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Weißer Teufel

Weißer Teufel

Titel: Weißer Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Evans
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den Namen eines Betroffenen preiszugeben. »Jeder, der Symptome einer aktiven Tuberkulose aufweist, wird in einer speziellen Station isoliert. Und wir müssen Vorsichtsmaßnahmen mit jenen ergreifen, die in unmittelbarer Nähe zu den Erkrankten leben, und untersuchen, ob sie ebenfalls infiziert sind.«
    »Damit meinen Sie uns«, stellte Rhys fest.
    »Isoliert?«, schrie Andrew. »Sie meinen, wir kommen in Quarantäne?«
    »Bitte, erschrecken Sie nicht. Wie gesagt, nur diejenigen, die entsprechende Symptome zeigen – Fieber, Husten und Schäden am Lungengewebe –, müssen isoliert werden. Zum Schutz aller anderen. Der Gentleman, der den Patienten ins Clementine Churchill begleitet hat …«
    »Fawkes«, fiel ihr Jute verächtlich ins Wort.
    »Er ist ein schneller Denker und hat die Risiken sofort erkannt. Er nannte uns Ihre Namen.«
    »Und damit besteht die Gefahr, dass eine Panik in dieser Schule ausbricht«, murmelte Jute verärgert.
    »Eine Panik nützt niemandem«, pflichtete sie ihm bei. »Im Augenblick würde ich Ihnen raten, nur den Eltern der Betroffenen Bescheid zu sagen. Wir nennen das den inneren Kreis .«
    »Das bedeutet, ihr Jungs müsst den Mund halten, sonst haben wir hier eine echte Krise«, sagte Jute.
    »Den Mund halten? Worüber?«, fragte Andrew verwirrt.
    Miss Palek lächelte verkniffen. »Wir empfehlen, dass Sie sich einer Untersuchung unterziehen.«
    Da war es.
    »Einer Untersuchung«, wiederholte Andrew.
    »Wann?«, hakte Rhys nach. »Jetzt gleich? Hier?«
    Statt eine Antwort zu geben, nahm Miss Palek zwei Klemmbretter aus einer Aktentasche, die neben ihrem Stuhl stand, und forderte sie auf, sie ins Royal Tredway Hospital zu begleiten … für derartige Fälle eine der besten Kliniken in Europa , warf Jute ein, und ganz bestimmt die beste in London  … sie mussten unter Beobachtung gestellt werden und diese Formulare unterschreiben … es war allesnur zu ihrem eigenen Nutzen … Der Rest verlor sich im Nebel. Sie waren Figuren in einem Theaterstück, das von Miss Palek sorgfältig und von Jute widerstrebend inszeniert wurde. Andrew und Rhys unterzeichneten die Papiere. Dann wurden sie auf die Straße begleitet, wo ein Auto auf sie wartete. Der Fahrer legte einen weißen Mundschutz an, sobald er sie sah. Dann startete er den Motor. Miss Palek nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Auch sie schützte sich mit einer Chirurgenmaske und überreichte den Jungs auch je eine. Die Masken bestanden aus schwammartiger, faseriger Baumwolle mit kleinen Fältchen. Miss Palek sah sie erwartungsvoll an. Rhys und Andrew legten die Masken über ihre Gesichter und banden die rosa Bänder an ihren Hinterköpfen zusammen. Die Masken rochen nach Gummi. Plötzlich rückte das Luftholen schmerzhaft in Andrews Bewusstsein. Unwillkürlich zählte er die Atemzüge, als sie den Hügel hinunterfuhren  … eins, zwei  … und das Headland House passierten  … sechs, sieben  … Zum ersten Mal seit Wochen schien die Sonne auf die gelben Warnschilder an der Straße.
    Andrew holte sein Handy aus der Tasche. Er hatte Fawkes’ Mobilnummer gespeichert. Er hob den Mundschutz an, um sprechen zu können, und drehte sich zum Fenster, damit niemand mithören konnte. Sie bringen uns in eine Klinik, weil sie denken, wir alle haben Tb – Tuberkulose. Können Sie in diese Klinik kommen? Rhys funkelte Andrew an und deutete mit dem Kinn warnend auf Miss Palek. Sie sind der Einzige, der versteht, was wirklich vor sich geht. Rhys sagte, er hätte etwas gespürt, als er in Roddys Zimmer kam. Harness!, zischte er. Wenn Sie uns nicht abholen, weiß ich nicht, was geschieht. Falls wir da nicht lebendrauskommen, schreiben Sie mir einen guten Nachruf, fügte er hinzu.
    Er zählte weiter, als ob die Atmung aufhören würde, wenn er das Zählen einstellte  … elf, zwölf   … Der Wagen fädelte sich in den Verkehr ein. Andrew fiel auf, dass weder er noch Rhys von irgendjemandem berührt worden war, seit der Rektor sie aus dem Lot geholt hatte. Sie waren Parias.
    Die Klinik befand sich in einem der besseren Viertel von London in der Nähe eines Blocks mit mehrstöckigen, vornehmen Stadthäusern. Der rote Ziegelbau aus der Vorkriegszeit stand an einer stark befahrenen Durchgangsstraße und war nur an einem bescheidenen Schild und einer flachen Laderampe als Krankenhaus zu erkennen. Sie parkten. Rhys und Andrew waren gezwungen, mit ihren Gesichtsmasken einen Block zu Fuß zurückzulegen – eine peinliche Vorstellung, und sie schämten

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