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Weisses Gold

Weisses Gold

Titel: Weisses Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Milton
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und hatte seit über sechs Jahren nichts von seinen Eltern gehört. Er wusste, dass Stewart der einzige Mensch war, der ihm zur Freiheit verhelfen konnte, und fühlte sich durch die Tatsache ermutigt, dass der Botschafter ein anständiger und vertrauenswürdiger Mann war. »Ich muss sagen«, schreibt er, »dass er sich in jeder Hinsicht höflich, wie ein wahrer Christ und edel verhielt.« Doch Pellow wusste auch, dass Stewarts vorrangige Aufgabe darin bestand, die Briten zu befreien, die in den Sklavenpferchen festgehalten wurden. Erst wenn das gelungen war, bestand die Aussicht, dass der Botschafter die Sache der vielen hundert Renegaten ansprach, die im maghrebinischen Königreich lebten.
    Pellow bedauerte, dass Stewart nicht vier Jahre früher gekommen war, denn das hätte »viel Herzensleid vermeiden können«. Hätte die britische Regierung schneller gehandelt, so wären »mein armer Onkel und viele andere arme christliche Sklaven … wahrscheinlich noch am Leben gewesen«.
    Stewart hoffte, sofort Verhandlungen über die Freilassung der überlebenden Sklaven aufnehmen zu können, aber Mulai Ismail wollte dem Botschafter unbedingt zuerst seinen prachtvollen Palast zeigen. Die Regierungsgeschäfte hinderten ihn daran, die Besichtigungstour wie gewohnt selbst zu leiten, weshalb er seinen jüdischen Schatzmeister Moses ben Hattar anwies, Stewart und Windus durch den Palastkomplex zu führen.
    Die Weitläufigkeit der Anlage und die exquisite Schönheit ihres Schmucks machten einen bleibenden Eindruck auf die beiden Männer. Windus war besonders begeistert und hinterließ eine der schönsten Beschreibungen des großartigen Palastes, der zu jenem Zeitpunkt seine größte Pracht erreicht hatte. Er hatte nie zuvor ein derart monumentales Bauwerk gesehen und bewunderte die feinen Verzierungen des cremefarbenen maurischen Stucks, der von andalusischen Sklaven geformt worden war. Moses ben Hattar zeigte den Besuchern zuerst die Nebengebäude in der Nähe des Dar Kbira. »Die Bögen waren nach arabischer Art mit Blumenornamenten aus Gips verziert«, schreibt Windus »und ruhten auf ebenmäßigen Steinsäulen, und der Platz war überaus weitläufig.« Nicht weniger schön waren die schimmernden Mosaikfußböden der großen Höfe, die »mit kleinen, etwa zwei Zoll großen Fliesen vonunterschiedlicher Farbe« ausgelegt waren. Windus hatte das Gefühl, dass diese geometrischen Zellige-Fliesen mit ihren strahlenden Mustern von Sternen und Sechsecken den vielgestaltigen Gebäuden Harmonie und Proportionen verliehen. »Das Schillern all der Residenzen, Gehwege, Lagerhäuser, Passagen und Bögen«, schrieb er, »verleiht den Gebäuden, die alle ungeheuer lang sind, ein großartiges, schönes und erhabenes Aussehen.«
    Moses ben Hattar führte die Gäste in südöstlicher Richtung zum monumentalen Dar el Machsen. Die ganze Anlage wirkte sonderbar verwaist, man hörte lediglich das gedämpfte Geräusch von Bauarbeiten, die außerhalb des Blickfelds stattfanden. Das Scheppern einer Kupferpfanne, das Klinkern eines Meißels: dies waren die einzigen Geräusche, die auf die Gegenwart von Menschen hindeuteten.
    Ein Gebäude wirkte größer als das andere, und selbst die Lagerhäuser waren großartiger als alles, was Windus aus London kannte. »Wir wurden in ein Magazin geführt, das fast eine Viertelmeile lang, jedoch nicht mehr als 30 Fuß breit war«, schreibt er, »darin hingen große Mengen von Waffen und drei Reihen von Stangen, die mit Sätteln bedeckt waren.« Moses ben Hattar deutete stolz auf die Tore von Larache – die bei der Belagerung der spanischen Garnison erbeutet worden waren – und »eine große Menge von Schmiedearbeiten, einige Espadas [Degen] und andere christliche Schwerter«.
    Nachdem Stewart und Windus die Waffenkammer bewundert hatten, wurden sie über menschenleere Höfe zu einem Serail gebracht, zu dem sie freilich keinen Zutritt bekamen. Auch hier herrschte vollkommene Stille. Der würzige Duft von Zedernholz verriet, dass die Decke neu war, und Rauchgeruch war ein Hinweis darauf, dass sich in der Nähe eine Küche befinden musste.
    »Von dort aus gingen wir über einige schöne Wege und durch mit bunten Mosaiken verzierte Durchgänge zu einem weiteren Gebäude, in dessen Hof sich ein großer Garten mit hohen Zypressen befand.« Dieses üppige grüne Gewirr war den sagenhaften hängenden Gärten von Babylon nachempfunden. Es war etwa 20 Meter tief in die Erde eingelassen und mit einem über Terrassen

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