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Weißes Gift im Nachtexpreß

Weißes Gift im Nachtexpreß

Titel: Weißes Gift im Nachtexpreß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Kraulen.
Schließlich beruhigte er sich, und Tim konnte auch seine Freundin begrüßen.
    „Ich glaube, ich habe zu viel Eisbombe
gegessen“, sagte Gaby. „Die ganze Nacht hatte ich Bauchweh.“
    „Kruzitürken!“ schrie Klößchen. „Das
grenzt an Verschwörung. Nein! Dein Magen verträgt eben auch nichts.“
    Karl grinste.
    Gaby sah Klößchen an, dann Tim.
    „Ist er übergeschnappt?“
    „Er verteidigt die Köchin“, erwiderte
Tim mit unterdrücktem Gelächter.
    „Mein Gott! Man wird doch noch was sagen
dürfen.“
    „Ich hatte auch Bauchweh“, erklärte
Karl. „Deshalb ist Willi so empfindlich.“
    „Empfindlich bin ich überhaupt nicht“,
erboste sich Klößchen. „Aber ich lasse es nicht zu, daß die Sauerlichsche Küche
in Verruf gerät. Rufmord — und das, wo mein Vater in der Nahrungsmittelbranche
eine führende Position innehat als Schoko-Fabrikant.“
    Tim beendete das Thema, indem er Gaby
fragte, ob ihr Vater zu Hause sei.
    Kommissar Glockner hatte Nachtdienst
gehabt, saß jetzt mit einer Tasse Kaffee im Wohnzimmer und widmete sich der
Zeitung.
    Die Jungs, für die er ein väterlicher
Freund war, begrüßten ihn. Gabys Mutter war schon unten im Geschäft — in ihrem
blitzsauberen Lebensmittelladen, wo sie viele treue Kunden hatte aus dem
Altstadt-Viertel.
    Kommissar Glockner legte die Zeitung
weg und rieb über sein markantes Gesicht.
    „Gestern abend, Willi, rief dein Vater
mich an. Wegen dieses Pawelke. Ich konnte ihn zwar nicht selbst vernehmen im
Krankenhaus, habe aber einen Kollegen geschickt. Kurz gesagt: Pawelke bleibt
bei seiner Behauptung, er sei infolge Eisesglätte vor eurem Haus hingestürzt.
Und habe sich dabei den Bruch zugezogen.“
    Tim sagte: „Herr Sauerlich hat Mitleid
mit Pawelke und würde die Behandlungskosten übernehmen. Aber darum geht es ja
nicht. Uns ärgert, daß dieser Dr. Landers mit seiner Gemeinheit durchkommt.“
    Glockner nickte. „Mit einem bösen
Nachbarn kann man nicht in Frieden leben.“
    „Welches Gewicht habe ich als Zeuge?“
fragte Tim.
    „Da stünde deine Aussage gegen die
beiden von Pawelke und Landers.“ Er lächelte. „Ihr habt ja noch einiges
versucht gestern abend, wie ich von Gaby weiß.“
    „Leider ohne Erfolg.“
    „Frau Schwarzhaupt sollte Bert Hansen
anzeigen. Dann hätten wir eine Handhabe, uns um ihn zu kümmern. Pawelke wird
ihn nicht anzeigen — sonst hätte er sich selbst der Lüge überführt.“
    „Wir wollen nach Bert Hansen suchen“,
sagte Tim. „Sobald wir ihn haben, gibt er zu, daß er Otto das Bein gebrochen
hat — und schon fällt das ganze Lügengebäude in sich zusammen.“
    Bevor Glockner was erwidern konnte,
wurde die Wohnungstür aufgeschlossen. Margot Glockner kam herein, unter dem Arm
einen Korb mit Obst und Gemüse — frisch aus ihrem Laden.
    Die Jungs strahlten. Alle verehrten
Gabys Mutter. Sie war eine bezaubernde Frau. Und Tim mußte an die alte Weisheit
denken, daß man sich die Mutter ansehen soll, wenn man sich für die Tochter
interessiert. Weil man dann abschätzen kann, wie die Tochter sich entwickeln
wird.
    So gesehen, konnte man Gaby eine
glänzende Zukunft voraussagen.
    „Darf ich fragen, was ihr für heute
plant?“ Margot schenkte jedem einen knacksaftigen Apfel, auch ihrem Mann.
    „Wir waren lange nicht im Zoo“,
erwiderte Karl wahrheitsgemäß. „Dort wurde drolliger Nachwuchs geboren: kleine
Braunbären, Warzenschweinchen, Schimpansen-Kinder. Die wollen wir uns ansehen.“

9. Zwischenfall in Lerchenfelden
     
    Gegen Abend schoben sich schwarze
Wolken über der Stadt zusammen, von denen man nicht wußte, was sie brachten:
Schnee oder Regen. Ein düsterer Himmel also, und es dunkelte rasch.
    Die Straßenlaternen brannten, die Schaufenster
waren erleuchtet, und vor den Kneipen im Hauptbahnhof lungerten die
Müßiggänger.
    Wochenend-Reisende waren schon vor
Stunden vorbeigekeucht mit Koffern, Tornistern und geschulterten Ski. Der
Nachtexpreß, der vom fernen Balkan kam, viele Türken aus Istanbul brachte und
einen bulgarischen Kurswagen mitschleppte — der Nachtexpreß sollte ankommen um
18.40 Uhr. Gleis 11.
    Jörg Schreyle und Mehmet Kozluk standen
auf dem Bahnsteig. Der Türke trug seinen eleganten Kamelhaarmantel, der auch
jetzt an ihm aussah wie geklaut. Schreyle, der als Kettenraucher immer fror —
an Fingern und Füßen — hatte seinen wattierten Wintercoat an. In
Taubendreck-Grau, mit Lederverzierungen und Kapuze, die der Dealer aber nie
über seinen farblosen

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