Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weisses Gold

Weisses Gold

Titel: Weisses Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Milton
Vom Netzwerk:
eine Gelegenheit zur Flucht eröffnen würde. Das Ziel der Karawane war der Flusslauf des Senegal, eine von großen Sümpfen gesäumte Lebensader, die in den Atlantik mündete. Französische Sklavenhändler erforschten diesen Fluss seit den dreißiger Jahren des 17. Jahrhunderts und hatten auf einer Insel im Mündungsbecken, der sie den Namen Saint Louis gegeben hatten, eine kleine Siedlung gegründet. Wenn es Pellow gelang, diesen Handelsposten zu erreichen, bestand eine realistische Aussicht, seine Heimat wiederzusehen.
    Noch besser würden seine Chancen auf eine erfolgreiche Flucht werden, wenn es ihm gelang, sich bis zum Gambia durchzuschlagen, der etwa 150 Meilen südlich des Senegal verlief. Im Mündungsdelta dieses Flusses hatten britische Sklavenhändler den Handelsposten James Island gegründet, der das ganze Jahr besetzt war. Der Leiter dieses Handelspostens würde Pellow mit Sicherheit Zuflucht gewähren.
    Doch diese Möglichkeiten lagen noch in weiter Ferne, als er über die lange Reise nachdachte, die ihm bevorstand. Die Expedition war ein sehr ehrgeiziges Unterfangen, für das mehr als 12 000 Kamele zusammengetrieben worden waren. Da die Sahara nur in den sechs Monaten zwischen Herbst und Frühling durchquert werden konnte, wurden die Vorbereitungen mit großer Eile vorangetrieben. Sobald die Kamele zusammengeführt waren, brach die Karawane auf.
    Die erste Etappe von Meknes nach Marrakesch wurde auf einer gut erschlossenen Handelsroute zurückgelegt. Die Karawane legte kurze Pausen in verschiedenen Ortschaften ein, bevor sie vor den Mauern von Marrakesch eintraf, wo die Kaufleute und Kameltreiber ihre Vorräte und Wasserschläuche auffüllten und auf weitere Händler warteten, die sich der Expedition anschließen wollten. Dann zog die Karawane in südwestlicher Richtung weiter und erreichte nach neun Tagen den Hafen Santa Cruz. Von dort aus führte die Reise ins Landesinnere.
    Am Schrein von Sidi Achmed u Musa, einem berühmten Marabut, hielt die Karawane kurz inne. Die kahlen Täler in der Umgebung des Schreins waren die ersten Vorboten der nahen Wüste. Anstelle von Berberdörfern fanden die Reisenden nun Nomadenlager vor, und die Landschaft veränderte sich abrupt. »Die Oase von Ued Nun«, schreibt Pellow, »ist auf dem Weg die letzte, deren Bewohner in Häusern leben.« Wenige Tage später sah er die erste Sanddüne. Dahinter erstreckte sich die Sahara. Der Karawane hatten sich unterwegs immer neue Kaufleute angeschlossen, und mittlerweile umfasste sie nicht weniger als 30 000 Menschen und die doppelte Zahl an Kamelen. Selbst für jene Zeit war dies ein gewaltiger Zug, der eine große organisatorische Herausforderung darstellte. Doch die gewaltige Größe der Karawane erhöhte die Sicherheit bei der Wüstendurchquerung keineswegs, sondern sie erhöhte die Gefahr, dass die geringen Wasservorräte, die man unterwegs zu finden hoffte, nicht ausreichen würden. Und wer sich ein wenig zu weit vom Zug entfernte, konnte rasch räuberischen Beduinen zum Opfer fallen.
    Der Zug setzte sich in südlicher Richtung in Marsch, um die schwierigste Phase der Expedition in Angriff zu nehmen. Zwischen Ued Nun und dem Bestimmungsort Chingit lagen 500 trostlose Meilen durch eine Sandwüste, in der nur ein paar dürre Büsche wuchsen. Es gab keinen erkennbaren Weg; die Dünen waren ständig in Bewegung und begruben jede Wegmarkierung rasch wieder unter sich. In dieser Einöde, in der oft mehrere Jahre lang kein Tropfen Regen fiel, lagen große Entfernungen zwischen den wenigen Wasserlöchern. Es bedurfte großen Geschicks und langer Erfahrung, die Stellen zu finden, an denen es brackiges, aber genießbares Wasser gab.
    Thomas Pellow war überrascht, als er herausfand, dass der Mann, den man als Führer der Karawane eingestellt hatte, blind war. Der Führer erklärte ihm, er richte sich nach seiner Nase, um die Expedition von einem Wasserloch zum anderen zu führen. Er schnupperte am Sand, um die genaue Lage der Quellen zu finden. Pellow war von den Fähigkeiten des Mannes nicht überzeugt und wurde sehr besorgt, als sechs Tage verstrichen, ohne dass der Führer Wasser gefunden hätte. Als die Reisenden am siebten Tag eine Pause machten, um aus ihren Wasserschläuchen zu trinken, stellten sie erstaunt fest, dass die Behältnisse »ziemlich leer waren, da die übermäßige Sonnenglut das Wasser durch die Poren des Leders hatte verdunsten lassen«. Nun blieben ihnen nur noch ihreNotrationen, mit denen sie wenige Tage

Weitere Kostenlose Bücher