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Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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voller Zynismus und Verachtung unter den Nagel, was die Cajun-Welt, in der ich aufgewachsen war, zu bieten hatte, und uns blieben Austernbänke, die im Ölschlick versanken, seelenlose Trabantenstädte und das quälende Bewußtsein, daß wir uns praktisch kaum gegen diesen Raubbau zur Wehr gesetzt hatten.
    Ich parkte meinen Pickup auf dem Asphalt vor Weldons Haus und blickte auf die Flutlichtscheinwerfer, die fahles Licht durch den Nebel warfen, den Kronleuchter, den er im Wohnzimmer hatte brennen lassen, die Rasenfläche, die in sanfter Kurve hinunter zum Bayou Teche verlief, auf sein Bootshaus und den dunklen Zypressenhorizont entlang des Ufers. Der Schütze war wahrscheinlich vor Sonnenaufgang gekommen, vielleicht mit einem Boot, und hatte sich dann hinter dem Ziegeldamm auf die Lauer gelegt, bis er Weldon ins Eßzimmer kommen sah. Das bedeutete, daß der Schütze den Grundriß von Weldons Haus und Grundstück in etwa kennen mußte, und vielleicht wußte er auch Bescheid über Weldons Angewohnheiten; vielleicht kannte er Weldon ja sogar und war schon in diesem Haus gewesen. Wenn das nicht der Fall war, war wahrscheinlich derjenige, der den Schützen angeheuert hatte, jemand, der Weldon gut kannte.
    Das war keine sonderlich großartige Theorie, und viel weiter brachte sie mich auch nicht. Am südlichen Horizont flackerte weiß das Wetterleuchten, als ich heimfuhr. Dann lag ich neben Bootsie in der Dunkelheit und gab mir alle Mühe einzuschlafen. Warum nahm ich mir Weldons Schwierigkeiten so zu Herzen, fragte ich mich. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Ich ließ meine Hand sanft über Bootsies Rücken streichen, küßte ihre glatte, poröse Haut, streichelte das kurzgeschnittene feste Haar in ihrem Nacken und staunte ehrfurchtsvoll darüber, was für eine gelungene Täuschung der Natur ihr so gesund wirkender Teint war. Ich phantasierte davon, daß wir ihr gesamtes Blut austauschten und damit die Krankheit aus ihrem Körper spülten; ich erlebte in meinen Träumen, wie Gottvertrauen und Gebet den Roten Wolf in die Flucht schlugen wie ein Exorzist einen Dämon der Hölle; oder davon, eines Morgens einfach aufzuwachen, nur um festzustellen, daß sie eine neue Wundermedizin, genauso bahnbrechend wie Penicillin oder die Polio-Impfung, entdeckt hatten, und daß unsere ganzen Ängste und Sorgen um Bootsie reine Illusion waren und schließlich vergessen werden konnten.
    Wenn man sich also selbst mit einem Problem konfrontiert sieht, für das es keine Lösung gibt und das man nicht länger mit Alkohol zuschütten kann, versucht man sich rein psychologisch am Leid anderer Menschen zu berauschen. Das dachte ich wenigstens. Und vielleicht war ich sogar böse auf Weldon und beneidete ihn, weil ich sein Problem für so relativ simpel hielt.
    Der Mond warf einen Lichtquader auf Bootsies schlafenden Körper. Ihr weißes Seidennachthemd wirkte fast phosphoreszierend, die nackten Schultern so kühl und blutleer wie Alabaster. Ich legte einen Arm über ihren Bauch und zog sie an mich, hakte ein Bein bei ihr ein und begrub mein Gesicht in ihrem Haar, als ob Zorn und Bedürfnis allein ausreichten, uns beide in Sicherheit zu bringen, in Sicherheit vor dem dunklen Strudel und Sog der Erde unter uns.
    Zwei Tage später sollte ich erfahren, daß auch Weldons Probleme nicht simpel waren. Das führte dazu, daß es zu viel mehr als nur einem Rausch ohne Alkohol wurde, was auch immer ich mit der Sonnier-Familie zu schaffen hatte.

Kapitel 2
    Am nächsten Dienstag, nachdem ich von der Arbeit gekommen war, machten Batist und ich den Köderladen vorzeitig dicht, weil von Süden her ein Gewitter herannahte. Drei Stunden später goß es immer noch in Strömen, und überall über dem Sumpf zuckten Blitze. Der feuchte, schweflige Geruch von Ozon lag schwer in der Luft. Wie das Echo von Kanonenschüssen hallte der Donner über das schlammig-nasse Land, und als ich in der Küche ans Telefon ging, konnte ich die Stimme des Beamten in der Telefonzentrale kaum hören.
    »Dave, ich glaube, ich hab’ einen Fehler gemacht«, sagte er.
    »Du mußt lauter sprechen. Es rauscht so in der Leitung.«
    »Ich hab’ Mist gebaut. Da hat vorhin ein Schwarzer angerufen, der gegenüber von Sonnier auf der anderen Seite des Bayous lebt, und der hat gesagt, er hätte jemand mit einer Taschenlampe hinter Weldons Haus gesehen. Er hat gesagt, daß er weiß, daß Mr. Weldon nicht in der Stadt ist, also hielt er es für seine Pflicht, uns anzurufen. Ich wollte

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