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Weißes Gift im Nachtexpreß

Weißes Gift im Nachtexpreß

Titel: Weißes Gift im Nachtexpreß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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aus, schloß den Wagen ab
und steuerte los auf die namenlose Gasse, die Landers Grundstück von dem seiner
Nachbarn trennte.
    Der Boss bestand darauf, daß sie immer
durch die Hintertür kamen. Also denn! Auf der Rückfront öffnete Schreyle die
Gartenpforte und tappte in dunstige Finsternis.
    Der Garten war ziemlich groß und
erstreckte sich hinter der Villa. Rasen, Ziersträucher, einige Fichten. Schreyle
kannte den Verlauf der Wege, auf denen noch das Unkraut vom letzten Jahr
büschelte. Trotz dieser Kenntnis — um ein Haar wäre der Ganove gegen eine
Gartenbank gerannt. Doch die war weiß lackiert. Deshalb leuchtete sie vor ihm
auf.
    Er blieb stehen. Aber nicht wegen der
Bank.
    War dort ein Geräusch?
    Nein, nichts. Oder nur ein Nachtvogel,
der im Laub scharrte — wohl einen Wurm suchte als verspätete Mahlzeit.
    Schreyle ging zur Terrasse.
    Alles dunkel hier. Und plötzlich schlugen seine Sinne Alarm.
    Sofort fuhr die Hand in die
Manteltasche — zu dem Butterfly-Messer. Aber Schreyle ließ die Klinge im Griff,
hielt es zusammengeklappt in der Faust — als Keil zum Zuschlagen.
    Da — dort links eine Gestalt in der
Dunkelheit. Sand knirschte unter schnellem Tritt. Tatsächlich: Jemand stürzte
sich ihm, Schreyle, entgegen.
    „Malchow, du Schwein!“

    Schreyle wartete nicht ab, sondern
schlug sofort zu. Wobei er freilich nicht weit ausholen konnte. Der dicke
Mantel behinderte ihn.
    Immerhin: Das stumpfe Ende des
Klappmessers traf den Angreifer auf der Stirn.
     
    *
     
    Eine vertrackte Situation.
    Einerseits wollte Tim nicht petzen,
andererseits durfte er die Information nicht zurückhalten.
    Mit Glockner trat Tim durch den
Türbogen in den angrenzenden Nebenraum — einem Vorraum zum Kaminzimmer.
    Leise berichtete der TKKG-Häuptling,
was er vorhin aufgeschnappt hatte. Und: „Meinen Sie, daß es was bedeutet? Es
wäre mir peinlich, wenn ich die Streiwitzens grundlos anschwärze.“
    „Was hat Papa da gemacht?“ wiederholte Glockner
die entsetzte Bemerkung der Frau. „Und das bezog sich, meinst du, eindeutig auf
Landers?“
    „Auf ihn. Eindeutig.“
    „Dann hat das sehr viel zu bedeuten.
Hoffentlich nicht das, was wir denken. Tut mir leid, Tim, ich muß dich als
Zeugen benennen.“
    „Klar.“
    Sie gingen zurück zu den andern.
    Sauerlichs und Klößchen machten lange
Gesichter. Heimlichkeiten vor ihnen? Das war ja die Höhe!
    Elke und Dieter standen da wie das
schlechte Gewissen persönlich, käseweiße Gesichter, gesenkte Blicke.
    Glockner wandte sich an Elke.
    „Tim hat vorhin eine Bemerkung
aufgeschnappt, Frau Streiwitz. Er möchte Ihnen nichts anhängen, und es ist ihm
fatal, daß er mich darüber informiert. Andererseits — Gerechtigkeit geht ihm
über alles; und wir haben es zu tun mit einem schweren Verbrechen. Bitte,
erklären Sie mir, Frau Streiwitz, weshalb Sie zu Ihrem Sohn sagten: Mein Gott,
Dieter! Was hat Papa da gemacht?“
    Sie wurde noch bleicher, setzte zum
Reden an, brachte aber kein Wort hervor.
    Dieter schluckte. „Herr Kommissar, es
ist ja überhaupt nicht erwiesen, daß mein Vater... Ich meine, Mutter dachte nur
für einen Moment, er könnte... Aber ich glaube das nicht. Papa haßt Gewalt.
Dazu wäre er nicht fähig.“
    „Du sprichst von der Möglichkeit, dein
Vater könnte Dr. Landers so zugerichtet haben? Aber wieso denn?“
    Elke antwortete. Ihre Stimme zitterte,
aber sie hatte sich etwas gefangen.
    „Weil dieser Mann, der sich Dr. Landers
nennt, ein ganz anderer ist, Herr Kommissar. In Wahrheit heißt er Emmerich
Malchow.“
    Tim mußte an sich halten, sonst hätte
er gepfiffen.
    Klößchen rief: „Uiiiihhh!“
    Sauerlich gab ein verwundertes „Waaas?“
von sich.
    Erna flötete: „Oh. Doch nicht etwa
der...“ Dann schwieg sie.
    Glockner war der einzige, der nichts
anfangen konnte mit Elkes Mitteilung. Er war ja nicht dabei gewesen, als Manfred
Streiwitz berichtete — gestern abend beim Festessen.
    Tim sorgte für Durchblick und erklärte:
„Ein gewisser Emmerich Malchow, ein hoher und sau-korrupter Stasi-Offizier, hat
Herrn Streiwitz übel mitgespielt — ihm wegen nichts und wieder nichts drei
Jahre seines Lebens gestohlen. Indem er dafür sorgte, daß Herr Streiwitz hinter
Gitter kam. Nach der Wiedervereinigung ist Malchow natürlich untergetaucht.“
    „Daß wir hier auf ihn treffen“, rief
Dieter, „hätten wir uns nicht träumen lassen. Aber vorhin im Park — am Ende der
Allee — als wir spazierengingen, da ist er uns begegnet, der

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