Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
wieder hinunterfuhr, sah ich sie. Sie joggte in T-Shirt und lila Shorts auf dem Bürgersteig. Ihre sonnengebräunte Haut glänzte vor Schweiß. Sie hob einen Arm und winkte mir zu, und ihre Brüste zeichneten sich groß und rund unter dem T-Shirt ab, aber ich hielt nicht an. Ich sagte mir, daß sie mich ja anrufen konnte, wenn ihr danach zumute war.
Ich fuhr zum Mittagessen nach Hause und hielt kurz bei dem Briefkasten an der unbefestigten Straße, die oben an meinem Grundstück vorbeiführt. Unter den Briefen und Rechnungen war ein schwerer brauner Umschlag ohne Poststempel, auf den jemand nur meinen Namen geschrieben hatte, keine Adresse. Ich machte den Motor aus, sortierte das ganze Zeug gleich aus und schlitzte dann mit dem Taschenmesser den braunen Umschlag auf. Er enthielt einen maschinengeschriebenen Brief und zwanzig Einhundertdollarnoten. Der Brief las sich so:
Das muß Ihnen in Weldon Sonniers Haus aus der Tasche gefallen sein. Wir finden, daß Sie es wiederkriegen sollten. Das mit dem Cop im Keller war ein Unfall. Keiner hat es so gewollt. Er hätte es anders haben können, aber er wollte unbedingt den harten Mann markieren. Sonnier ist ein Mann, der sich vor seinen Verpflichtungen drückt, und ein Arschloch dazu. Wenn Sie ihm da reinkriechen wollen, ist das Ihre Sache. Aber wir denken uns das so: Haken Sie diesen ganzen Blödsinn ab und bleiben Sie in New Iberia. Hier sind zwei Riesen mit Aussicht auf mehr, vielleicht ja auch jobmäßig, wenn wir uns richtig verstehen. Lassen Sie Sonnier ruhig in seiner eigenen Scheiße absaufen. Wenn Sie das Geld nicht wollen, putzen Sie sich die Nase damit. Uns ist es egal. Wir wollten Ihnen nur eine vernünftige Alternative anbieten, damit Sie nicht glauben, Sie müßten weiter für Sonnier den Arsch vor Ort markieren.
Ich steckte die Hundertdollarscheine und den Brief wieder in den Umschlag, verstaute den Umschlag in meiner Gesäßtasche und ging hinunter zum Dock. Batist hatte sich in der Sonne auf die Planken gehockt und kratzte mit einem Löffel die Schuppen von diversen Sonnenfischen, die an einer Schnur aufgereiht waren. Die Sonne brannte heiß aufs Wasser, und zwischen den Schulterblättern seines nackten Rückens floß Schweiß in einem kleinen Rinnsal.
»Hast du oben am Briefkasten noch jemand anderen außer dem Briefträger gesehen?« fragte ich.
Er kniff die Augen in dem grellen Licht zusammen und überlegte einen Augenblick. Schleimige Fischreste glänzten auf seinen Handrücken.
»Ein Mann auf einem Motorrad ist dagewesen«, sagte er.
»Hat er angehalten?«
»Yeah, glaub’ schon, daß er angehalten hat. Doch, der hat angehalten.«
»Wie hat er ausgesehen?«
»Weiß nich so genau. Hab’ nich so sehr auf ihn geachtet, Dave. Stimmt was nich?«
»Nicht so schlimm.«
Batist klopfte den Löffel am Bootssteg ab.
»Ich weiß noch, daß er irgendwie komisch angezogen war«, sagte er. »Hatte kein Hemd an, aber so komische Dinger an den Hosen, wie nennt man die doch, die man so in Filmen sieht.«
Ich versuchte mir vorzustellen, was er meinte, aber es gelang mir nicht, wie so oft, wenn ich mich bemühte, mit Batist englisch oder französisch zu sprechen.
»Was für Filme?« sagte ich.
»Na, so Cowboyfilme.«
»Chaperons. Große weite Lederdinger, die über die ganzen Beine gehen?«
»Ja, genau. Schwarz waren die, und der Mann hatte Tätowierungen auf dem Rücken. Und langes Haar, das hat er auch gehabt.«
»Was für Tätowierungen?«
»Das weiß ich nicht mehr.«
»Okay, Partner. Gar nicht schlecht.«
»Was ist nicht schlecht?«
»Nichts. Mach dir keine Sorgen.«
»Sorgen weswegen?«
»Nichts. Ich geh jetzt hoch zum Essen. Wenn du den Mann noch mal siehst, ruf mich. Aber leg dich nicht mit dem an. Klar?«
»Ist der Mann gefährlich?«
»Kann sein.«
»Der Mann ist gefährlich, aber Batist soll sich keine Sorgen machen. Wirklich, Dave. Du bist vielleicht einer.«
Er wandte sich wieder mit seinem Löffel den Fischen zu. Ich wollte ihm noch etwas sagen, aber ich hatte schon vor langer Zeit gelernt, daß ich Batist besser in Ruhe ließ, wenn ich ihn beleidigt hatte, indem ich seine Auffassungsgabe unterschätzte.
Ich ging hoch zum Haus, und Bootsie und ich aßen hinten im Garten an dem Redwood-Tisch unter dem Tupelobaum zu Mittag. Sie trug ein geblümtes Strandkleid und hatte Lippenstift aufgetragen und Ohrringe angehängt, was sie tagsüber sonst selten tat.
»Wie ist das Sandwich?« sagte sie.
»Lecker.« Das stimmte. Schinken, Zwiebel
Weitere Kostenlose Bücher