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Weißes Gift im Nachtexpreß

Weißes Gift im Nachtexpreß

Titel: Weißes Gift im Nachtexpreß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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nicht ganz täuschte, mit allen Zimmern nach hinten
raus.
    Ein Mann kam den beiden Frauen entgegen
— vorn an der Ecke: mittelgroß, beleibt um die Mitte. Er trug noch den Lodenmantel
und den Knautschhut von gestern. Freundlich begrüßte er die Frauen.
    „Da, der Biertrinker“, sagte Tim. „Mal
sehen, ob ich mit ihm reinhuschen kann.“
    Als der Dicke die Haustür aufschloß,
stand Tim lächelnd neben ihm.
    „Guten Tag! Ist das nicht wieder ein
Sauwetter heute! Immer sonntags, wenn die Menschen frei haben, öffnet der
Himmel die Schleusen. Ob da die Meteorologen dahinterstecken?“
    „Die - wer?“
    „Die Wetterforscher.“ Tim quetschte
sich an dem Bierbauch vorbei. „Die mit den falschen Vorhersagen.“

    „Mir schmeckt mein Bier bei jedem
Wetter“, hörte er den Dicken sagen — sauste aber schon die Stufen hinauf.

20. Um Mitternacht — hier
     
    Vierter Stock. Tim klopfte nicht gleich
an die Wohnungstür, sondern horchte erstmal.
    War da ein Geräusch in der Wohnung?
    Er bückte sich, hob die Klappe vom
Briefkastenschlitz und sah ein paar stämmige Beine — unmittelbar vor sich.
    Bert Hansen! Leicht zu erkennen an den
Dreckflecken seiner löcherigen Jeans.
    Und schon wurde die Tür geöffnet.
    Wie das paßt! dachte der
TKKG-Häuptling. Genau das Quentchen Dusel muß man haben.
    Berts Froschaugen glotzten. Eins war
veilchenblau umrandet, als habe er bei einem Faustkampf viel eingesteckt. Der
Mund, luftschnappend, blieb offen.
    „Zu dir will ich“, sagte Tim und
drückte ihn mit flacher Hand in die Diele zurück.
    Ächzend näherte sich der Biertrinker
auf der Treppe, pausierte zwar nach jeder sechsten Stufe, würde aber trotzdem
bald hier sein.
    Tim kickte die Tür hinter sich zu.
    „Willst verreisen, wie?“
    Das bezog sich auf die beiden
vollgestopften Leinentaschen, die Froschgesicht trug.
    „Nee. Eigentlich nicht.“
    „Umziehen?“
    „Äh... was wegbringen. Wenn... wenn du
mich schlägst, schreie ich.“
    „Klar.“ Tim grinste wölfisch.
    Draußen stampfte der Biertrinker vorbei
zur fünften Etage.
    „Der... der Herr Purpshuber ruft die
Polizei.“
    „Wirklich?“
    Tim schob Bert Hansen durch die offene
Tür ins Wohnzimmer, wo gestern abend ,Mausi’ —
sichtbar für keinen — rumgesprungen war.
    Ääätzzz! Wie sah das hier aus? Dagegen,
dachte Tim, ist ja unser Adlernest ein Ordnungs-Modell.
    „Willst du deine Schwester ärgern? Oder
räumst du grundsätzlich nicht auf?“
    Bert ließ die Taschen fallen, zog sich
drei Schritte zurück und hob die Fäuste.
    „Du, ich kann mich verteidigen. Wo ich
hinhaue, wächst kein Gras mehr.“
    Tim lachte, wurde gleich wieder ernst
und bleckte die Zähne. „Daß du dich an Schwächeren vergreifst, wissen wir. Du
hast Otto Pawelke mißhandelt, hast dem Penner das Bein
gebrochen. Der liegt jetzt im Krankenhaus. Und dann der Terror gegen Malwine
Schwarzhaupt. Die alte Frau ist umgefallen vor Schreck. Reife Leistung, Bert
Hansen! Ich sollte dich windelweich prügeln. An dir fällt auf, daß du lispelst.
Und einer, der lispelt, hat in letzter Zeit viele Seniorinnen telefonisch
bedroht. Die Polizei wird sich freuen, wenn ich dich dort abliefere.“
Angstschweiß trat dem Kerl auf die Stirn.
    „Ich... ich bestreite das alles.“
    „Wer hat dich verprügelt?“
    „Wie? Was?“
    „Hast du Bohnen im Ohr! Wer dich
verprügelt hat?“
    „Das... geht dich nichts an.“
    Tim seufzte. „Paß auf, Freundchen. Wem
das Wasser bis zum Hals steht, der sollte keine Kniebeuge machen. Für deine
Übeltaten wirst du dich verantworten — dafür sorgen meine Freunde und ich. Aber
vielleicht legen wir noch ein gutes Wort für dich ein und bekunden, daß du mit
uns kooperiert ( zusammengearbeitet ) hast.“
    „Häh?“
    „Es geht um weißes Gift, Freundchen. Um
Rauschgift. Um Heroin. Deine Schwester hat’s. Wissen wir. Und zwei Ganoven sind
wild hinter ihr her. Bist du denen in die Hände gefallen?“ Bert schluckte.
„Äh... wenn du’s sowieso schon weißt.“
    „Also?“
    „Sie waren hier gestern abend.“
    „Ein großer Blasser und ein Türke im Kamelhaarmantel?“
    „Exakt.“
    „Und?“
    „Sie wollten wissen, wo Irene ist. Aber
sie war schon weg, als ich heimkam. Sie hat sich verkrümelt. Von dem Heroin
hatte ich keine Ahnung. Das schwöre ich.“
    „Was haben die beiden gesagt?“
    Bert zögerte. Aber dann entschloß er
sich zur Wahrheit.
    „Sie haben Irene eine Frist gesetzt.
Heute nacht um 24 Uhr wollen sie herkommen. Wenn sie dann das Paket

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