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Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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schon mal einen Bischof gesehen, der einen VW fährt?«
    »Hier an der Ecke will ich raus. Schönen Dank für den Abend.«
    Ich trat aus dem Wagen auf die Schotterstraße, schloß die Autotür und ging zu einer aus billigen Brettern gezimmerten Bar, in der es so laut war, daß sie vibrierte. Lyles feuerwehrrotes Cabriolet wurde in der Entfernung immer kleiner und verschwand schließlich in den violetten Schatten zwischen den Zuckerrohrfeldern.
    Ich mußte warten, bevor ich das Münztelefon in der Bar benutzen konnte, und so trank ich an einem Tisch in der Ecke ein 7 Up und sah einem betrunkenen schwarzhaarigen Mädchen in Bluejeans zu, das alleine vor der kleinen Bühne tanzte. Zigarettenrauch umgab ihren schlanken Körper, der sich im Rhythmus bewegte, wie ein Heiligenschein.
    Es lag nicht in meiner Absicht, gegenüber Lyle selbstgerecht aufzutreten. Ich hatte wirklich Miteid mit ihm und seiner Familie und konnte nachempfinden, was sie unter den Händen ihres Vaters und der Prostituierten Mattie erleiden mußten. Aber irgendwie machte mich Lyle auch auf eine Art wütend, die ich selbst nicht genau beschreiben konnte. Es war nicht einfach die Tatsache, daß er sich die Ängste und Unwissenheit von Menschen zunutze machte, die es nicht besser wußten, oder daß er mit dem Geld, das sie ihm gaben, Schindluder trieb; es ging noch tiefer. Vielleicht lag es daran, daß Lyle ja wirklich im Zentrum des Feuersturms gewesen war, menschliches Verhalten in seinen extremsten Formen kennengelernt hatte und da unten in diesem Tunnel einen Fehler gemacht hatte, der sich vielleicht so schmerzlich in sein Gewissen gebohrt hatte, als hätte man ihm – mir fällt kein anderer Vergleich ein – die Haut mit glühenden Zangen in Streifen vom Leib gerissen. Und all das, all diesen Schmerz hatte er so billig zu Markte getragen, wie man die Plastikblumen, die die Bühne seiner Fernsehshow schmückten, losschlagen würde.
    Genau, dachte ich. Das war’s. Er hatte aus einer Erfahrung, die man mit niemandem teilt außer denen, die dabeigewesen sind, Kapital geschlagen und daraus ein einträgliches Unternehmen gemacht. Ich glaube im übrigen nicht, daß das eine zu elitäre Auffassung ist. Es gibt Ereignisse, die man aktiv oder passiv miterlebt und die für immer und ewig unantastbar und unversehrt im Gedächtnis bleiben, ganz egal, wie schmerzlich diese Erinnerung auch sein mag. Und der Grund dafür ist der verdammt hohe Preis, den du oder andere dafür zahlen mußten, um genau in dem Augenblick anwesend zu sein, als das Bild für alle Zeiten festgehalten wurde.
    Wie macht man jemandem begreiflich, daß ein betrunkenes Arbeitermädchen, das in einer schäbigen Bar in Louisiana tanzt, das schwarze Haar wie ein Seil um den Hals gelegt, die Erinnerung an ein totes Vietnammädchen wieder wachruft. Es war auf einem Pfad gewesen, drei Meilen von einem Dorf entfernt. Sie trug Sandalen, plumpe schwarze Shorts, eine weiße Bluse, und sie lag auf dem Rücken, ein Bein angezogen, die Augen wie im Schlaf geschlossen. Das einzige, was das Bild störte, war das getrocknete Blut, das sich von einem Mundwinkel herunterwand, wie eine rote Schlange. Warum lag sie da? Das weiß ich nicht. Wer hatte sie getötet? Amerikaner oder Vietcong? Auch das weiß ich nicht. Ich erinnere mich nur noch daran, daß ich damals um jeden Preis eine Waffe in ihrer Nähe sehen wollte, um glauben zu können, daß sie eine von denen war. Aber da war keine Waffe, und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit war sie nur ein Schulmädchen, das von einem Besuch in einem anderen Dorf zurückkehrte, als es sie erwischte.
    Es war mein dritter Tag im Land. Vor sechsundzwanzig Jahren war das. Ich hatte Neuigkeiten für Lyle. Es mochte ihm ernst sein mit seinen Spinnen, er würde sie nicht loswerden, indem er sie übers Fernsehen zu verkaufen versuchte. Denn eins sag’ ich dir, Bruder Lyle: Wenn du deinem Publikum sagst, was wirklich Sache ist, ihnen erzählst, was da drüben wirklich geschehen ist, dann stecken die dich in einen Käfig und kratzen dir das Hirn mit einer Eiskremkelle aus dem Schädel.

Kapitel 6
    Am nächsten Morgen rief ich Drew an, um sie nach dem fremden Mann in ihrer Küche zu fragen, aber niemand ging an den Apparat, und als ich etwas später bei ihr vorbeischaute, war sie auch nicht zu Hause. Ich steckte eine meiner offiziellen Visitenkarten in den Rahmen der Fliegentür.
    Als ich unter den Eichen, die einen hohen Bogen über der Straße bildeten, die East Main

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