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Weisses Gold

Weisses Gold

Titel: Weisses Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Milton
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hinaufführenden Gehweg versehen worden, der über den Bäumen und Büschen hing, die sich mehr als eine halbe Meile weit erstreckten. »Oben wird er von Weinstöcken und anderem Grün dicht beschattet, gestützt auf ein starkes und gut gebautesHolzgerüst.« In den sommerlichen Abendstunden hing schwerer Blütenduft in der Luft.
    Die imposanten Palastanlagen jenseits der Gärten waren noch nicht fertig gestellt, und Windus sah mit Entsetzen Gruppen christlicher Sklaven, die unter der sengenden Julisonne ächzten: »[Wir sahen] die Christen auf hohen Mauerzinnen, wo sie mit schweren Holzstücken, die Ähnlichkeit mit denen hatten, mit denen bei uns die Pflasterer die Steine festklopfen, den Mörtel feststampften; diese Holzstempel wuchteten sie alle gemeinsam in die Höhe.« Windus wollte sich nähern, um mit eigenen Augen zu sehen, unter welchen Bedingungen die Gefangenen arbeiteten. Aber Moses ben Hattar war der Meinung, dass die beiden Besucher genug gesehen hätten. Er brachte sie zu Mulai Ismail zurück, der gerade einen Speicher begutachtete, der »von 28 englischen Jungen in Ordnung gehalten wurde«.
    Mulai Ismail freute sich, Stewart zu sehen: »[Er] rief wie zuvor
bono
,
bono
, und fragte ihn, wie ihm der Palast gefalle.« Stewart war tatsächlich beeindruckt von den Ausmaßen und dem Luxus der besichtigten Anlage »und sagte ihm, es sei einer der herrlichsten auf dem Antlitz der Erde«. Die Antwort stellte den Sultan zufrieden, und er dankte Gott für die Reaktion des Botschafters. »Dann warfen sich einige der englischen Jungen vor ihm nieder … und begrüßten ihn auf die übliche Art,
Allah ibarik phi amrik Sidi
, die heißt ›Gott segne eure Hoheit‹.« Mulai Ismail fragte die jungen Sklaven, welcher Nation sie angehörten. Als sie antworteten, sie seien Engländer, »gebot er ihnen, mit dem Botschafter nach Hause zu gehen und ihn zu Bett zu bringen«.
    Am Abend sprachen Stewart und Windus über diesen ereignisreichen Tag. Während sie Speisen aus der Küche des Sultans verzehrten, die Windus »übermäßig gewürzt« fand, verglichen sie ihre Eindrücke. Der Palast des Sultans war viel größer als jede vergleichbare Anlage in Europa. Selbst Versailles, das großartigste zeitgenössische Gegenstück, musste im Vergleich zu dem, was sie in Meknes vorgefunden hatten, als geradezu winzig bezeichnet werden. Und dabei hatten sie bei ihrem Rundgang nur einen kleinen Teil des Palastkomplexes zu Gesicht bekommen. Erst am folgenden Tag sollten sie ein realistisches Bild von seinen Ausmaßen gewinnen.
    Am nächsten Morgen wurden sie in die Werkstätten gebracht, wo europäische Sklaven die Waffen für Mulai Ismails mächtige Armee bauten.Windus beobachtete, dass es in den Werkstätten von arbeitenden Männern und Jungen wimmelte. »Sie erzeugten Sättel, Gewehrschäfte, Schwertscheiden und andere Dinge.« Sie schienen auf Stewarts Besuch vorbereitet worden zu sein, denn sie begannen mit außergewöhnlichem Eifer zu arbeiten, als die Gäste aus England das Gebäude betraten. In den Ohren der Besucher brauste ein Missklang von Geräuschen, die von den Mauern widerhallten: Schmiede klopften auf riesigen Ambossen Eisen flach; andere Arbeiter pumpten mit Blasebälgen Luft in die Essen und hackten Feuerholz. Die Sorgfalt dieser Männer und die Qualität ihrer Arbeit beeindruckten Windus: »Als sie den Botschafter sahen, begannen sie alle gleichzeitig zu arbeiten, was einen angenehmen Klang erzeugte, und sie zeigten, dass im Palast dieses Herrschers vollkommene Betriebsamkeit herrschte.«
    Nachdem sie die Arbeit der Sklaven bewundert hatten, wurden Stewart und Windus zum Dar el Machsen-Palast gebracht, dessen Gebäude sich über eine sehr viel größere Fläche erstreckten als der Dar Kbira-Palast. In diesem Teil der Anlage wimmelte es von Bediensteten und Ministern, die allesamt unbedingt einen Blick auf Stewart und sein Gefolge werfen wollten. »Wir besichtigten verschiedene große und schöne Gebäude und gingen hin und wieder durch ein von Eunuchen bewachtes Tor, und diese hinderten mit Schlägen jeden am Durchkommen, der nicht die Aufgabe hatte, uns zu führen.« Sie durchquerten einen weiteren versunkenen Garten, der sehr tief war und in dem »üppiger Klee für die Pferde des Palastes« wuchs. Auf der anderen Seite des Gartens standen noch mehr Paläste, die »von schönen Säulengängen gestützt wurden«, sowie reich verzierte Treppen, die sich in den Garten hinabschlängelten.
    Stewart und Windus hatten

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