Weisses Gold
Abdelmalek anbelangt«, schreibt Pellow, »so floh er in der Nacht durch ein Nebentor und entkam angeblich nach Fes.« Abdelmalek war tatsächlich nach Fes geflohen, wo man ihn zurückhaltend aufnahm. Es war klar, dass es einer Kriegserklärung gleichkam, ihm Asyl zu gewähren.
Thomas Pellow gehörte der Armee von 60 000 Mann an, die in Marsch gesetzt wurde, um Abdelmalek zu fangen und zu töten. »Nun gehörte ich der genannten Zahl [von Soldaten] an, die vor der alten Stadt Fes standen«, schreibt er. Die Verteidiger saßen in einer stark befestigten Stadt, waren »fest entschlossen und hatten ausreichend Proviant«. Dennoch waren die Soldaten von Achmed ed-Dehebi zuversichtlich, denn das Heer bot ein imposanten Anblick, als es auf den Hügeln vor den Mauern der alten Stadt in Stellung ging. Al-Qadiri schreibt, das Heer des Sultans habe Fes »so eng umschlossen wie ein Ring einen Finger«.
Die Kämpfe begannen am 16. August 1728, als die schwarze Garde in mehreren Angriffswellen versuchte, die Verteidigungswälle zu erstürmen. In der Zwischenzeit machten sich die europäischen Renegaten mit ihren großen Kanonen an die Arbeit und beschossen die Stadt »von allen Seiten mit Kanonenkugeln und Granaten, [und] die Granaten richteten große Zerstörungen an« (al-Qadiri). Die Mauern erzitterten und bröckelten unter jedem Schuss, aber es gelang nicht, Breschen zu schlagen, durch die Stoßtrupps hätten eindringen können. Die Pioniere untergruben die Mauern und füllten die Tunnel mit Schwarzpulver, aber auch die Zündung dieser Sprengladungen brachte die Verteidigungswälle nicht zum Einsturz. »Es war Gottes Güte zu verdanken«, schreibt al-Qadiri, »dass sich die Mauer durch die Detonation zwar anhob, jedoch wieder an ihren ursprünglichen Platz fiel, ohne irgendeinen Schaden erlitten zu haben.« Nach einiger Zeit hielten die Kanonenlafetten der Belagerer dem heftigen Beschuss nicht mehr stand. Achmed ed-Dehebi war außer sich.Die Lafetten mussten unbedingt rasch repariert werden, aber die besten Handwerker befanden sich im fast hundert Meilen entfernten Salé. Von dort aus mussten möglichst rasch neue Lafetten beschafft werden. Der Sultan brauchte einen zuverlässigen Mann für diese Mission, die durchaus über den Ausgang der Belagerung entscheiden konnte. Seine Wahl fiel auf Thomas Pellow, den er an der Seite seiner Truppen in der Schlacht um Meknes hatte kämpfen sehen. Pellow und seine Männer erhielten den Befehl, sich auf den Weg nach Salé zu machen und dort neue Lafetten in Auftrag zu geben, da »die alten infolge der häufigen Erschütterungen durch das Abfeuern der schweren Eisenkanonen … so mitgenommen waren, dass sie unbrauchbar wurden«.
Pellow machte sich auf den Weg nach Salé und beaufsichtigte den Bau der neuen Lafetten, die er anschließend auf dem Landweg nach Fes brachte, »wo [er] von Mulai [Achmed] ed-Dehebi äußerst freundlich aufgenommen wurde«. Pellow erhielt großes Lob vom dankbaren Sultan. Dieser musste die Belagerung von Fes nicht wie befürchtet abbrechen, sondern konnte seine Angriffe verdoppeln. Als seine Kanonen auf die neuen Lafetten montiert waren, begannen seine Truppen »mit einem fast ununterbrochenen Beschuss der Stadt«.
Doch die Verteidiger hielten den Belagerern weiterhin stand und verließen sich auf die massiven Mauern. Angespornt durch die vergeblichen Versuche der schwarzen Garde, die Stadt zu erstürmen, starteten sie Ausfälle ins Lager des Sultans und fügten dem Feind im Kampf Mann gegen Mann erhebliche Verluste zu. Bei einem dieser Ausfälle trieben sie einen Keil tief in Pellows Bataillon. Seine Männer bemerkten, dass ihnen Unheil drohte, als sie plötzlich einen Lichtblitz sahen, dem eine gewaltige Explosion folgte. Sekunden später wurden sie von allen Seiten unter Beschuss genommen. Pellow wurde verwundet: »Zu meinem Unglück … trafen mich innerhalb weniger Minuten zwei Musketenschüsse, von denen einer durch meinen rechten Schenkel und der andere durch meine linke Schulter drang.« Zudem erlitt er einen tiefen Schnitt in der linken Hand und verlor viel Blut: »Und nun war ich in einer blutigen Verfassung … und an drei verschiedenen Stellen verbunden, und wegen der übermäßigen Blutungen aus diesen Wunden glaubte ich, ich würde nicht lange überleben.«
Pellow war tatsächlich schwer verletzt. Die Wunde an der Hand war sehr tief, und infolge des Blutverlusts verlor er bald das Bewusstsein.»Nun liege ich auf einer Bahre, damit man mich in
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