Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weißes Gift im Nachtexpreß

Weißes Gift im Nachtexpreß

Titel: Weißes Gift im Nachtexpreß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
Tasse Kaffee — zu mehr reicht die Zeit
nicht.“
    Kommissar Glockner rief an.
    Sauerlich, der mit ihm sprach, kam sehr
ernst an den Tisch zurück.
    „Malchow wurde vier Stunden lang
operiert und liegt jetzt auf der Intensiv-Station. Er käme durch, heißt es.
Habe aber eine Gehirnquetschung und eine Verletzung der Genickwirbel. Das
bedeutet, er wird nie wieder wie vorher sein, sondern geistig behindert —
möglicherweise — und an den Rollstuhl gefesselt.“
    Niemand sagte etwas.
    Tim dachte: auch eine Art von
Gerechtigkeit — eine schreckliche.
    Nach dem Frühstück machten er und
Klößchen sich auf die Socken.
    Es regnete nicht mehr, aber Klößchen
hatte sein Cape mitgenommen. Tim vertraute auf seinen wasserdichten Blouson.
    Vor Malchows Garage waren Kreidestriche
auf dem Asphalt, die Tür trug ein Polizeisiegel.
    Die Jungs holten Gaby ab. Oskar durfte
mit. Unterwegs stieß Karl zu ihnen, und der Himmel klarte mehr und mehr auf,
war bald so blau wie Gabys Augen.
    An einer Ecke, wo die fünf halt
machten, erklärte Tim seinen Plan.
    „Anfangs haben wir“, sagte er, „nach
Bert Hansen gesucht, weil der Otto Pawelke verletzt hat. Wir wollten Otto den
Täter bringen und damit erreichen, daß der Penner seine Halsstarrigkeit aufgibt
— daß er eingesteht: Nicht vor Klößchens Elternhaus hat er sich die Knochen
gebrochen, sondern er ist dort hingeschleppt worden von Malchow, alias Landers.
Das alles spielt jetzt keine Rolle mehr. Richtig? Trotzdem haben wir dieselbe
Person im Visier: Bert Hansen — und außerdem seine Schwester. Denn jetzt geht’s
um fünf Kilo Heroin. Und um die Dealer: den Türken und Blaßgesicht. Um dieses
Quartett kümmern wir uns. Okay?“
    „Löbliche Absicht“, sagte Karl. „Aber
wie?“
    Gaby nickte. „Vor allem: Wo sollen wir
suchen?“
    „Uns bleibt immer noch die
Hansen-Adresse“, erwiderte Tim. „Irene ist verduftet. Aber ich glaube nicht,
daß Bert sie begleitet. Sie sind nicht sehr innig miteinander, die beiden. Das
habe ich der Frau angemerkt. Sie kümmert sich um den Mistbolzen — quillt aber
nicht über vor geschwisterlicher Liebe. Ich weiß ja nicht, wie das sonst ist.
Ich bin ein Einzelkind.“
    „Einzelkinder sind wir alle“, meinte
Gaby. „Vielleicht verstehen wir uns deshalb einigermaßen.“
    „Einigermaßen?“ lachte Klößchen. „Ich
finde, wir vier sind doch wie Hund und Wasser, wie Feuer und Katze. Umgekehrt.“
    „Ich meine also“, knüpfte Tim an seinen
Gedanken wieder an, „Bert könnte inzwischen zu Hause sein. Wenn ja, werden wir
ihn befragen nach den Freunden, Bekannten und Verwandten seiner Schwester. Zum
Henker! Ich lasse mich doch nicht für dumm verkaufen. Meinen Hintern habe ich
riskiert — für fünf Kilo Scheuersand. Jetzt will ich das Heroin. Und das dann
deinem Vater überreichen, Gaby.“
    „Und die Dealer?“ fragte Karl.
    „Was meinst du?“
    „Vielleicht sind die schneller als wir
und waren schon bei Bert. Vielleicht haben sie ihn gefoltert und seine
Schwester erschossen.“
    Tim schüttelte den Kopf. „Die Typen
sehen aus wie Profis. Und Profis morden nur im Notfall.“
    „Erzähl das mal meinem Vater“, meinte
Gaby.
    „Von ihm weiß ich’s doch. Also los,
gehen wir!“
     
    *
     
    Die Armie-Gasse war sonntäglich still.
Die Hofmauer auf der anderen Seite hatte jetzt helle Streifen. Taubendreck war
das, den der Regen ein bißchen abgespült hatte.
    Nr. 11 war auch bei Tag ein
heruntergekommenes Haus. Vor den straßenseitigen Fenstern hingen schiefe
Jalousien, und zwar rund um die Uhr, weil sie sich nicht mehr hochziehen
ließen. Einige Fenster hatten Gardinen.
    Die TKKG-Bande postierte sich hinter
die Würstchenbude. Sie hatte auch jetzt geschlossen. Offenbar war Wurst-Maxe
verreist.
    „Mann! War das ein Frühstück“, sagte
Klößchen. „Jetzt noch eins von der Sorte — und der Sonntag wäre gerettet für
mich.“
    „Fand eine Freßorgie statt?“ erkundigte
sich Karl.
    „Für den Besuch“, sagte Tim. „Aber die
Kritik am Wohlstand war unüberhörbar.“
    Er spähte zu Nr. 11.
    Zwei Frauen kamen heraus. Die eine war
jung, die andere bemühte sich, so auszusehen. Sie gingen in Richtung Bahnhof,
hatten Taschen dabei und Regenschirme. Vielleicht stand ein Ausflug bevor — mit
der S-Bahn ins Umland.
    Es begann ein bißchen zu tröpfeln, der
Himmel war wieder grau.
    Tim beobachtete die Fenster im vierten
Stock — entschied aber dann, daß keins zu der Hansen-Wohnung gehörte. Die lag,
falls seine Erinnerung ihn

Weitere Kostenlose Bücher