Weisses Gold
mit der
Francis
, der
George
und der
Southwark
zum Einsatz kam. Browne und seine Männer hatten auf diese Art ihre Freiheit und beinahe auch ihr Leben verloren. Noch während sie ihre Musketengeladen hatten, hatten die Korsaren das Schiff geentert und die Takelage zerschnitten, um es manövrierunfähig zu machen. Dann machten sie sich daran, mit Äxten den hölzernen Aufbauten zuleibe zu rücken und das Schiff Schritt für Schritt unter ihre Kontrolle zu bringen.
Mehr als sechs Jahrzehnte nach der Gefangennahme Brownes und seiner Mannschaft fand sich Kapitän Ferris rasch in einer ähnlichen Notlage wieder: Die 16 Geschütze, die er an Bord hatte, hätten genügt, um Kapitän Hakems Schiff zu versenken, und seine Besatzung hatte allen Grund zu kämpfen, da ihr nach einer Niederlage die Sklaverei sicher war. Die
Southwark
war sehr viel größer als die Korsarenschiffe – doch genau das sollte sich als ihr entscheidender Nachteil erweisen. Die Kanonen des Schiffes waren ungeeignet, um tief liegende Ziele zu treffen, und Kapitän Ferris begriff, dass es ein Leichtes für die Korsaren sein würde, sein Schiff zu entern, wenn es ihnen gelang, längsseits zu kommen.
Die Besatzungen der
Francis
und der
George
verfolgten das Gefecht in fiebriger Angst. Ihr Leben stand auf dem Spiel. Auch Thomas Pellow beobachtete mit zum Zerreißen gespannten Nerven, wie die Besatzung der
Southwark
ihre Musketen auf die beiden Schebecken abfeuerte. »Sie zeigten größten Mut«, schreibt er, »und kämpften zehn Stunden lang mit edler Entschlossenheit.«
Kapitän Hakems Mannschaft bewies außergewöhnlichen Wagemut. Die Korsaren brachten ihre Schebecke ganz nahe an die
Southwark
heran und schafften es, sich mit ihren Enterhaken an das englische Schiff heranzuziehen. Doch da sie dazu die Deckung verlassen mussten, boten sie den Engländern leichte Ziele, und diese »schlugen die Mauren zurück, die das Schiff dreimal entern wollten, und töteten viele von ihnen«. Im Lauf des Tages feuerte die Besatzung der
Southwark
immer wieder ihre Waffen ab und richtete auf den Decks der Korsarenschiffe ein Blutbad an. Doch die Freibeuter kämpften mit tobsüchtiger Wut weiter. Das Gemetzel schien sie überhaupt nicht zu beeindrucken. Vielmehr verlieh ihnen das erbitterte Gefecht anscheinend zusätzliche Kraft, und sie warfen sich ein ums andere Mal mit wilder Entschlossenheit in den Kampf. Sie rückten Schritt für Schritt vor und stießen ein zweites, drittes und viertes Mal auf das Unterdeck des englischen Schiffs vor. Schließlich begann sich ihre zahlenmäßige Überlegenheit auszuwirken. Kapitän Ferris’ Männer waren vom Kampf erschöpft, und immer neue Angriffswellen brachen schließlich ihren Widerstandsgeist. Im Lauf des Tagesschwanden ihre Kräfte, und sie verloren Meter um Meter die Kontrolle über ihr Schiff. Nachdem sich der Kampf einen ganzen Tag hingezogen hatte, blieb ihnen keine andere Wahl, als zu kapitulieren. Pellow schreibt: »Von den überlegenen Kräften überwunden, sahen sie sich ebenfalls gezwungen, die Waffen zu strecken.«
Schiffsbesatzungen, die sich der Gefangennahme widersetzten, durften keine Gnade erwarten und wurden oft auf der Stelle hingerichtet. So war der englische Kapitän Bellemy, der versucht hatte, sich gegen eine Gruppe von Korsaren aus Salé zu wehren, ohne viel Federlesens umgebracht worden. »Der Pirat erstach ihn mit seinem Entermesser«, schrieb Francis Brooks, ein Mitglied von Bellemys Besatzung, »und schlitzte ihn auf und sagte, dies sei ›das Ende eines Hundes‹, und warf den Leichnam des Ermordeten ins Meer.«
Ein derart entsetzliches Schicksal blieb Kapitän Ferris zum Glück erspart, obwohl er rasch feststellen musste, dass auf die Besatzungen der drei gekaperten Schiffe eine düstere Zukunft wartete. Thomas Pellow äußert sich kaum zu den schrecklichen Erlebnissen der Männer in den Stunden nach ihrer Gefangennahme. Er schreibt lediglich, dass die Besatzungen »zusammengepfercht und auf barbarische Art behandelt wurden«. Für einen elfjährigen Jungen muss es furchtbar gewesen sein, in die Hände von Piraten zu fallen: »Es ist mir nicht möglich, die Qual zu beschreiben, die ich damals durchlitt, getrennt von meinem Onkel.«
Die meisten gefangenen Seeleute fielen in einen Zustand der Hilflosigkeit und Verzweiflung. Kapitän Pellow und seine Mannschaft waren keine Ausnahme. Noch vor wenigen Stunden waren sie freie Männer gewesen, und nun hatten sie plötzlich jede Hoffnung auf Freiheit
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