
    »Und der andere?«
    »Theo? Nein.«
    »Was ist mit Ihnen? Haben Sie Analverkehr, oder spritzen Sie sich Drogen?«
    »Nein.« Wieder lief sein Gesicht rot an. John Harnesszählte nicht, sagte er sich. Er gehörte nicht zu den Lebenden. Und das Heroin – nun, das war Monate her, und er hatte es nur geschnupft. »Warum fragen Sie?«
    Dr. Minos trat zurück. »Sie haben es selbst gesagt. An einem Tag kein Krankheitszeichen, am nächsten dem Tode nahe. Der Erreger ist sehr aggressiv. Wissen Sie, wie lange es normalerweise dauert, bis ein Tb-Patient solche Symptome wie Ihr Freund zeigt?«
    »Nein.«
    »Zwei Monate. Nach Ihrer Aussage, nach der Aussage aller, hat es bei Roddy nur vierundzwanzig Stunden gebraucht. Genau wie bei dem Ersterkrankten.«
    »Theo.«
    »Die einzige Erklärung ist, dass Roddy und Theo HIV-infiziert sind.«
    Andrew schüttete den Kopf. »Das glaube ich nicht!«
    Der Arzt lächelte bekümmert. »Wie gut kennen Sie die beiden Jungs?«
    Andrew antwortete nicht, doch Dr. Minos schien das nicht zu stören.
    »Sie hätten 1986 hier sein sollen«, sagte der Arzt. »Aus heiterem Himmel –  im Verlauf eines Sommers  – hatten wir erst zehn, dann zwanzig und schließlich viele Dutzende

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