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Weißglut

Weißglut

Titel: Weißglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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seine Version.« Er aß seinen Burger auf und zog zwei Papierservietten aus dem Spender auf ihrem Tisch, um sich die Hände abzuwischen. »Chris und ich haben über Slap Watkins wieder zueinandergefunden. Zwei Kaffee«, bestellte er bei der Bedienung, die ihre Teller wegräumte. »Und wenn Frito im Weg ist, dann schickt ihn einfach raus.« Sie antwortete, dass sich der Hund schlafen gelegt habe, und ging den Kaffee holen. Sayre war froh, dass er ihn bestellt hatte, denn er würde das fette Essen durchspülen.
    »Ich habe Chris an der Louisiana State University kennen gelernt, als ich in seine Verbindung aufgenommen werden wollte. Er war damals kurz vor dem Abschluss. Es war eher eine flüchtige Bekanntschaft, weil er bald darauf abging. Erst vor drei Jahren haben wir uns wiedergesehen.«
    Er bedankte sich mit einem weiteren Lächeln, als die Bedienung den Kaffee brachte, und warnte Sayre, während sie die dampfende Tasse an die Lippen führte: »Es ist koffeinierter Muckefuck.«
    »Den habe ich schon mit der Muttermilch aufgesogen, und ich lasse ihn mir heute noch nach San Francisco liefern.« Sie nahm vorsichtig einen Schluck und fragte: »Und was hat Sie beide vor drei Jahren wieder zusammengeführt?«
    »Der Fall Gene Iverson. Jedenfalls indirekt. Wie gut wissen Sie darüber Bescheid?«
    »Ich weiß nur das, was in den Berichten der Firma stand.«
    »Die Berichte, die Sie nicht mehr zugeschickt bekommen wollen, aber trotzdem lesen?«
    Damit hatte er ihre wunde Stelle getroffen, auch wenn sie das nie zugeben würde. Sie hatte alle aufmerksam gelesen, nicht weil sie um Huffs und Chris’ Wohlergehen fürchtete, sondern weil sie sich um die Männer und Frauen sorgte, die für die Firma arbeiteten, und um die Zukunft ihrer Heimatstadt. Ohne Hoyle Enterprises würde die hiesige Wirtschaft zusammenbrechen.
    Hunderte von Familien stünden mittellos da. Auch wenn Sayre von der Gießerei nicht profitieren wollte, empfand sie es als ihre moralische Pflicht, das Unternehmen mit all seinen Makeln und Fehlern im Auge zu behalten.
    Sie sagte: »Was in diesen Berichten steht, wurde von Huff und Chris zensiert, vor allem, wenn es nicht hundertprozentig positiv war. Anders ausgedrückt, meine Kenntnisse über den Fall Iverson sind einseitig und unzuverlässig. Was können Sie mir darüber erzählen?«
    Er lehnte sich zurück und betrachtete sie aufmerksam. »Ihr Bruder wurde wegen Mordes vor Gericht gestellt, und doch haben Sie sich nie bemüht, sich über die Fakten dieses Falles kundig zu machen? Kommt Ihre Besorgnis nicht ein wenig spät?«
    »Ich bin nicht besorgt, ich bin neugierig. Ich schere mich nicht um Chris und darum, was er tut. Und dasselbe gilt für Huff. Ich habe die beiden vor zehn Jahren abgeschrieben, und falls das hart und gefühllos klingt, kann ich es verflucht noch mal nicht ändern.«
    »Wo stand Danny?«
    »Danny.« Seinen Namen auszusprechen stimmte sie traurig. »Seine Aufgabe war es, alles schönzufärben, was Huff und Chris verbrachen. Bestimmt haben Sie Tag für Tag beobachten können, wie willfährig er ihnen gehorchte. Danny ist nie für sich eingestanden.«
    »Im Gegensatz zu Ihnen.«
    Aber auch erst vor zehn Jahren, dachte sie. Erst als sie ganz unten am Boden gelegen hatte. Erst als sie erkannt hatte, dass sie ihre Familie zurücklassen musste und nie wieder zurückkehren durfte, wenn sie überleben wollte.
    »Ich hatte Glück«, sagte sie. »Ich habe irgendwann den Mut aufgebracht, Huff zu trotzen und wegzugehen. Danny hat das nie geschafft.«
    Beck zögerte und sagte dann: »Vielleicht hat er sich seiner Familie auf andere Weise entzogen, Sayre.«
    »Vielleicht.«
    »Aber als Sie vor zehn Jahren weggingen, haben Sie Ihren Bruder für einen Waschlappen gehalten.«
    »Nein, das habe ich nicht.«
    Offen gestanden hatte sie damals ihre gesamte Familie gehasst. Erst nach jahrelanger Therapie hatte sich ihre Abneigung gegen Danny abgeschwächt – aber nicht so weit, dass sie von ihm einen Anruf aus heiterem Himmel entgegengenommen hätte.
    Nachdenklich nippte sie an ihrem Kaffee und merkte erst, als sie die Tasse auf die Untertasse zurückstellte, dass Beck Merchant sie mit geradezu beängstigendem Interesse beobachtete. Sie ärgerte sich, weil sie mit ihm über Dinge gesprochen hatte, die so persönlich waren, dass Sayre sie bis dahin höchstens ihrer Therapeutin anvertraut hatte.
    »Eigentlich sprachen wir über die Sache mit Gene Iverson.«
    »Richtig.« Er setzte sich auf und räusperte sich.

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