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Weißes Gift im Nachtexpreß

Weißes Gift im Nachtexpreß

Titel: Weißes Gift im Nachtexpreß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Streiwitz.
Deshalb wäre es dienlich, wenn wir den Täter fänden. Vielleicht hat der ein
ähnliches Motiv wie Sie. Denn Malchow hat sicherlich nicht nur Sie ins Unglück
gestürzt. Auch ein anderer könnte ihn erkannt und sich gerächt haben.“
    „Wenn Sie den Täter finden“, sagte Streiwitz,
„möchte ich ihm die Hand drücken. Ist brutal, wie? Aber dazu stehe ich.“ Es
klingelte. Inspektor Glaubniks und die Experten hatten ihre Arbeit beendet.
    Glaubniks — ein schreibtisch-blasser
Endvierziger mit Tränensäcken — hatte was gefunden.
    „Zweimal denselben Fußabdruck“,
berichtete er, „einmal dort, wo Malchow lag, und dann im feuchten Boden hinter
der Hecke. Der Abdruck stammt weder vom Opfer noch von Tim oder Willi. Es sind
zwar Männerschuhe, aber der Mann muß ungewöhnlich kleine Füße haben. Sehr
kleine sogar. Etwa Schuhgröße 37. Wir messen das noch aus.“
    Kleine Füße — große Schlagkraft, dachte
Tim.
    Glockner und der Inspektor besprachen
sich, ob ein richterlicher Beschluß erforderlich sei zur Durchsuchung der
Malchow-Villa. Glockner verneinte das, wegen des dringenden Verdachts, daß es
sich beim Opfer — alias Dr. Landers — um einen untergetauchten Stasi-Offizier
handele, der sich zumindest der Urkundenfälschung schuldig gemacht habe.
    So kam es, daß Glockner und seine vier
Kollegen das Haus drüben öffneten.
    Tim wäre gern dabei gewesen. Aber das
gestatteten sie ihm nicht. Streng dienstlich ging es jetzt zu — und der Erfolg
ließ nicht lange auf sich warten.
    Die Kriminaler fanden amtliche Papiere
zur Person Dr. Helmut Landers — Personalausweis, Führerschein, Reisepass,
Geburtsurkunde — , Papiere, die allesamt gefälscht
waren, allerdings unglaublich gut.
    Malchow hatte sich ausgestattet für
seine neue Existenz und zum Dr. oec. publ. gemacht — also zum Dr. der
Staatswissenschaft. Vielleicht verstand er was davon.
    Außerdem wurden Konto-Auszüge und
Sparbücher entdeckt — von Schweizer Banken — mit einem Gesamtguthaben von acht
Millionen Schweizer Franken, was fast neun Millionen DM entspricht. Alle Konten
lauteten auf den Namen Landers.
    „Was das hier bedeutet“, sagte
Glockner, „werden wir erst noch ermitteln müssen: eine Liste von 54Personen —
Namen und Adressen. Fast ausschließlich aus den neuen Bundesländern Sachsen,
Brandenburg und Thüringen.“
    „Vielleicht ehemalige
Stasi-Mitarbeiter“, meinte Hermann Sauerlich. „Denn wie man hört: Die alten
Seilschaften bestehen noch. Aus denen stürzt keiner ab. Diese Verbrechercliquen
halten zusammen. Armes Deutschland!“

19. Frühstück
     
    Wer war Kleinfuß?
    Wer hatte Manfred Streiwitz
niedergeschlagen?
    Tim und Klößchen diskutierten die halbe
Nacht, während alle andern im Haus schon schliefen.
    Schließlich fielen auch Klößchen die
Augen zu.
    Tim, ausgestreckt auf der Bettcouch im
Zimmer seines Freundes, dachte noch eine Weile nach. Aber ohne Ergebnis.
    Der Sonntagmorgen war trüb.
    Als Tim in der Sauerlichschen
Schwimmhalle 200 Meter Butterfly schwamm und dann Rückenkraul zur Entspannung,
begann es zu regnen. Dicke Tropfen klatschten gegen die gartenseitige Glasfront
der Schwimmhalle. Sperlinge hatten sich unters Vordach geflüchtet.
    Tim kam als letzter zum
Frühstückstisch, war aber auch als einziger geschwommen.
    „Wenigstens du“, meinte Sauerlich.
„Immer denke ich, ich hätte die teure Schwimmhalle vergeblich gebaut.
Zwölf-Meter-Decken — so herrlich meergrün gekachelt: Und niemand benutzt es.
Erna kann nicht schwimmen. Ich habe keine Zeit. Willi wohnt im Internat. Unser
Chauffeur Georg ist wasserscheu, und Amalie, die Köchin, lehnt Sportlichkeit
ab. Eine Pleite.“
    Alle lachten. Auch Streiwitz, dem es
schon viel besser ging. Er hatte ein frisches Pflaster auf der Stirn.
    Das von Amalie servierte Frühstück war
überwältigend: Haferbrei mit Sahne — was Tim sehr mochte Müsli, frisches Obst,
Toast und vier weitere Brotsorten, Bauernbutter, Honig, Schinken,
Bratwürstchen, milden und scharfen Käse, dampfendes Rührei mit Speck und
Eierpfannkuchen. Als Getränke konnte man wählen: indischen Schwarztee,
Jasmin-Tee, Kaffee oder Kakao. Vom frischgepreßten Orangensaft gab es für jeden
allerdings nur ein Glas.

    „Ihr Wessis wißt gar nicht, wie gut es
euch geht“, sagte Elke.
    Es klang wie ein Vorwurf.
    „Doch“, erwiderte Sauerlich. „Wissen
wir genau. Im übrigen frühstücken wir nur euch zu Ehren so üppig. Ich fahre Tag
für Tag sehr früh in die Fabrik. Eine

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