Weißglut
offizieller Mission. Wayne Scott ist auch dabei. Sie wollen mit uns sprechen.«
»Worüber?«
Beck sah ihn an, und seine ernste Miene fragte: Was glaubst du denn?
»Wie lange wird das dauern?«, fragte Chris. »Mir schlägt diese Grabesstimmung aufs Gemüt, deshalb wollte ich mich eine Weile verkrümeln.«
Sayre war entsetzt über seinen Egoismus, obwohl sie es besser hätte wissen müssen. Chris dachte vor allem und zuerst immer nur an Chris. Ihn interessierte etwas nur, wenn es ihn und seine Pläne und Wünsche betraf. Seine Selbstsucht, die Huff mit seiner Nachgiebigkeit gehätschelt hatte, kannte keine Grenzen und dominierte selbst an dem Tag, an dem er seinen Bruder das letzte Geleit gegeben hatte.
Unfähig, diese Gesellschaft noch länger zu ertragen, stand sie auf. »Dann werde ich jetzt gehen, damit ihr euch mit Red besprechen könnt.« Sie sah Huff an und sagte: »Danny war unbestreitbar der Beste von uns. Ich betraure seinen Verlust zutiefst.«
Danach sah sie auf ihren überlebenden Bruder und setzte an: »Chris …« Weil ihr darüber hinaus nichts zu sagen einfiel, was nicht geheuchelt gewesen wäre, begnügte sie sich mit einem »Mach’s gut«. Sie wandte sich Beck Merchant zu. Für ihn hatte sie nur ein kühles Nicken übrig.
Aber als sie sich an ihm vorbeizuschieben versuchte, legte er die Hand auf ihren Arm. »Red möchte, dass Sie dabei sind.«
Ehe Sayre sich von ihrer Überraschung erholen und etwas erwidern konnte, fragte Chris: »Wieso sie?«
»Das hat er nicht gesagt.«
»Irgendwas muss er doch gesagt haben«, widersprach sie.
Beck sah mit schroffer Miene auf sie herab. »Er sagte nur, dass er Sie dabeizuhaben wünscht. Soll ich die beiden hereinführen, Huff?«
»Was für eine verfluchte Schererei. Ich habe es genauso satt wie Chris, über den Tod nachzudenken und zu reden. Das macht mich ganz krank. Trotzdem sollten wir die Sache hinter uns bringen. Hol sie rein, Beck.«
Sayre hatte ganz gewiss nicht vor zu bleiben und wollte das Red Harper sofort sagen. Beck verschwand gerade lange genug, um den alten Sheriff und einen jüngeren Mann ins Zimmer zu führen.
Augenblicklich ging sie zum Angriff über. »Sheriff Harper, ich möchte den Abendflug von New Orleans nach San Francisco nicht verpassen. Ich bin jetzt schon unter Zeitdruck.«
Red Harper trug immer noch den blank gewetzten schwarzen Beerdigungsanzug. Der Deputy an seiner Seite war in Uniform, hatte aber den Hut abgesetzt. Er sah sich aufmerksam um und nahm jedes Detail im Raum wahr, übernervös wie ein Rennpferd im Startgatter und allem Anschein nach tatsächlich so ehrgeizig, wie Beck Merchant ihn beschrieben hatte.
Der Sheriff sagte: »Ich halte Sie nur ungern auf, Sayre, aber Deputy Scott hier wollte Ihnen allen ein paar Fragen stellen.«
»Ich weiß Ihre Gründlichkeit zu schätzen«, sagte sie, direkt an den jüngeren Polizisten gewandt. »Und ich danke Ihnen für Ihr Pflichtgefühl. Aber ich kann Ihnen leider nicht weiterhelfen. Ich lebe nicht mehr hier und hatte seit über zehn Jahren keinen Kontakt mehr mit Danny.«
»Richtig, Ma’am, aber vielleicht wissen Sie ja mehr, als Sie glauben.« Der nasale Akzent klang eher nach Texas als nach Louisiana. »Könnten Sie trotzdem noch kurz bleiben? Es wird nicht lang dauern, Ehrenwort.«
Widerwillig nahm sie wieder auf dem Sofa Platz.
»Beck, hol für unsere Gäste doch zwei Stühle vom Kartentisch«, dirigierte Huff von seinem Fernsehsessel aus. »Du kannst dich neben Sayre setzen.«
Der Sheriff und sein Deputy setzten sich auf die Stühle, die Beck für sie heranzog. Beck selbst setzte sich neben Sayre. Sie sah kurz auf Huff und bemerkte, während er das nächste Streichholz auswedelte und in den Aschenbecher fallen ließ, ein vertrautes, diabolisches Funkeln in seinen Augen.
Er sagte: »Nun, Red, Sie haben um diese Zusammenkunft gebeten. Wir hören. Was führt Sie her?«
Der Sheriff räusperte sich. »Wie Sie wissen, habe ich Wayne als Detective für unser Büro eingestellt.« Es hörte sich fast an, als wollte er sich dafür entschuldigen.
»Und?«
»Und er hat in Ihrer Angelhütte ermittelt, Huff, und es gibt bei Dannys Tod gewisse Umstände, die ihm merkwürdig vorkommen.«
Huffs Blick heftete sich auf den jungen Deputy. »Und welche?«
Wayne Scott rutschte in seinem Sitz nach vorn und stoppte erst auf den letzten Zentimetern, als hätte er es kaum erwarten können, endlich zu Wort zu kommen. »Die Schrotflinte, mit der er getötet wurde
Weitere Kostenlose Bücher